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II. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für die Informationsfreiheit Sachsen-Anhalt vom 1. Oktober 2010 bis 30. September 2012

7.2 Prüfungsberichte des Landesrechnungshofs - Teil II

In meinem I. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit hatte ich unter Nr. 5.3. zwei Konstellationen behandelt: Akteneinsichtsbegehren in Prüfungsberichte des Landesrechnungshofs, die sich bei der geprüften Behörde befinden sowie Einsichtsbegehren in Prüfungsberichte bzw. Unterlagen beim Landesrechnungshof selbst.

Für die erste Fallkonstellation, in der sich der Antragsteller an die geprüfte Behörde wendet, hatte ich u. a. unter Berufung auf die Rechtsprechung des OVG Münster (Urteil vom 17. Mai 2006, Az.: 8 A 1642/05, S. 7 ff.) die Auffassung vertreten, dass die den Behörden zugeleiteten Prüfungsberichte der Landesrechnungshöfe nach Maßgabe der Informationsfreiheitsgesetze grundsätzlich einsehbar seien. Zu der zweiten Fallkonstellation, in der sich ein Antragsteller unmittelbar an den Landesrechnungshof wendet, hatte ich nicht Stellung genommen, sondern nur darauf verwiesen, dass die Frage, ob und inwieweit ein Antragsteller einen Informationszugangsanspruch gegenüber dem Bundesrechnungshof bzw. den Landesrechnungshöfen besitzt, von der Rechtsprechung noch geprüft werde.

Meine rechtliche Bewertung wurde vom Landesrechnungshof zunächst nicht geteilt. In seiner Stellungnahme teilte er mir mit, dass er die von mir für die erste Fallkonstellation genannte Rechtsprechung nicht für übertragbar halte, da diese sich auf einen Anspruch auf Zugang zu Prüfungsberichten der kommunalen Rechnungsprüfungsämter, nicht jedoch auf den Zugang zu Prüfungsberichten der Landesrechnungshöfe beziehe. Auch sei der Landesrechnungshof von vornherein von der Anwendbarkeit des IZG LSA ausgenommen.

Ich habe daraufhin die Rechtslage erneut geprüft und bin zu dem Ergebnis gekommen, dass Prüfungsberichte des Landesrechnungshofes in beiden Konstellationen nach Maßgabe des IZG LSA einsehbar sind.

In der ersten Fallkonstellation begehrt der Antragsteller bei der vom Landesrechnungshof geprüften Behörde Einsicht in den Prüfungsbericht. Diese wird vom Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 IZG LSA erfasst. Der Hinweis des Landesrechnungshofs darauf, dass das OVG Münster in seinem Urteil die Landesrechnungshöfe im Rahmen ihrer originären Aufgabenerfüllung von vornherein von der Anwendbarkeit der Informationsfreiheitsgesetze ausgenommen habe, greift hier schon deshalb nicht, weil sich der Antragsteller gar nicht an den Landesrechnungshof, sondern an die geprüfte Körperschaft als informationszugangspflichtige Stelle gewandt wendet. Der Prüfungsbericht ist ferner eine amtliche Information, über die die Behörde als geprüfte Stelle auch verfügen darf. Ein Informationszugangsanspruch besteht daher nur dann nicht, wenn sich ein Ausschlussgrund i. S. d. Gesetzes finden lässt. Insbesondere auch zum des Schutz des Landesrechnungshofs hat der Gesetzgeber den Ausschlussgrund des § 3 Abs. 1 Nr. 1 d) IZG LSA geschaffen. Nach dieser Vorschrift besteht ein Informationszugangsanspruch dann nicht, wenn durch die Herausgabe der Information die Angelegenheiten der externen Finanzkontrolle nachteilig beeinträchtigt werden könnten. Durch die Veröffentlichung der Prüfungsberichte wird die Tätigkeit des Landesrechnungshofes jedoch weder beeinträchtigt oder noch insgesamt in Frage gestellt. Ich bin daher in Übereinstimmung mit der Kommentarliteratur in Sachsen-Anhalt zu dem Ergebnis gekommen, dass dies regelmäßig nicht der Fall ist (vgl. Schneider, in: Wiegand [Hrsg.], Kommunalverfassungsrecht Sachsen-Anhalt, Loseblatt, Stand: 20. Nachlieferung Januar 2011, GO LSA, § 126 Ziff. 4). Ich halte darüber hinaus auch die von mir herangezogene Rechtsprechung des OVG NRW auch auf diesen Sachverhalt für übertragbar. Die Prüftätigkeit der kommunalen Rechnungsprüfungsämter ist in diesem speziellen Punkt mit der des Landesrechnungshofes vergleichbar, denn beide prüfen unabhängig.

In der zweiten Fallkonstellation begehrt der Antragsteller beim Landesrechnungshof selbst Einsicht in den Prüfungsbericht. Auch hier ist der Hinweis des Landesrechnungshofs darauf, dass das OVG NRW in seinem Urteil die Landesrechnungshöfe im Rahmen ihrer originären Aufgabenerfüllung von vornherein von der Anwendbarkeit der Informationsfreiheitsgesetze ausgenommen habe, nicht stichhaltig. Festzuhalten ist zunächst, dass in Nordrhein-Westfalen nach § 2 Abs. 2 Satz 2 IFG NRW das IFG auf den dortigen Landesrechnungshof nur Anwendung findet, soweit er Verwaltungsaufgaben wahrnimmt. Eine entsprechende Regelung gibt es für Sachsen-Anhalt im IZG LSA jedoch nicht.

Auch geht die Gesetzesbegründung ersichtlich davon aus, dass es sich bei der Prüftätigkeit des Landesrechnungshofs um Verwaltungstätigkeit handelt, denn mit § 3 Abs. 1 Nr. 1 d) IZG LSA wurde explizit ein Ausschlussgrund geschaffen, der die Kontrolltätigkeit des Landesrechnungshofs im Einzelfall schützt. Die Gesetzesbegründung führt zu diesem Ausschlussgrund aus: "Die externe Finanzkontrolle, also die Prüfung der finanzwirtschaftlichen Aktivitäten der öffentlichen Hand durch unabhängige Einrichtungen, nimmt im Zuständigkeitsbereich des Landes der Landesrechnungshof (LRH) wahr. Der Schutz umfasst Informationen, die der LRH im Rahmen seiner Prüfungs- und Beratungstätigkeit erlangt" (Gesetzesentwurf der Landesregierung, LT-Drs. 5/748, S. 19, 103 kByte). Dementsprechend halte ich an meiner Auffassung fest, dass Prüfungsberichte, die sich beim Landesrechnungshof befinden, nach Maßgabe des IZG LSA einsehbar sind. Ich sehe mich in meiner Rechtsauffassung im Einklang mit dem Urteil des OVG Münster vom 26. Oktober 2011 (Az.: 8 A 2593/10, DVBl. 2012, S. 365), das zu dem Ergebnis gekommen ist, dass der Bundesrechnungshof im Rahmen seiner Prüftätigkeit Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt, und ein Einsichtsrecht in Prüfungsniederschriften des Bundesrechnungshofs bei ihm selbst nach dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes bejaht hat. Auf diese Entscheidung habe ich im Rahmen der Beratung meines I. Tätigkeitsberichts zur Informationsfreiheit im Innenausschuss des Landtages am 27. Oktober 2011 hingewiesen. Der Landesrechnungshof hat meiner Rechtsauffassung nicht mehr widersprochen. Inzwischen hat das Bundesverwaltungsgericht die Entscheidung bestätigt (Urteil vom 15. November 2012, Az.: BVerwG 7 C 1.12).