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II. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für die Informationsfreiheit Sachsen-Anhalt vom 1. Oktober 2010 bis 30. September 2012

9.3 Studie Open Government Data Deutschland

Die im Auftrag des Bundesinnenministeriums u. a. vom Fraunhofer-Institut Mitte 2012 erstellte, über 570 Seiten umfassende Studie "Open Government Data Deutschland" untersucht die wesentlichen Grundlagen von Open Government Data sowie für die Konzeptionierung, die Realisierung und den Betrieb eines Prototyps einer ebenenübergreifenden Open-Government-Plattform. Sie ist ihren Schwerpunkten entsprechend in vier Kapitel strukturiert, nämlich die Grundlagen von Open Government Data, die rechtliche Dimension von Open Government Data, die organisatorische Dimension von Open Government Data und die technische Dimension von Open Government Data. Aufgrund dieser Beschreibungen gibt die Studie zur Realisierung von Open Government Data insgesamt 54 Handlungsempfehlungen, die kurz-, mittel- bis langfristig verwirklich werden sollen.

Bei der Untersuchung der Grundlagen von Open Government Data verweist die Studie darauf, dass es sich bei dem Begriff der offenen Daten weniger um einen fest definierbaren einheitlichen Zustand, sondern um einen Prozess zu größerer Offenheit einzelner Organisationen handele. Transparenz bedeute heute nicht mehr allein, dass die Bürgerinnen und Bürger sich von sich aus informieren müssten, sondern sie bestünde in einer aktiven Offenlegung von Informationen, Abwägungs- und Entscheidungsprozessen. Dementsprechend gehe es bei der Bereitstellung von Open Government Data um Daten der öffentlichen Verwaltung, die Dritten zur Weiterverwendung zur Verfügung gestellt werden sollten. Mit der Entwicklung einer Open-Government-Plattform für Deutschland biete sich das Potential, die Datenangebote öffentlicher Stellen systematisch auf die Bedürfnisse verschiedener Gruppen einer Wissensgesellschaft zuzuschneiden.

Im Rahmen der rechtlichen Analyse legt die Studie dar, dass es sich bei der Veröffentlichung staatlicher Daten und der Gestattung ihrer Weiterverwendung um eine Aufgabe der Daseinsvorsorge und damit um eine öffentliche Aufgabe handele. Die Studie verweist zutreffend darauf, dass bei der Erfüllung dieser Aufgabe die Behörden den geltenden gesetzlichen Rahmen zu beachten haben. Es ist erfreulich, dass die Studie dabei darlegt, dass als Rechtsgrundgrundlagen für die Offenlegung die Informationsfreiheitsgesetze des Bundes und der Länder, das Umwelt- und das Verbraucherinformationsgesetz herangezogen werden können, so dass im Rahmen einer Realisierung einer Open-Government-Plattform grundsätzlich keine neuen Rechtsgrundlagen für die Veröffentlichung amtlicher Informationen geschaffen werden müssen.

Die Studie vertritt ferner die Auffassung, dass sowohl die Grundsatzentscheidung über die Veröffentlichung wie auch die Ausgestaltung von Nutzungsbestimmungen und Geldleistungsmodellen in das Ermessen der zuständigen Behörde gestellt seien. In diesem Punkt ist die Studie jedoch angreifbar. Dieser Standpunkt lässt sich nämlich mit der geplanten Änderung der PSI-Richtlinie der EU (Richtlinie 2003/98/EG, ABl. EG Nr. L 345, Public Sector Information), die die Studie zwar anspricht, aber nicht näher vertieft, nur bedingt vereinbaren. Nach der angestrebten Änderung der Richtlinie sollen nämlich möglichst alle Informationen kostenfrei weiterverwendet werden können (vgl. Nr. 2.3 dieses Tätigkeitsberichts). Geldleistungsmodelle sind daher nur begrenzt möglich, z. B. in den o. g. Sonderfällen. Darüber hinaus sehen viele Informationsfreiheitsgesetze bereits in bestimmten Punkten Veröffentlichungspflichten vor. Am weitesten gehen hier die Regelungen des Hamburgischen Transparenzgesetzes, das die im Informationsregister des Landes zu veröffentlichen Informationen ausdrücklich benennt und zudem bestimmt, dass die dort eingestellten Informationen kostenlos weiterverwendet werden können. Insofern dürfte die Studie, insbesondere wenn die Pläne der EU umgesetzt werden, in diesem Punkt nicht mehr zutreffend sein.

Bei der Untersuchung der organisatorischen Dimension prüft die Studie, welche Geldleistungsmodelle, welche Organisationsstruktur und welches Betreibermodell einer Open-Government-Plattform zugrunde liegen könnten.

Bei der Analyse der technischen Dimension von Open Government Data nimmt die Studie eine Bestandsanalyse der existierenden Daten öffentlicher Stellen in Deutschland auf und verweist darauf, dass ein großes Wirtschaftspotential nicht genutzt werden könne, weil diese Daten nicht offen, d. h. als maschineninterpretierbare Daten vorlägen. Ein wichtiges Ergebnis der Bestandsanalyse ist die Erkenntnis, dass die öffentlichen Stellen selbstverständlich in der Lage seien, Datensätze als offene Daten bereitzustellen. Damit sei in dem meisten Fällen kein außergewöhnlich großer Aufwand verbunden. Schließlich beschreibt die Studie, in welchen Fällen weiterverarbeitbare Formate zum Einsatz kommen könnten.

Die 54 Handlungsempfehlungen der Studie sind eher allgemeiner Natur und beschränken sich auf grundsätzliche Aussagen wie die Festlegung verbindlicher Standards oder die Entwicklung einer Sicherheitskonzeption für die Open-Government-Plattform.

Das Bundesinnenministerium hat erklärt, die Kernempfehlung der Studie aufgreifen und wie geplant den Prototypen eines ebenenübergreifenden Online-Portals entwickeln und testen zu wollen. Zugleich soll die Digitale Agenda der EU-Kommission mit ihrem Ziel berücksichtigt werden, öffentliche Daten bereitzustellen, um die Wirtschaft zu fördern und die Transparenz zu erhöhen. Die EU-Kommission arbeitet derzeit daran, eine Infrastruktur für Daten der Mitgliedstaaten zu schaffen, um sie europaweit nutzbar zu machen. Ein deutschlandweites Open-Government-Data-Portal wäre dann Teil dieser Infrastruktur.