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II. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für die Informationsfreiheit Sachsen-Anhalt vom 1. Oktober 2010 bis 30. September 2012

6.5.1 Zugang zu Stellungnahmen der Ministerien gegenüber dem Petitionsausschuss

Damit der Petitionsausschuss sachgerechte Entscheidungen treffen kann, muss er den der Petition zugrunde liegenden Sachverhalt hinreichend feststellen. Beschwert sich z. B. eine Petentin oder ein Petent über ein Ministerium, wird dieses vom Petitionsausschuss um Stellungnahme gebeten, in der es seine Vorgehensweise rechtfertigen soll. Die Stellungnahme besteht daher im Regelfall aus einer Sachverhaltsschilderung sowie einer rechtlichen Bewertung des Sachverhalts durch das Ministerium. Es versteht sich von selbst, dass diese Stellungnahmen für die Entscheidungsfindung des Petitionsausschusses wesentlich sind, weshalb auch die betroffenen Petentinnen oder Petenten sie einsehen möchten. Hintergrund entsprechender Einsichtsbegehren ist nicht selten die Furcht, dass der Petitionsausschuss eine unrichtige Entscheidung treffen könnte, weil die kritisierte Behörde ihm einen vermeintlich unzutreffenden oder geschönten Sachverhalt zur Entscheidung vorlegen könnte. Hat der Petitionsausschuss eine aus Sicht der Petentin bzw. des Petenten falsche Entscheidung getroffen, vermuten viele Petenten oft, dass dem Petitionsausschuss der Sachverhalt bereinigt dargelegt wurde.

In meinem I. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit hatte ich unter Nr. 5.8. dargestellt, dass Einsichtsbegehren in die Stellungnahmen der Ministerien beim Petitionsausschusses des Landtages selbst scheitern, weil der Petitionsausschuss, sofern eine Petitionsangelegenheit betroffen ist, nicht dem Anwendungsbereich des IZG LSA unterfällt.

Begehrt ein Antragsteller dagegen Einsicht in die Stellungnahme des Ministeriums bei der Behörde selbst, so ist das IZG LSA grundsätzlich anwendbar, da die Ministerien zu den im Gesetz genannten informationszugangspflichtigen Stellen gehören. Das Bundesverwaltungsgericht hat in einer wegweisenden Entscheidung zum korrespondierenden Anspruch auf Zugang nach dem IFG des Bundes zu einer vom Bundesjustizministerium gegenüber dem Petitionsausschuss des Bundestages abgegebenen Stellungnahme klargestellt, dass das IFG des Bundes auch dann gilt, wenn die Ministerien nicht nur als Behörden, sondern auch weitergehend als Teil der Regierung handeln (BVerwG, Urteil vom 3. November 2011, NVwZ 2012, S. 251 ff.). Auch dann liege Verwaltungshandeln vor, das dem IFG unterfällt. Ob ein Einsichtsanspruch in die Stellungnahmen der Ministerien besteht, hängt daher wesentlich vom Ergebnis der Prüfung eines Ausschlussgrundes ab. Dies ist wiederum eine Frage des Einzelfalles. Allerdings stellt auch hier das Bundesverwaltungsgericht klar, dass im Regelfall ein Informationszugangsanspruch bestehen dürfte, weil Ausschlussgründe nicht ohne Weiteres erkennbar sein dürften. So stehen die Verschwiegenheitspflichten der Minister nach § 6 Bundesministergesetz bzw. der Abgeordneten nach § 44d Abgeordnetengesetz dem Informationszugang nicht entgegen, da es sich nur um eine allgemeine Pflicht zur Amtsverschwiegenheit bzw. um eine nur den Abgeordneten bindende Pflicht handelt, die nicht für die Behörde gilt (vgl. Nr. 6.8.3 dieses Tätigkeitsberichts). Der Weitergabe der Stellungnahme nach Abschluss des Petitionsverfahrens steht auch weder der Ausschlussgrund des Schutzes der behördlichen Beratungen entgegen noch hält es das Gericht für möglich, dass der Petitionsausschuss seine ihm übertragenen Aufgaben nicht mehr ordnungsgemäß erfüllen könne (vgl. auch § 3 Abs. 2 IZG LSA). So schätzt das Gericht als nicht ersichtlich ein, dass allein durch das Wissen um eine spätere Offenlegung einer nicht vom Petitionsausschuss stammenden und insofern extern erstellten Beratungsgrundlage der Willensbildungsprozess im Ausschuss beeinträchtigt werden könnte. Es sei schon zweifelhaft, ob die Veröffentlichung der Stellungnahme überhaupt Rückschlüsse auf die Meinungsbildung im Petitionsausschuss zulasse. Die rechtliche und politische Verantwortung für die Stellungnahme trage jedenfalls nicht der Petitionsausschuss, sondern die Exekutive. Schon deshalb würden die Stellungnahmen der Ministerien nicht zu einem Produkt vertraulicher Beratungen des Petitionsausschusses.

Nach meinen Erkenntnissen hat die Umsetzung der Rechtsprechung der Praxis keine Probleme bereitet. In einem Fall, in dem ein Petent vorsorglich an mich herangetreten war, wurde ihm anstandslos von dem um Auskunft ersuchten Innenministerium die erbetene Stellungnahme zugänglich gemacht. Mir ist auch nicht bekannt, dass die Rechtsprechung sich auf die Abfassung der Stellungnahmen durch die Ministerien negativ ausgewirkt hätte. Entsprechende Befürchtungen dürften grundlos sein, da nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsverwaltungsgerichts der Petitionsausschuss aus dem aus Art. 17 GG abzuleitenden Petitionsinformationsrecht die Befugnis hat, sich über den der Petition zugrundeliegenden Sachverhalt alle Informationen von der Exekutive zu beschaffen, derer er bedarf, um die Petition sachgemäß behandeln zu können. Die Exekutive hat es daher gar nicht in der Hand, über ihre Stellungnahme den Informationsfluss zu steuern. Vielmehr ist sie gegenüber dem Petitionsausschuss voll auskunftspflichtig. Der Informationsfluss hängt vielmehr allein von der Ausübung des Petitionsinformationsrechts durch den Petitionsausschuss selbst ab.