II. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für die Informationsfreiheit Sachsen-Anhalt vom 1. Oktober 2010 bis 30. September 2012
5.5.2 Keine Einschränkung der Informationsfreiheit durch das Erwachsenenstrafvollzugsgesetz zulassen
Ein beim Ministerium für Justiz und Gleichstellung gestellter Antrag auf Zugang zu internen Berichten zu den Missständen in der JVA Burg hat das Ministerium offensichtlich veranlasst, in den Referentenentwurf eines Erwachsenenstrafvollzugsgesetzes eine Regelung aufzunehmen, die Justizvollzugsbehörden abweichend von der bisherigen gesetzlichen Regelung vom Anwendungsbereich des IZG LSA vollkommen ausnimmt.
Eine Eingabe zu o. g. Vorgang liegt meinem Hause vor (vgl. Nr. 7.5 dieses Tätigkeitsberichts). Das Ministerium hat den Vorgang bisher wenig sachgerecht behandelt. Ich habe es darauf aufmerksam gemacht, dass es im IZG LSA Ausschlussgründe gebe, die im Rahmen der vorzunehmenden Einzelfallprüfung einer Preisgabe der gewünschten Informationen entgegenstehen könnten.
Einer Akteneinsichts- oder Auskunftspflicht möchte das Ministerium aber offensichtlich generell entgehen. Begründet wird die Schaffung dieser Bereichsausnahme mit dem praktischen Bedürfnis der Justizvollzugsbehörden, über sensible Verwaltungsabläufe und -strukturen keine Auskünfte erteilen zu müssen. Diese Begründung ist nicht nachvollziehbar, da die Justizvollzugsbehörden bereits nach der geltenden Rechtslage über sensible Verwaltungsabläufe und -strukturen gar nicht auskunftspflichtig sind. Beispielsweise besteht zu sensiblen Verwaltungsabläufen nach dem IZG LSA kein Informationszugangsanspruch, da diese durch den Ausschlussgrund des Schutzes der öffentlichen Sicherheit i. S. d. § 3 Abs. 1 Nr. 2 IZG LSA erfasst werden. Ebenso besteht kein Zugang zu den Gefangenenpersonalakten, da ein Informationszugangsanspruch regelmäßig wegen des strikten Schutzes personenbezogener Daten nicht in Betracht kommen dürfte, um nur ein weiteres Beispiel zu nennen. Die Belange des Justizvollzugs werden daher über das von der Rechtsprechung anerkannte hohe Schutzniveau der Ausschlussgründe der §§ 3 bis 6 IZG LSA hinreichend geschützt. Es ist außerdem kein sachlich gerechtfertigter Grund erkennbar, Justizvollzugsbehörden im Vergleich zu anderen auskunftspflichtigen Stellen des Landes Sachsen-Anhalt besser zu stellen. Die Justizvollzugsbehörden lassen sich hinsichtlich der Sensibilität der bei ihnen vorhandenen Informationen keineswegs mit der Verfassungsschutzbehörde vergleichen, für die im IZG LSA tatsächlich eine Bereichsausnahme besteht. Es bietet sich eher ein Vergleich mit den Sicherheits- und Ordnungsbehörden an, die nach den Informationsfreiheitsgesetzen des Bundes und der Länder prinzipiell nicht vom Informationszugang ausgenommen sind.
Die Schaffung einer Bereichsausnahme würde außerdem das Ziel der Landesregierung, Verwaltungshandeln transparenter zu machen, konterkarieren. So würden auch amtliche Informationen, die keineswegs sensibel sind, wie z. B. Angaben über den Haushalt, die Personalentwicklung oder PPP-Verträge mit privaten Dienstleistern, ausgenommen.
Nachdem sich der Landtag für die Förderung der Informationsfreiheit in Sachsen-Anhalt ausgesprochen hat (vgl. Nr. 5.3.2 dieses Tätigkeitsberichts), wirken entsprechende Gesetzesvorhaben, mit denen die Informationsfreiheit wieder zurückgedrängt werden soll, regelrecht kontraproduktiv. Ich hoffe, dass es zu diesem Rückschritt nicht kommen wird. Auf die Regelung einer Bereichsausnahme sollte daher verzichtet werden.