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III. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für die Informationsfreiheit Sachsen-Anhalt
vom 1. Oktober 2012 bis 30. September 2014

7.2 Zeitplan, Arbeitsgruppe mit dem MI LSA und Rahmenbedingungen aus der Politik

Zeitplan

Auch wenn das IZG LSA keine konkrete Frist für den Abschluss der Evaluierung und der Vorlage des Evaluierungsberichts vorgibt, hatte die Landesregierung in den Ausschüssen zur Beratung des II. Tätigkeitsberichts zur Informationsfreiheit Ende 2013 bzw. Anfang 2014 angekündigt, den Evaluierungsbericht im Spätsommer 2014 vorlegen zu wollen. Da die Landesregierung in ihrer Stellungnahme zu meinem II. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit erklärt hatte, mich aktiv in die Evaluierung des IZG LSA einzubeziehen, wurde die Einsetzung einer temporären Arbeitsgruppe mit dem Innenministerium vereinbart, die seit dem 30. Januar 2014 in regelmäßigen Abständen tagte. Themenbezogen haben an den Sitzungen der Arbeitsgruppe auch Vertreter des mitbeteiligten Fachressorts – wie dem Ministerium der Finanzen – und die kommunalen Spitzenverbände teilgenommen. Die vom Ministerium selbst gesetzte Frist für den Abschluss der Evaluierung ist mittlerweile verstrichen. Es deutet sich jedoch an, dass ein fertiger Bericht im 2. Quartal des Jahres 2015 dem Landtag übergeben werden könnte.

Gegenstand des Evaluierungsberichts


Ursprünglich wollte das Innenministerium nur einen kurzen Evaluierungsbericht verfassen, der insbesondere auch auf der Auswertung der Evaluierungsbögen basieren sollte. Hierzu hatte das Ministerium für Inneres und Sport alle öffentlichen Stellen des Landes Sachsen-Anhalt gebeten, zur Auswertung des Gesetzes für jeden Informationszugangsantrag einen im Einvernehmen mit mir entwickelten Evaluierungsbogen auszufüllen und diesen dem Ministerium zuzusenden (vgl. Nr. 7.1 und Nr. 7.2 des I. Tätigkeitsberichts zur Informationsfreiheit). Wäre es dabei geblieben, hätte das Ministerium Vorgaben aus der Politik (vgl. Nrn. 5.3 und 5.7.2) und die neuere Rechtsentwicklung zu Transparenzgesetzen, Open Data und der Weiterverwendung von Informationen nach der PSI-Richtlinie (vgl. Nrn. 2.1, 2.2 und 3.2) komplett ausgeblendet. Auf die politischen Vorentscheidungen für ein Landesorganisations- (vgl. Nr. 5.4.3) und ein Landes-E-Government-Gesetz (vgl. Nr. 6.4) sowie die geltende Beschlusslage zum Ausbau des Landesportals zu einem Informationsregister (vgl. Nr. 6.2) wäre nicht eingegangen worden. Dies wäre insbesondere auch für die Fachwelt, die eine Auseinandersetzung mit diesen Themen erwartet, nicht nachvollziehbar gewesen. Es ist daher erfreulich, dass sich die Landesregierung, zumal aufgrund meiner intensiven Beratung, doch entschlossen hat, diese Themen im Rahmen der Evaluierung anzusprechen.

Hinzuweisen ist im Übrigen auch darauf, dass die Auswertung der Evaluierungsbögen nur bedingt zu aussagekräftigen Ergebnissen führen wird. Hierfür gibt es zum einen rechtliche, zum anderen aber auch ganz einfache praktische Gründe.

