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II. Tä­tig­keits­be­richt des Lan­des­be­auf­trag­ten für die In­for­ma­ti­ons­frei­heit Sachsen-​Anhalt vom 1. Ok­to­ber 2010 bis 30. Sep­tem­ber 2012

9.2 Das Open-​Government-Eckpunktepapier

Eine Bund-​Länder-Arbeitsgruppe hat unter der Fe­der­füh­rung des Bun­des und Baden-​Württembergs den Ent­wurf eines Open-​Government-Eckpunktepapiers ent­wi­ckelt, das erst­mals das ge­mein­sa­me Ver­ständ­nis von Bund und Län­dern zu Open Go­vern­ment in Deutsch­land for­mu­lie­ren soll. Die in den Eck­punk­ten vom Sep­tem­ber 2011 fest­ge­hal­te­nen Leit­li­ni­en sol­len die Grund­la­ge vor allem für die tech­ni­sche Aus­ge­stal­tung von Open Go­vern­ment und Open Data in Deutsch­land bil­den. De­fi­niert wer­den z. B. Be­grif­fe wie Open Go­vern­ment, Open Data oder E-​Government. Der Ent­wurf ist ins­ge­samt sehr all­ge­mein ge­hal­ten und be­schränkt sich eher auf die De­fi­ni­ti­on der ver­wand­ten Be­grif­fe und die Be­schrei­bung von Ziel­vor­stel­lun­gen. So soll Open Go­vern­ment - zu­nächst mit einem Schwer­punkt auf Open Data - im Rah­men des Man­dats des IT-​Planungsrats nach § 1 Ab­satz 1 des Ver­trags zur Aus­füh­rung von Ar­ti­kel 91c GG mit ge­eig­ne­ten Maß­nah­men aus dem Be­reich der Informations-​ und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­tech­no­lo­gien ge­för­dert wer­den. Das Pa­pier stellt fest, dass Open Go­vern­ment einen Kul­tur­wan­del be­deu­te, der zu einem ver­än­der­ten Zu­sam­men­spiel von Ge­sell­schaft und Staat führe, und schlägt vor, be­stehen­de An­sät­ze zu nut­zen und aus­zu­bau­en. Fer­ner müsse der be­stehen­de Rechts­rah­men für die Ver­wirk­li­chung von Open Go­vern­ment ge­prüft und eine ein­heit­li­che An­wen­dung an­ge­strebt wer­den. Die be­stehen­den Rechts­grund­la­gen er­mög­lich­ten be­reits jetzt ein of­fe­nes Regierungs-​ und Ver­wal­tungs­han­deln. Schließ­lich sei der Auf­bau eines ebe­nen­über­grei­fen­den In­for­ma­ti­ons­por­tals ein ge­mein­sa­mes Ziel von Bund und Län­dern.

Die Kon­fe­renz der In­for­ma­ti­ons­frei­heits­be­auf­trag­ten des Bun­des und der Län­der hat die Vor­la­ge des Ent­wurfs des Eck­punk­te­pa­piers "Open Go­vern­ment" durch das Bun­des­mi­nis­te­ri­um des In­nern grund­sätz­lich be­grüßt und An­fang 2012 in ei­ni­gen Punk­ten Prä­zi­sie­run­gen vor­ge­schla­gen. So ist es zum Bei­spiel als po­si­tiv zu wer­ten, dass Open Go­vern­ment als ein Kul­tur­wan­del zu mehr Trans­pa­renz und Bür­ger­be­tei­li­gung be­grif­fen wer­den soll. Aus Sicht der In­for­ma­ti­ons­frei­heits­be­auf­trag­ten soll­te in einem Eck­punk­te­pa­pier je­doch der Leit­ge­dan­ke, dass das über­kom­me­ne Amts­ge­heim­nis über­wun­den wurde, noch deut­li­cher for­mu­liert wer­den. Zu einem Kul­tur­wan­del soll­te auch ge­hö­ren, dass die Bun­des­re­gie­rung und die Re­gie­run­gen der Bun­des­län­der ver­stärkt dazu über­ge­hen, Ka­bi­netts­vor­la­gen und Re­fe­ren­ten­ent­wür­fe früh­zei­tig ins Netz zu stel­len und damit der öf­fent­li­chen Dis­kus­si­on zu­gäng­lich zu ma­chen. So könn­te eine ak­ti­ve­re Teil­ha­be der Bür­ge­rin­nen und Bür­ger er­fol­gen.

