II. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für die Informationsfreiheit Sachsen-Anhalt vom 1. Oktober 2010 bis 30. September 2012
1. Einführung
Nach § 12 Abs. 3 IZG LSA i. V. m. § 22 Abs. 4a Satz 1 bis 3 des Gesetzes zum Schutz personenbezogener Daten der Bürger (DSG LSA) erstattet der Landesbeauftragte für Informationsfreiheit dem Landtag alle zwei Jahre einen Tätigkeitsbericht, zu dem die Landesregierung Stellung nimmt. Der Landesbeauftragte informiert mit dem Bericht die Öffentlichkeit zu Fragen der Informationsfreiheit in seinem Kontrollbereich.
Mein II. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit umfasst den Zeitraum vom 1. Oktober 2010 bis zum 30. September 2012. Er informiert über die Entwicklungen des Informationsfreiheitsrechts und gibt praxisbezogene Hinweise aus Beratungen und anschaulichen Einzelfällen in Sachsen-Anhalt. Er dient damit der Unterrichtung des Landtags, der Öffentlichkeitsarbeit sowie der Information von Behörden und von interessierten Bürgerinnen und Bürgern.
Der Bericht gibt zunächst einen Überblick über die europäischen bzw. internationalen Weiterentwicklungen des Informationsfreiheitsrechts, wobei er sich auf ihre Auswirkungen auf Sachsen-Anhalt konzentriert (vgl. Nr. 2 f.). Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass die EU-Kommission eine Änderung der Public-Sector-Information-Richtlinie über die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors beabsichtigt, nach der Dokumente des öffentlichen Sektors - vorbehaltlich etwaiger Rechte Dritter - zur Weiterverwendung frei gegeben werden sollen. Daten der öffentlichen Hand sollen in einfach zu nutzenden Formaten - ohne restriktive Lizenzbedingungen - kostenlos oder für wenig Geld bereitgestellt werden (vgl. Nr. 2.3). Wegen des Anwendungsvorrangs des europäischen Rechts ist diese neue Entwicklung nicht nur bei der Reform des Gebührenrechts für Informationszugangsanträge (vgl. Nr. 5.3 f. und Nr. 5.4.1), sondern auch im Zusammenhang mit der Open-Data-Diskussion (vgl. Nr. 9) zu beachten.
Auch im Bundesrecht ist die Fortentwicklung des Informationsfreiheitsrechts einen Schritt vorangekommen. In den Berichtszeitraum fielen dabei zwei herausragende Ereignisse, nämlich die Evaluation des Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes (IFG, vgl. Nr. 3.2) und die Novellierung des VIG (vgl. Nr. 3.3).
Die Evaluierung des IFG des Bundes ist für Sachsen-Anhalt von besonderer Bedeutung, da die Landesregierung meinen im I. Tätigkeitsbericht gemachten Vorschlägen zur Verbesserung des IZG LSA nicht abgeneigt war (LT-Drs. 6/131), aber die Ergebnisse der Evaluierung des dem Landesrecht entsprechenden IFG des Bundes abwarten wollte. Zur Erinnerung: In meinem I. Tätigkeitsbericht hatte ich u. a. vorgeschlagen, die Informationsfreiheitsgesetze des Landes in einem Gesetz zusammenzuführen, meine Prüfungskompetenz vom IZG LSA auf bereichsspezifische Informationszugangsrechte zu erweitern und die im Bundesvergleich an der Spitze liegenden Gebühren für die Bearbeitung von Informationszugangsanträgen zu senken. Das Gutachten zur Evaluierung des IFG des Bundes liegt seit Frühjahr 2012 vor. Die in ihm enthaltenen Empfehlungen entsprechen weitgehend meinen Vorschlägen und bestätigen mich in meiner Rechtsauffassung. Sie zeigen auf, dass nicht nur im Bundes-, sondern auch im korrespondierenden Landesrecht Sachsen-Anhalts Handlungs- bzw. Regelungsbedarf besteht (vgl. Nr. 3.2.1 und Nr. 3.2.2). Hier ist also der Gesetzgeber gefragt.
Die am 1. September 2012 in Kraft getretene Novelle des VIG hat im Wesentlichen den Anwendungsbereich des Gesetzes auf Verbraucherprodukte erweitert, die Ausschlussgründe neu gefasst, das Verfahren mit dem Ziel einer schnelleren Informationszugangsgewährung gestrafft sowie das Gebührenrecht neu geregelt (vgl. Nr. 3.3). Im Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) wurden Veröffentlichungspflichten für erhebliche Verstöße gegen Hygienevorschriften in Restaurants und Gaststätten geschaffen. Die Reform bringt Vor-, aber auch erhebliche Nachteile mit sich. Positiv ist z. B., dass einfache Auskünfte bis zu einem Verwaltungsaufwand von 250 Euro kostenfrei bleiben. Dagegen ist das neue VIG weder einfach noch leicht verständlich formuliert. Mit der Auslegung des Gesetzes dürfte der normale Bürger teilweise überfordert sein.