Unter rechtlichen Gesichtspunkten ist darauf hinzuweisen, dass der Evaluierungsbogen keine Angaben zu den behördlichen Veröffentlichungspflichten verlangt und damit das Thema „Open Data“ bewusst ausklammert. Als der Evaluierungsbogen für die Landesverwaltung entwickelt wurde, konnten weder die neuen Transparenzgesetze noch die G8-Open-Data-Charta und die neue Public-Sector-Information-Richtlinie, die den Weg für Open Data in den EU-Mitgliedstaaten ebnet, berücksichtigt werden. Heute würde in einem Evaluierungsbogen angesichts der herausragenden Bedeutung von Open Data auf eine entsprechende Befragung dagegen nicht mehr verzichtet werden.

Unter praktischen Gesichtspunkten kann schon jetzt – ohne Vorgriff auf die Evaluierungsergebnisse – festgestellt werden, dass die vom Ministerium für Inneres und Sport  erhobenen Daten nur bedingt verlässlich sein dürften. Einige öffentliche Stellen haben es mit der Bitte des Ministeriums für Inneres und Sport, den Evaluierungsbogen auszufüllen, offensichtlich nicht so genau genommen. Während z. B. das Jugendamt eines Landkreises akribisch Buch geführt und über 100 Informationszugangsanträge nach dem IZG LSA zu verzeichnen hat, wollen andere Stellen, insbesondere einige Großstädte, nur wenige, zum Teil sogar gar keine Anträge nach dem IZG LSA erhalten haben. Merkwürdig ist nur, dass mir aus diesen Städten konkrete Anträge nach dem IZG LSA als Eingaben vorgelegen haben. Es spricht also vieles dafür, dass es wesentlich mehr Anträge nach dem IZG LSA gegeben hat, die lediglich statistisch nicht erfasst und dem Ministerium somit auch nicht gemeldet wurden. Zusätzlich dürfte es eine hohe Dunkelzahl an Anträgen geben, die in Unkenntnis des Gesetzes in den Behörden nicht als IZG LSA-Anträge erkannt und daher auch nicht registriert wurden. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass ein Landkreis, der dem Ministerium keine Daten gemeldet hat, seinen Bürgerinnen und Bürgern die Existenz des IZG LSA weitgehend verschwiegen hat; dies musste der Landesbeauftragte im Rahmen einer anlassunabhängigen Kontrolle feststellen (vgl. Nr. 10.2).

Gesetzgeberische und politische Vorentscheidungen mit Auswirkung auf die Evaluierung


Es kann ferner nicht außer Acht gelassen werden, dass bereits gesetzgeberische und auch politische Vorentscheidungen gefallen sind, die im Rahmen der Evaluierung berücksichtigt werden müssen, weil sie auch das Informationsfreiheitsrecht betreffen. Auf sie muss daher im Evaluierungsbericht besonders eingegangen werden. Hier ist insbesondere auf folgende Entwicklungen hinzuweisen:

Mit dem Entwurf des Landesorganisationsgesetzes verpflichtet sich der Gesetzgeber in § 3 selbst, gesetzliche Regelungen für E- und Open-Government zu schaffen (vgl. Nr. 5.4.3). Hinreichende E-Government-Regelungen, insbesondere die Einführung der elektronischen Akte, sind eine notwendige Voraussetzung für Open Government, Open Data und den Aufbau eines Informationsregisters. Die Einführung eines Landes-E-Government-Gesetzes wurde in den aktualisierten Umsetzungsplan zur IT-Strategie Sachsen-Anhalt 2020 digital mit Stand Mai 2014 zwar aufgenommen. Die zuständigen Ministerien argumentieren jedoch, dass es sich bei dem Umsetzungsplan nur um ein internes Papier handele, das unverbindlichen Charakter habe und von ihnen jederzeit wieder einseitig geändert werden könne. Dagegen spricht, dass der Umsetzungsplan bisher Teil der IT-Strategie des Landes war und vom Kabinett mitbeschlossen wurde. Könnte der Umsetzungsplan tatsächlich einseitig geändert werden, wäre die Forderung nach einer Neuausrichtung der IT-Strategie des Landes umso wichtiger, da nur mit einer vom Kabinett beschlossenen neuen Strategie die entsprechende Verbindlichkeit gewährleistet wäre.

