II. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für die Informationsfreiheit Sachsen-Anhalt vom 1. Oktober 2010 bis 30. September 2012
10.2 Es gibt Handlungsbedarf!
Das IZG LSA hat sich bewährt, aber es kann - wie ich an den verschiedensten Stellen in diesem Tätigkeitsbericht ausgeführt habe - noch besser werden. Sachsen-Anhalt hat derzeit noch ein Informationsfreiheitsgesetz der alten Generation. Informationszugangsrechtlich sollte Sachsen-Anhalt jedoch nicht den Anschluss an die anderen Bundesländer verlieren und ein moderneres Informationsfreiheitsrecht bekommen.
Das Landesrecht sollte daher an die Informationsfreiheitsgesetze der neuen Generation angepasst werden, d. h. es sollten die verschiedenen Informationsfreiheitsgesetze möglichst in einem Gesetz zusammengelegt und ein Landesinformationsregister geschaffen werden (vgl. Nrn. 4.2 und 9.5 dieses Tätigkeitsberichts). Insbesondere die Einführung eines Landesinformationsregisters wäre ein Meilenstein in der Weiterentwicklung des Landesrechts. Aus dem Informationsrecht der Bürgerinnen und Bürger, die sich die Informationen mit individuellen Anträgen beschaffen müssen, könnte eine grundsätzliche Informationspflicht der Behörden gemacht werden. Diese müssten verpflichtet werden, zur Veröffentlichung geeignete Informationen in ein landesweites Register einzustellen. Informationsrechte und -pflichten lassen sich jedoch nur verwirklichen, wenn der Staat dafür Sorge trägt, dass die entsprechenden Informationen zur Verfügung stehen. Die alte Aktenordnung für die Landesverwaltung Sachsen-Anhalt aus dem Jahre 1991, die regelt, welche Informationen zu den Akten genommen werden müssen, könnte durch die Einführung von Aktenergänzungspflichten und Sanktionsmöglichkeiten überarbeitet werden, damit der Informationszugangsanspruch nicht durch Verstöße gegen die Aktenordnung unterlaufen wird (vgl. Nr. 7.4 dieses Tätigkeitsberichts).
Auch muss der Informationszugang schneller erfolgen. Eine überlange Verfahrensdauer müsste sanktioniert werden können (vgl. Nr. 4.5.2. des I. Tätigkeitsberichts).
Des Weiteren sollte das Verhältnis des IZG LSA zu anderen Regelungen über den Informationszugang geklärt werden (vgl. Nr. 6.7 und Nr. 7.16 dieses Tätigkeitsberichts). Das gilt insbesondere für das Verhältnis des IZG LSA zur GO LSA (vgl. Nr. 6.8.5 dieses Tätigkeitsberichts).
Die modernen Informationsfreiheitsgesetze sehen ferner eine Begrenzung der Ausschlussgründe vor. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sollten daher - wie im UIG LSA geschehen - nicht mehr absolut geschützt sein. Der Zugang zu diesen Informationen sollte vielmehr von einer Güterabwägung zwischen dem Informations- und dem Geheimhaltungsinteresse des Unternehmers abhängig gemacht werden. Entsprechende Regelungen haben die meisten Bundesländer in ihr Landesrecht bereits aufgenommen (zur Notwendigkeit vgl. auch Nr. 7.1 dieses Tätigkeitsberichts).
Nachdem ich auf Bitte der Landesregierung nicht nur die Einhaltung des IZG LSA, sondern auch die Anwendung bereichsspezifischen Informationszugangsrechts durch die öffentlichen Stelle prüfe, müsste mir eine entsprechende Kontrollbefugnis auch gesetzlich eingeräumt werden (vgl. Nr. 6.7.1 und Nr. 7.16). In eigener Sache möchte ich ferner darauf hinweisen, dass meine Tätigkeit als Streitschlichter endet, wenn die Beteiligten den Streit vor Gericht austragen. Ab diesem Zeitpunkt fällt die Schlichtung des Streits in die Kompetenz des Gerichts. Ich könnte allerdings den Streit weiter (oder auch erstmals) begleiten, wenn mir - wie es nach der Verwaltungsgerichtsordnung nach § 36 VwGO möglich ist - für den Anwendungsbereich desIZG LSA die Rechtsstellung eines Vertreters des öffentlichen Interesses eingeräumt würde (vgl. Nr. 3.2.1 dieses Tätigkeitsberichts). Dieser ist unparteiisch und hat u. a. auch zur Entlastung des Gerichts eine streitschlichtende Funktion.
Handlungsbedarf besteht mit Blick auf die im Vergleich zu den anderen Bundesländern überdurchschnittlich hohen Gebühren für die Bearbeitung von Informationszugangsanträgen (vgl. Nr. 5.4.1 dieses Tätigkeitsberichts). Es ist den Bürgerinnen und Bürgern nicht vermittelbar, dass die Gebühren nach dem IZG LSA deutlich über denen des VIG und des UIG LSA liegen (vgl. Nr. 7.16 dieses Tätigkeitsberichts). Der Informationszugang sollte grundsätzlich gebührenfrei sein. Lediglich besonders aufwendige Verfahren könnten kostenpflichtig bleiben (vgl. Nr. 7.4. des I. Tätigkeitsberichts zur Informationsfreiheit).
Gerade weil die Rechtsmaterie sowohl für den Antragsteller als auch für die Behördenmitarbeiter oft komplexer Natur ist, sollte entsprechend dem behördlichen Datenschutzbeauftragten ein behördlicher Informationsfreiheitsbeauftragter geschaffen werden (vgl. Nr. 6.12 dieses Tätigkeitsberichts).