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III. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für die Informationsfreiheit Sachsen-Anhalt
vom 1. Oktober 2012 bis 30. September 2014

2.1 Die neue Public-Sector-Information-Richtlinie

In meinem II. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit (Nr. 2.3) hatte ich bereits darauf hingewiesen, dass die EU eine auch für Sachsen-Anhalt bedeutsame Änderung des Rechts auf Weiterverwendung von Informationen im öffentlichen Sektor plant. Dieses war bisher in Deutschland im Informationsweiterverwendungsgesetz (IWG) geregelt (vgl. Nr. 3.2).

Die wichtigste Änderung der neuen Public-Sector-Information-Richtlinie (PSI-Richtlinie) in ihrer Fassung vom 26. Juni 2013 liegt nach einer Presseerklärung des Bundeswirtschaftsministeriums vom 26. Mai 2014 darin, „dass es die Änderungsrichtlinie nunmehr den Mitgliedstaaten bzw. den öffentlichen Stellen nicht mehr überlässt, ob Informationen des öffentlichen Sektors zur Weiterverwendung zur Verfügung gestellt werden. Vielmehr wird den Mitgliedstaaten die eindeutige Verpflichtung auferlegt, alle Informationen, die nach den nationalen Bestimmungen zugänglich sind und unter den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen, auch für die Weiterverwendung bereitzustellen“ (Presseerklärung vom 26. Mai 2014, Open Data: Informationen des öffentlichen Sektors für die digitale Wirtschaft nutzen).

Diese Aussage findet sich ausdrücklich in Erwägungsgrund 8 der Richtlinie. Ein Kernpunkt der Richtlinie ist Art. 5, der die öffentlichen Stellen seinem Wortlaut nach grundsätzlich verpflichtet, alle bei ihnen vorhandenen Informationen medienbruchfrei in offenen, maschinenlesbaren Formaten zur Verfügung zu stellen, sofern dies sinnvoll und möglich ist. Insofern bemerkenswert ist hierzu folgende Aussage des Bundeswirtschaftsministeriums: „Idealerweise ermöglichen die öffentlichen Stellen die Weiterverwendung ohne nennenswerten Verwaltungsaufwand aus eigener Veranlassung, indem sie die vom IWG erfassten Informationen etwa auf einem Internetportal bereitstellen.“ (Presseerklärung vom 26. Mai 2014, s. o.).

Ziel der PSI-Richtlinie ist es, durch die – vornehmlich digitale – Nutzung von Inhalten neue Arbeitsplätze und Werte zu schaffen. Eine europaweite Studie hält bis zum Jahr 2020 ein BIP-Wachstum innerhalb der EU in Höhe von 206 Milliarden Euro für möglich. Diese Summe entspricht dem EU-Wirtschaftswachstum eines kompletten Jahres.

Vor diesem Hintergrund würde es eigentlich nahe liegen, Sachsen-Anhalt von dieser Entwicklung profitieren zu lassen. Insbesondere der im Masterplan Landesportal von der Landesregierung beschlossene Ausbau des Portals zu einem Informationsregister müsste konsequent vorangetrieben werden. Doch die dafür zuständigen Ministerien, insbesondere das Finanz- und das Innenministerium, bremsten gewaltig (vgl. Nr. 6.4).

Da die Public-Sector-Information-Richtlinie für alle öffentliche Stellen gilt, werden von ihr insbesondere auch die Kommunen erfasst. Ob auf die Kommunen tatsächlich Mehrbelastungen zukommen, wenn sie, wie von der Richtlinie idealerweise vorgesehen, für die Bürgerinnen und Bürger Informationen im Internet zur Verfügung stellen, lässt sich noch nicht absehen.

Im Rahmen der Gespräche zur Evaluierung des IZG LSA (vgl. Nr. 7.2) haben die kommunalen Spitzenverbände auf Arbeitsebene darauf hingewiesen, dass nach ihrer Auffassung das Konnexitätsprinzip greife, sodass für Mehrbelastungen der Träger der kommunalen Selbstverwaltung ein finanzieller Ausgleich zu schaffen sei. Dass das Konnexitätsprinzip einschlägig ist, darf jedoch bezweifelt werden. Der sächsische Gesetzgeber hat auch mit Blick auf die Open-Data-Regelungen im sächsischen E Government-Gesetz darauf hingewiesen, dass das Konnexitätsprinzip nämlich dann nicht greift, wenn Maßnahmen durch Europa- oder Bundesrecht vorgeprägt werden (Drucksache des Sächsischen Landtags Nr. 5/13651, S. 27). Auch löse das Konnexitätsprinzip Ausgleichspflichten nur für wesentliche Änderungen von den den Vollzug prägenden Anforderungen an die Aufgabenerfüllung bzw. von Anforderungen mit einem spezifischen Bezug zu der betreffenden kommunalen Aufgabenerfüllung aus. Nicht hiervor erfasst werden danach solche Verpflichtungen, die allgemein, insbesondere auch für andere staatliche Organisationseinheiten, gelten. Da es sich inhaltlich um vorgegebene europäische Regelungen handelt, die für alle Organisationseinheiten und nicht nur für die Kommunen gelten, dürfte das Konnexitätsprinzip folglich nicht tangiert sein. Mit dieser Argumentation hat zuletzt auch der nordrhein-westfälische Verfassungsgerichtshof eine kommunale Musterklage abgewiesen. Danach ist eine Veränderung bestehender Aufgaben nur dann konnexitätsrelevant, wenn sie durch ein Landesgesetz oder eine Landesrechtsverordnung verursacht worden ist. Das ist bei einer Aufgabenveränderung durch Bundesrecht nicht der Fall (NWVerfGH, Urteil vom 9. Dezember 2014, NVwZ 2015, 368).

Die Mitgliedstaaten der EU sind verpflichtet, bis spätestens zum 18. Juli 2015 die erforderlichen Regelungen und Verwaltungsvorschriften zur Umsetzung der Richtlinie zu erlassen und diese der EU zu melden.

In Deutschland soll die Umsetzung der PSI-Richtlinie auf Bundesebene durch eine Änderung des IWG erfolgen (vgl. den gesonderten Beitrag unter Nr. 3.2). Soweit die technischen Voraussetzungen für die Zurverfügungstellung von Informationen in offenen maschinenlesbaren Formaten zu schaffen sind, sind die Länder in die Pflicht genommen.