Es ist auch bereits eine Vorentscheidung für die Einführung der elektronischen Akte in der gesamten Landesverwaltung gefallen. Das Justizministerium hat Anfang 2015 angekündigt, bei der durch das Bundesrecht vorgegebenen Umstellung der Justiz auf den elektronischen Rechtsverkehr auch die elektronische Akte einführen zu wollen. Da die Justiz zukünftig nicht mehr mit der Papier-, sondern nur noch mit der elektronischen Akte arbeiten wird, muss die Landesverwaltung der Justiz notwendigerweise ihre Akten ebenfalls in elektronischer Form, also als elektronische Akte, vorlegen. Es macht keinen Sinn, die Landesverwaltung einen Teil ihrer Akten in Papierform und einen Teil in elektronischer Form führen zu lassen, da prinzipiell jeder Vorgang Gegenstand eines Gerichtsverfahrens werden kann. Die Einführung der elektronischen Akte für die gesamte Landesverwaltung wurde daher ebenfalls in den aktualisierten Umsetzungsplan zur IT-Strategie Sachsen-Anhalt 2020 aufgenommen.

Ebenfalls von der Landesregierung bereits beschlossen ist die Einführung eines Landesinformationsregisters auf der Rechtsgrundlage des § 11 Abs. 3 IZG LSA. Im Masterplan Landesportal 2014-2016 hat die Landesregierung entschieden, dass das Landesportal ab dem 1. Januar 2015 zu einem Informationsregister ausgebaut wird. Der Masterplan definiert das Informationsregister als „ein zentral geführtes, elektronisches, allgemein zugängliches Register, in dem amtliche Informationen nach Maßgabe des IZG LSA bzw. des bereichsspezifischen Informationszugangsrechts veröffentlicht werden.“ Es entspricht damit inhaltlich der Definition des Hamburger Transparenzregisters, ohne dass der sachsen-anhaltische Landesgesetzgeber hier Datenkategorien für die Veröffentlichung von Informationen festgelegt hätte. Das Informationsangebot des Landesportals erfüllt die Anforderungen an ein Register bisher allerdings nicht. § 11 Abs. 3 IZG LSA verlangt die Einstellung von Rohdaten, also der ungefilterten und ausgewerteten Dokumente. Das ist beim Landesportal bisher nicht der Fall. Obwohl das Landesinformationsregister bereits beschlossen wurde, wurde es von den zuständigen Ministerien bisher noch nicht in den Umsetzungsplan zur IT-Strategie Sachsen-Anhalt 2020 aufgenommen. Die Beschlusslage wurde bisher also ignoriert.

Die zukünftige Ausgestaltung des Landesinformationsregisters ist derzeit Gegenstand der Evaluierung des IZG LSA. Eine Weiterentwicklung erscheint möglich, es bestehen aber auf ministerieller Seite vor allem aus zwei Gründen Bedenken, die auch in der politischen Diskussion bereits genannt wurden: Ein Transparenzregister nach dem Vorbild Hamburgs sei bei einem Flächenland wie Sachsen-Anhalt nicht ohne Weiteres möglich. Wegen der zu erwartenden hohen Kosten für die Weiterentwicklung des Informations- zu einem Transparenzregister sei eine Willensbekundung des Parlaments gefragt. Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass mit Rheinland-Pfalz und Thüringen auch weitere Flächenländer Transparenzgesetze mit Transparenzregistern nach dem Vorbild Hamburgs und Bremens bekommen werden.

