III. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für die Informationsfreiheit Sachsen-Anhalt
vom 1. Oktober 2012 bis 30. September 2014
3.2 Das neue Informationsweiterverwendungsrecht
Mit dem Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Informationsweiterverwendungsgesetzes (IWG) vom 13. Februar 2015 (BT-Drs. 18/4614) beabsichtigt die Bundesregierung, die geänderte Public-Sector-Richtlinie (2013/37/EG) möglichst fristgemäß (zum 18. Juli 2015) umzusetzen. Das Recht der Weiterverwendung soll an die europarechtlichen Anforderungen angepasst werden (vgl. hierzu Nr. 2.1).
Der Bund nimmt dabei für sich eine konkurrierende Gesetzgebungskompetenz aus dem Recht der Wirtschaft gem. Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG in Anspruch und hält eine bundesgesetzliche Regelung gem. Art. 72 Abs. 2 GG zur Wahrung der Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse für erforderlich. Ohne eine solche könnte es durch unterschiedliche oder fehlende Landesregelungen zu Wettbewerbsverzerrungen kommen, neue Wirtschaftsmodelle gefährdet und Innovationen verhindert werden. Soweit der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht hat, tritt damit eine Sperrwirkung für die Länder ein. Mit dem Inkrafttreten des neuen IWG wird das Recht der Weiterverwendung von Informationen für alle Bundesländer einheitlich geregelt sein und für alle öffentlichen Stellen des Landes Sachsen-Anhalt, insbesondere auch für die Landkreise und Kommunen gelten.
Informationsfreiheitsrechtlich ist das neue IWG unter verschiedenen Gesichtspunkten von elementarer Bedeutung.
Das neue IWG überlässt es den öffentlichen Stellen nicht mehr, ob Informationen des öffentlichen Sektors zur Weiterverwendung zur Verfügung gestellt werden. Vielmehr wird den Stellen die eindeutige Verpflichtung auferlegt, alle Informationen, die nach den nationalen Bestimmungen zugänglich sind und unter den Anwendungsbereich des IWG fallen, auch für die Weiterverwendung bereitzustellen. Dazu wird in einem neuen § 2a IWG der Grundsatz der Weiterverwendung eingeführt. Zukünftig darf jede Information, die einem Informationszugangsanspruch nach den Informationsfreiheitsgesetzen des Bundes oder der Länder unterliegt, weiterverwendet werden. Es wird eine automatische Verknüpfung zwischen dem Recht auf Informationszugang und dem Recht auf Weiterverwendung geschaffen (BT-Drs. 18/4614, S. 13). Neu ist auch, dass zukünftig kein Antrag auf Genehmigung der Weiterverwendung mehr gestellt werden muss. Dementsprechend lässt der Gesetzesentwurf das bisher notwendige Antragsverfahren ersatzlos entfallen.
§ 3 Abs. 2 des Gesetzesentwurfs sieht mit Blick auf Art. 5 der PSI-Richtlinie vor, dass die Informationen vollständig oder in Auszügen elektronisch sowie in offenem und maschinenlesbarem Format zusammen mit den zugehörigen Metadaten zu übermitteln sind, soweit dies möglich und für die öffentliche Stelle mit keinem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden ist. Sowohl die Formate als auch die Metadaten sollten so weit wie möglich anerkannten offenen Standards entsprechen. Das hat natürlich auch Auswirkungen auf die Art des Informationszugangs nach den Informationsfreiheitsgesetzen des Bundes und der Länder. Rein faktisch bedeutet das nämlich, dass es keinen Sinn macht, einem Antragsteller die begehrten Informationen in Papier zukommen zu lassen, wenn er nach dem IWG verlangen kann, dass ihm diese in offenen maschinenlesbaren Formaten zur Verfügung gestellt werden. Faktisch bedeutet das im Übrigen auch, dass der Informationszugang, wenn möglich über das Internet erfolgen soll, da nur so vernünftigerweise Informationen in offenen maschinenlesbaren Formaten zur Verfügung gestellt werden können.
In diesem Zusammenhang ist besonders § 8 des Gesetzesentwurfs bemerkenswert, der das von Bund und Ländern gemeinsam betriebene Open-Data-Portal GOV-DATA stärken soll (vgl. Nr. 3.5). Hat eine Behörde nämlich Daten i. S. d. § 12 Abs. 1 EGovG veröffentlicht, dann sollen diese Daten auch in dem nationalen Datenportal verlinkt werden. Damit hat der Bundesgesetzgeber sozusagen über die Hintertür eine Pflicht der Länder zur Teilnahme an GOV-DATA geschaffen (vgl. Nr. 3.5).
In kostenrechtlicher Hinsicht bestimmt das IWG, dass die öffentlichen Stellen grundsätzlich Entgelte für die Weiterverwendung von Informationen erheben dürfen, diese aber auf die Kosten beschränkt sind, die durch die Reproduktion, Bereitstellung und Weiterverbreitung verursacht werden. Ausnahmen sind möglich. Da die öffentlichen Stellen nach der PSI-Richtlinie bzw. nach dem IWG verpflichtet sind, ihre Informationen in offenen maschinenlesbaren Formaten im Internet zur Verfügung zu stellen, bedeutet dies, dass zukünftig ein Großteil der Verwaltungsdaten im Internet unentgeltlich zum Abruf zur Verfügung stehen wird. Antragsteller, die Informationen über einen Individualantrag nach den Informationsfreiheitsgesetzen des Bundes und der Länder begehren und erhalten, werden daher benachteiligt, da sie mitunter nicht unerhebliche Gebühren entrichten müssen. Auch aus diesem Grund halte ich eine Reform des Gebührenrechts für das IZG LSA nach wie vor für dringend erforderlich.