Infolge der Reform des VIG stimmt auch das Ausführungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (VIG AG LSA), das ich im Gesetzgebungsverfahren begleitet hatte, nicht mehr mit dem aktuellen VIG überein. Das Ministerium für Arbeit und Soziales, dem ich an dieser Stelle für die gute Zusammenarbeit danke, ist sich der Problematik bewusst und will die aufgeworfenen Fragen im Rahmen der Evaluierung des IZG LSA regeln (vgl. Nr. 3.3.2). Klärungsbedarf besteht auch bei der Frage, ob und wie die sog. Hygiene-Ampel, die mit ihren Farben Grün für Sauberkeit, Gelb und Rot für Beanstandungen Aufschluss über die Ergebnisse der Lebensmittelkontrolle z. B. einer Gastwirtschaft geben soll, in Sachsen-Anhalt eingeführt wird. Nach den Plänen des Ministeriums für Arbeit und Soziales soll der Gastwirt selbst entscheiden können, ob er das Ergebnis der Kontrolle öffentlich macht. Hier besteht m. E. noch Korrekturbedarf, denn nach der Neuregelung des VIG hat jedermann einen Anspruch auf Zugang zu den Kontrollergebnissen der Lebensmittelbehörden. Eine Veröffentlichungspflicht erscheint daher unausweichlich (vgl. Nr. 3.4).
Da spätestens ab Oktober 2013 die Evaluierung des IZG LSA ansteht, gibt der Tätigkeitsbericht explizit Aufschluss über die Fort- bzw. Weiterentwicklung des Informationsfreiheitsrechts in den übrigen Bundesländern. Auffallend ist die Dreiklassengesellschaft in Deutschland mit einigen wenigen Bundesländern ohne Informationsfreiheitsgesetz, Bundesländern, die ein herkömmliches Informationsfreiheitsgesetz besitzen, wie z. B. Sachsen-Anhalt, und Bundesländern mit Informationsfreiheitsgesetzen der neuen Generation (vgl. Nr. 4.1). Diese zeichnen sich dadurch aus, dass entweder die Informationsfreiheitsgesetze des Landes in einem Gesetz zusammengeführt wurden (vgl. Nr. 4.2.1) oder ganz im Sinne des Open-Data-Gedankens ein Informationsregister mit entsprechenden behördlichen Veröffentlichungspflichten geschaffen wurde (vgl. Nr. 4.2.2). Ich würde mir für Sachsen-Anhalt das Optimum und damit die Verwirklichung beider Varianten wünschen.
In den beiden ersten Jahren seit Inkrafttreten des Gesetzes hatte ein Schwerpunkt meiner Tätigkeit darin bestanden, den neuen Verwaltungsbereich mit aufzubauen und die öffentlichen Stellen des Landes mit dem Gesetz vertraut zu machen. Danach habe ich mich in den beiden Berichtsjahren meines II. Tätigkeitsberichts verstärkt der Aufgabe gewidmet, das IZG LSA in Sachsen-Anhalt bekannter zu machen und weiter zu etablieren (vgl. Nr. 5.1).