Bei der Frage nach den Kosten des Aufbaus eines Landesinformationsregisters ist zu berücksichtigen, dass die Einführung der elektronischen Akte in der Landesverwaltung unabhängig von dem Aufbau des Registers erfolgen wird. Liegen aber die Dokumente in Sachsen-Anhalt zukünftig in elektronischer Form vor, werden sich auch die Kosten für den Aufbau und die Wartung eines Informationsregisters deutlich reduzieren. Zu berücksichtigen ist außerdem, dass die Einführung eines Informationsregisters ein erhebliches Wertschöpfungspotential mit sich bringt. Dies hat zuletzt die Landesregierung von Rheinland-Pfalz bei der Veröffentlichung ihres Entwurfs eines Transparenzregisters Rheinland-Pfalz ausdrücklich anerkannt. Dieses Wertschöpfungspotential, das in Sachsen-Anhalt zu einem größeren Wirtschaftswachstum führen kann – das Ministerium für Wissenschaft und Wirtschaft des Landes Sachsen-Anhalt spricht von einem enormen Potential der IT Wirtschaft – wird bisher nicht hinreichend berücksichtigt.

Zudem werden zwingend die Vorgaben des neuen Informationsweiterverwendungsgesetzes, das der Bund kraft seiner Gesetzgebungskompetenz aus dem Recht der Wirtschaft für die Länder und Kommunen mit regelt, beachtet werden müssen (vgl. Nr. 3.2). Das neue Informationsweiterverwendungsgesetz, mit dem die Public-Sector-Information-Richtlinie durch den Bund für alle öffentlichen Stellen in der BRD (also auch für die Landesverwaltung Sachsen-Anhalts) fristgemäß zum Juli 2015 umgesetzt werden soll, bestimmt, dass grundsätzlich jede Information, die dem Informationszugang offen steht, weiterverwendet werden darf. Ein gesondertes Antragsverfahren zur Informationsweiterverwendung entfällt. Es besteht zukünftig eine untrennbare Verknüpfung von Informationszugang und Informationsweiterverwendung. Die Informationen sind, soweit dies ohne unverhältnismäßigen Aufwand möglich ist, in offenen, maschinenlesbaren Formaten zur Verfügung zu stellen. Für die Weiterverwendung dürfen grundsätzlich nur noch die Gebühren, die für die Bereitstellung der Informationen entstehen, erhoben werden.

Die Landesregierung wird die notwendigen Maßnahmen ergreifen müssen, damit sich die Landesverwaltung mit dem Inkrafttreten des neuen IWG auf die neue Rechtslage einstellen kann. Sie wird sich mit dem zu einem Informationsregister ausgebauten Landesportal an der Bund-Länder-Online-Plattform GOV-DATA, die am 1. Januar 2015 als Anwendung des IT-Planungsrats in den Regelbetrieb gegangen ist, beteiligen müssen. Diese Beteiligung ist notwendig geworden, weil das neue Informationsweiterverwendungsgesetz alle öffentlichen Stellen – also auch die Stellen des Landes Sachsen-Anhalt – verpflichtet, veröffentlichungspflichtige Daten i. S. d. § 12 E-Government-Gesetz des Bundes in GOV-DATA einzustellen.

Die Bundesregierung hat in der Digitalen Verwaltung 2020 und dem Nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der G8-Open-Data-Charta u. a. die Einführung einer gesetzlichen Open-Data-Regelung, die Schaffung von Open-Data-Ansprechpartnern in den Behörden, die Einführung der elektronischen Verwaltungsakte angekündigt und eine verstärkte Zusammenarbeit mit den Ländern vorgesehen. Sachsen-Anhalt wird sich diesen auch informationszugangsrechtlich relevanten Entwicklungen auf Bundesebene nicht entziehen können. Sie müssen daher im Rahmen der Evaluierung mit erörtert werden. Es stellt sich verstärkt die Frage nach einer E- und Open-Government-Strategie.

Trotz aller Grundsatzkritik und unabhängig von dem abschließenden Inhalt und der konkreten Ausgestaltung des Evaluierungsberichts gebührt dem Innenministerium schon jetzt ein Lob für die Erstellung eines umfangreichen und aktuellen Evaluierungsberichts. Ohne ein entsprechendes persönliches Engagement wäre dies sicherlich nicht möglich gewesen. Es ist zu hoffen, dass dieser Bericht eine geeignete Diskussionsgrundlage für die Weiterentwicklung des Informationsfreiheitsrechts in Sachsen-Anhalt sein wird.