Ein ganz we­sent­li­cher Ge­sichts­punkt für die Kon­fe­renz ist die Fest­stel­lung des Eck­punk­te­pa­piers, dass der be­stehen­de Rechts­rah­men zur Ver­wirk­li­chung der Open-​Government-Idee aus­reicht. Damit wird klar­ge­stellt, dass die Ver­öf­fent­li­chung von In­for­ma­tio­nen über die In­for­ma­ti­ons­frei­heits­ge­set­ze des Bun­des und der Län­der mög­lich ist, so dass hier­für keine u. U. kon­kur­rie­ren­den Nor­men ge­schaf­fen wer­den müs­sen. Für die Ver­öf­fent­li­chung von amt­li­chen In­for­ma­tio­nen des Lan­des Sachsen-​Anhalt könn­te also grund­sätz­lich das IZG LSA als Rechts­grund­la­ge her­an­ge­zo­gen wer­den. Al­ler­dings darf die Ana­ly­se des be­stehen­den Rechts­rah­mens nicht be­deu­ten, dass be­reits er­reich­te Stan­dards wie­der zu­rück­ge­setzt wer­den. Ins­be­son­de­re soll­ten die In­for­ma­ti­ons­frei­heits­ge­set­ze als we­sent­li­cher Be­stand­teil des be­stehen­den Rechts­rah­mens im Eck­punk­te­pa­pier Er­wäh­nung fin­den.

Die In­for­ma­ti­ons­frei­heits­be­auf­trag­ten ver­tre­ten fer­ner den Stand­punkt, dass öf­fent­li­che Daten von den zu­stän­di­gen öf­fent­li­chen Stel­len grund­sätz­lich kos­ten­frei zur Ver­fü­gung ge­stellt wer­den soll­ten, so wie es z. B. nach der ge­plan­ten Än­de­rung der EU-​Richtlinie zur Wei­ter­ver­wen­dung von Daten im öf­fent­li­chen Sek­tor ge­plant ist. Bund und Län­der soll­ten daher die Pläne der für die di­gi­ta­le Agen­da zu­stän­di­gen EU-​Kommissarin zur Re­form des Rechts der Wei­ter­ver­wen­dung von In­for­ma­tio­nen un­ter­stüt­zen (vgl. Nr. 2.3 die­ses Tä­tig­keits­be­richts).

Die Bund-​Länder-Arbeitsgruppe hat den Ent­wurf des Eck­punk­te­pa­piers im An­schluss an eine Online-​Konsultation über­ar­bei­tet. Nach dem zum Teil deut­lich ge­än­der­ten Pa­pier vom Sep­tem­ber 2012 wird Open Data als die Be­reit­stel­lung von Daten der öf­fent­li­chen Hand zur Nut­zung, ins­be­son­de­re durch Wei­ter­ver­wen­dung und Wei­ter­ver­brei­tung, be­grif­fen. Eine ge­ne­rell lizenz-​ oder kos­ten­freie Nut­zung der Daten, wie sie die Open-​Data-Bewegung im In­ter­net for­dert, ist nicht vor­ge­se­hen. Viel­mehr lässt das Pa­pier die Ver­ga­be von Li­zen­zen sowie die Er­he­bung von Ge­büh­ren für die Nut­zung be­stimm­ter Daten als sog. Geld­leis­tungs­pflich­ten ex­pli­zit zu. Die hier­an ge­üb­te Kri­tik dürf­te je­doch zu weit gehen. Der Auf­bau einer Open-​Data-Plattform ist ein dy­na­mi­scher Pro­zess. Dabei darf nicht über­se­hen wer­den, dass viele wirt­schaft­lich re­le­van­te Daten erst gar nicht in eine Open-​Data-Datenbank Ein­gang fin­den, weil sie nach den In­for­ma­ti­ons­frei­heits­ge­set­zen des Bun­des und der Län­der einem Aus­schluss­grund un­ter­lie­gen und daher nicht bzw. nicht ohne Wei­te­res ver­öf­fent­li­chungs­fä­hig sind. Dies gilt z. B. für Daten, die das geis­ti­ge Ei­gen­tum, Betriebs-​ und Ge­schäfts­ge­heim­nis­se oder fis­ka­li­sche In­ter­es­sen des Bun­des und der Län­der be­tref­fen. Wenn man will, dass auch diese Daten zur Nut­zung zur Ver­fü­gung ge­stellt wer­den sol­len, wird man Lizenz-​ und Geld­leis­tungs­mo­del­le zu­min­dest über­gangs­wei­se ak­zep­tie­ren kön­nen. Lizenz-​ und Geld­leis­tungs­mo­del­le tra­gen näm­lich nicht nur dem gel­ten­den Ur­he­ber­recht Rech­nung, son­dern schüt­zen auch die fis­ka­li­schen In­ter­es­sen des Bun­des und der Län­der. Mit ihrer Hilfe wird folg­lich erst die Mög­lich­keit ge­schaf­fen, das Daten-​Portal  um Daten zu er­wei­tern, die an­dern­falls ganz unter Ver­schluss blie­ben. Der IT-​Planungsrat hat das Eck­punk­te­pa­pier im Ok­to­ber 2012 als we­sent­li­che Grund­la­ge für seine wei­te­ren Ent­schei­dun­gen ge­bil­ligt.