Es ist in diesem Zusammenhang erfreulich, dass mein I. Tätigkeitsbericht in der Politik eine positive Resonanz gefunden hat (vgl. Nr. 5.3). Ich bin dem Landtag dankbar, dass er sich einvernehmlich darauf verständigte, die Kenntnisnahme meines Tätigkeitsberichts mit einer Entschließung zu begleiten, in der nicht nur festgestellt wurde, dass sich das IZG LSA bewährt hat, sondern auch festgehalten wurde, in welchen Punkten bis zu der Evaluierung des IZG LSA schon jetzt Verbesserungen beim Informationszugang erreicht werden können (vgl. Nr. 5.3.2). Auf diesen Beschluss des Landtags hin hat die Landesregierung in Abstimmung mit mir erste Schritte unternommen, um nicht nur den Bekanntheitsgrad des Gesetzes zu steigern, sondern auch um erste Reformen z. B. im Kostenrecht oder zur Vereinheitlichung des Informationsfreiheitsrechts in Sachsen-Anhalt einzuleiten (vgl. Nr. 5.4). Das Innenministerium, dem ich für die gute Zusammenarbeit ausdrücklich danken möchte, hat eine Senkung der Gebühren für Informationszugangsanträge vorgeschlagen (vgl. Nr. 5.4.1), die öffentlichen Stellen um eine aktivere Informationspolitik gebeten (vgl. Nr. 5.4.2) und eine Ressortumfrage gestartet mit dem Ziel, andere dem IZG LSA vorgehende Rechtsvorschriften daraufhin zu überprüfen, ob sie neben ihm weiterhin erforderlich sind oder modifiziert werden können (vgl. Nr. 5.4.3). Hierbei kann es sich allerdings nur um erste Schritte in die richtige Richtung handeln. Vor diesem Hintergrund ist es bedauerlich, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen des Ministeriums bisher nur bedingt umgesetzt wurden und der Reformprozess ins Stocken geraten ist (vgl. Nr. 5.4.4). Insbesondere bei der nach wie vor ungelösten Kostenfrage ist der Gesetzgeber am Zuge. Es ist den Bürgerinnen und Bürgern nicht nachvollziehbar zu erklären, warum im IZG LSA ein Gebührenrahmen von 0 bis 1.000 Euro besteht, während im Umweltinformationsrecht die Höchstgrenze für die Gebühr bei 500 Euro liegt und im VIG bei einem Verwaltungsaufwand bis zu 250 Euro keine Gebühren erhoben werden.
Im Berichtszeitraum habe ich auch wieder den Gesetzgeber beraten. Ein Antrag auf Zugang zu internen Berichten des Justizministeriums zu den Missständen in der JVA Burg (vgl. Nr. 7.5) hat das Ministerium offensichtlich veranlasst, in den Referentenentwurf eines Erwachsenenstrafvollzugsgesetzes eine Regelung aufzunehmen, nach der alle Strafvollzugsbehörden zukünftig vom Anwendungsbereich des IZG LSA ausgenommen sein sollen (vgl. Nr. 5.5.2). Der Referentenentwurf stellt in meinen Augen den Versuch dar, die Strafvollzugsbehörden vom Anwendungsbereich des Gesetzes auszunehmen, ohne dass es dafür eine sachliche Rechtfertigung gibt, da sensible Informationen bereits über die Ausschlussgründe des IZG LSA hinreichend geschützt sind. Nachdem sich der Landtag für die Förderung der Informationsfreiheit in Sachsen-Anhalt ausgesprochen hat, wirken entsprechende Gesetzesvorhaben, mit denen die Informationsfreiheit wieder zurückgedrängt werden soll, regelrecht kontraproduktiv. Ich hoffe, dass es zu diesem Rückschritt nicht kommen wird.
Reformbedarf besteht im Übrigen auch bei der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Ministerien des Landes Sachsen-Anhalt (vgl. Nr. 5.5.3). Diese sieht nämlich nur meine Beteiligung als Landesbeauftragter für den Datenschutz, nicht jedoch als Landesbeauftragter für die Informationsfreiheit an den betreffenden Gesetzesvorhaben vor. § 14 DSG LSA, der im Datenschutzrecht meine Beteiligung explizit regelt, gilt im Informationsfreiheitsrecht nicht, da eine Verweisung auf ihn im IZG LSA fehlt. So hatte das Justizministerium in dem o. g. Fall mich nur wegen der in dem Referentenentwurf enthaltenen datenschutzrechtlichen Regelungen beteiligt, es aber unterlassen, mich über die geplanten Änderungen des IZG LSA zu unterrichten.
Der Beratung des Gesetzgebers dienen auch die auf den Konferenzen der Informationsfreiheitsbeauftragten der Länder und des Bundes (IFK) getroffenen Entschließungen (vgl. Nr. 5.6). Im Berichtszeitraum hat die IFK darauf hingewiesen, dass Kooperationsverträge zwischen den Hochschulen und Wirtschaftsunternehmen grundsätzlich offenzulegen sind (vgl. Nr. 5.6.2), mehr Transparenz bei den Parlamenten, insbesondere den Nebeneinkünften der Abgeordneten, gefordert (vgl. Nr. 5.6.3) und mehr Transparenz bei Krankenhaushygienedaten verlangt (vgl. Nr. 5.6.4).
Im Berichtszeitraum bin ich natürlich auch wieder als außergerichtlicher Streitschlichter tätig geworden. Im Vergleich zu den beiden Vorjahren hat sich die Zahl der Eingaben um ca. 39 % erhöht (vgl. Nr. 5.1). In den meisten Fällen konnte ich für die Petenten einen teilweisen oder vollständigen Informationszugang erreichen. Eine Beanstandung musste ich nicht aussprechen. Allerdings war ein Landkreis erst nach der Androhung einer Beanstandung bereit, seine offensichtlich rechtswidrige Rechtsauffassung aufzugeben (vgl. Nr. 7.9).
Auffallend ist, dass in der Praxis viele Informationszugangsanträge ins Leere laufen, weil sie nicht richtig formuliert werden (vgl. Nr. 6.1). Ratschläge für die richtige Fragestellung finden sich in diesem Bericht. Bemerkenswert ist nach wie vor, dass insbesondere auch die obersten Landesbehörden bei der Umsetzung des Gesetzes Schwierigkeiten haben (vgl. Nrn. 7.2, 7.3, 7.4, 7.5 und 7.12). Ein gewisser Verwaltungsaufwand in der Abarbeitung der Anträge ist nach der Rechtsprechung hinzunehmen.
Festzuhalten ist auch, dass die von mir zu prüfenden Fälle zunehmend umfangreicher und komplexer werden. Die Zahl der Eingaben sowie die Komplexität der Fälle wird zukünftig weiter steigen, da ich der Bitte der Landesregierung nachgekommen bin und nunmehr auch die Eingaben prüfe, die nicht vom IZG LSA erfasst sind, sondern bereichsspezifische Akteneinsichts- oder Auskunftsansprüche betreffen (vgl. Nrn. 5.3.1, 6.7.1 und 7.16). In letzter Zeit sind Bürgerinitiativen an mich herangetreten, die mich auch um Unterstützung im Bereich des Umweltinformationsrechts gebeten haben (vgl. Nr. 7.16).
Ein Schwerpunkt in diesem Zusammenhang war ferner das Verhältnis des IZG LSA zum Kommunalrecht (vgl. Nr. 6.8). Ein Paradebeispiel für das Informations- und Kontrollinteresse der Bürgerinnen und Bürger stellt in diesem Zusammenhang der Antrag auf Einsicht in einen Erbbaupachtvertrag dar, den eine Gemeinde mit dem Bruder des Bürgermeisters geschlossen hat (vgl. Nr. 7.1). Ich habe einen Akteneinsichtsanspruch bejaht, da das Informationsinteresse der Antragsteller hier das Interesse des Bruders des Bürgermeisters am Schutz seiner personenbezogenen Daten überwiegt (vgl. Nr. 7.1.2). Das Innenministerium hat eine kommunalrechtliche Überprüfung des Vertrags eingeleitet, die noch nicht abgeschlossen ist (vgl. Nr. 7.1.3). Gerade im Bereich der Kommunalpolitik wünschen sich die Bürgerinnen und Bürger eine bessere Information und größere Transparenz, um an ihr aktiver teilnehmen und das Verwaltungshandeln besser nachvollziehen und kontrollieren zu können, wie die Anträge auf Zugang zu Sitzungsunterlagen (vgl. Nr. 6.8.1) oder zu öffentlichen und nicht-öffentlichen Sitzungsprotokollen des Gemeinderats (vgl. Nr. 6.8.2) zeigen. Ich sehe wegen ungeklärter Rechtsfragen auf Seiten der Politik erheblichen Handlungsbedarf und rege an, in die GO LSA eine klarstellende Vorschrift aufzunehmen, nach der Ansprüche auf Zugang zu Informationen nach dem IZG LSA von den Vorschriften der GO LSA nicht beschränkt werden (vgl. Nr. 6.8.5).
Äußerst praxisrelevant ist der Informationszugang zu Petitionsunterlagen. Während der Petitionsausschuss dem IZG LSA in seiner Petitionstätigkeit nicht dem IZG LSA unterliegt, können die Bürgerinnen und Bürger nach einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts die Stellungnahmen der Ministerien nach Maßgabe der Informationsfreiheitsgesetze einsehen (vgl. Nr. 6.5.1). Wichtig ist auch eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, nach der Regierungshandeln grundsätzlich der Informationsfreiheit unterfällt. Gesetzesvorhaben sind daher nach den Informationsfreiheitsgesetzen des Bundes und der Länder einsehbar (vgl. Nr. 6.3). In meinem I. Tätigkeitsbericht hatte ich darauf hingewiesen, dass Prüfungsberichte des Landesrechnungshofs grundsätzlich einsehbar sind. Diese Auffassung hat der Landesrechnungshof zunächst nicht geteilt. Das Bundesverwaltungsgericht hat für den Bundesrechnungshof ein Einsichtsrecht bejaht und mich damit in meiner Rechtsauffassung bestätigt (vgl. Nr. 7.2). Das Verhältnis des IZG LSA zu den Auskunftsrechten des Abgeordneten, die teilweise stärker, hinsichtlich des Umfangs des Informationszugangs schwächer sind, wird unter Nr. 6.4 dargestellt.
Vergabeunterlagen sind nach Abschluss des Vergabeverfahrens grundsätzlich einsehbar. Das Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr wollte ein Einsichtsbegehren in Verträge zum Schienenpersonennahverkehr wegen eines angeblich unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwands ablehnen (vgl. Nr. 7.3). Ein Ministerium wird nach seinem Aufgabenbereich typischerweise häufig auch mit umfangreicheren und inhaltlich schwierigen Informationszugangsanträgen konfrontiert und muss mit einer erheblichen Anzahl solcher Anträge rechnen. Es muss sich daher nach der Rechtsprechung - um dem gesetzlichen Auftrag zur Gewährung des Zugangs zu den bei ihm vorhandenen amtlichen Informationen nachzukommen - organisatorisch und personell auf die Bewältigung dieser Anträge einstellen. Das Ministerium hat auf meinen Hinweis hin seine Rechtsposition revidiert und dem Antrag insofern stattgegeben.
Trotz der hohen Arbeitsauslastung in meiner Behörde gelang es mir auch in diesem Berichtszeitraum wieder, eine anlassunabhängige Kontrolle eines Landkreises durchzuführen (vgl. Nr. 8). Seit dem Inkrafttreten des IZG LSA am 1. Oktober 2008 hatte die Verwaltung genügend Zeit, sich auf die neue Rechtslage einzustellen. Ich erwarte daher, dass die Verwaltung zumindest ihre Pflichtaufgaben im Bereich der Organisation und der Veröffentlichungspflichten erfüllt hat. Ebenso sollte die Prüfung der Informationszugangsanträge zuverlässig erfolgen. Im Ergebnis konnte ich feststellen, dass der Landkreis zum Zeitpunkt meiner Prüfung ein erfreulich hohes Niveau bei der Umsetzung des IZG LSA erreicht hatte (vgl. Nr. 8.2).
In meinem I. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit hatte ich die Open-Data-Idee noch als Zukunftsmusik beschrieben. Mittlerweile hat diese Idee jedoch konkrete Formen angenommen. Die Bundesregierung hat einen Fahrplan für die Realisierung von Open Data entwickelt, der nahezu abgeschlossen ist (vgl. Nr. 9.1), die Bundesländer haben in einem Open-Government-Eckpunktepapier Grundsätze festgelegt (vgl. Nr. 9.2). Die vom Bundesinnenministerium in Auftrag gegebene Open-Government-Data Deutschland-Studie hat die Realisierungsmöglichkeiten von Open Data grundsätzlich positiv bewertet (vgl. Nr. 9.3). Auf der Grundlage dieser Studie ist eine deutschlandweit einheitliche Plattform, auf der im Wege der proaktiven Information Bürger amtliche Informationen abrufen können, in den Pilotbetrieb gegangen. Einige Bundesländer sind sogar schon einen Schritt weiter und haben ein eigenes Informationsregister geschaffen (vgl. auch Nrn. 4.1 und 4.2.2). In Sachsen-Anhalt steckt die Open-Data-Idee dagegen noch in den Kinderschuhen. Die Landesregierung hat eine Strategie "Sachsen-Anhalt digital 2020" entwickelt, in der sich konkrete Ideen, wie Open Government auf Landesebene ein- und umgesetzt werden könnte, nicht finden. Ich habe daher darauf hingewiesen, dass die in dem Strategiepapier angesprochenen Ziele nach mehr Transparenz und Bürgerbeteiligung ohne Weiteres erreicht werden könnten, wenn die Landesregierung dem Beispiel anderer Bundesländer folgen würde und im IZG LSA die rechtlichen Voraussetzungen für ein eigenes elektronisches Landesinformationsregister geschaffen würden. Bei der Landesregierung ist zu diesem herausragenden Thema noch eine deutlich zögernde Haltung festzustellen. Spätestens im Rahmen der Evaluierung muss dieses Thema angepackt werden.
Die Evaluierung rückt näher, es gibt Handlungsbedarf (vgl. Nr. 10.1 und Nr. 10.2). Ich habe daher aus meinem I. und II. Tätigkeitsbericht noch einmal die zehn wichtigsten Vorschläge, die im Rahmen der Evaluierung des IZG LSA geprüft werden sollten, zusammengefasst und erläutert (vgl. Nr. 10.3).