III. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für die Informationsfreiheit Sachsen-Anhalt
vom 1. Oktober 2012 bis 30. September 2014
6.2 Der Masterplan Landesportal 2014 bis 2016 – Informationsregister
Die Landesregierung hat in ihrer Kabinettssitzung am 15. April 2014 mit dem Masterplan Landesportal 2014-2016 beschlossen, das Landesportal zu einem Informationsregister weiterzuentwickeln. Ab dem Jahr 2015 soll mit dem Landesportal ein Informationsregister aufgebaut werden, in dem amtliche Informationen nach Maßgabe des IZG LSA bzw. des bereichsspezifischen Informationszugangsrechts veröffentlicht werden.
Das Landesportal soll damit eine Bündelungsfunktion für alle wichtigen und vertrauenswürdigen Informationen und Dienstleistungen für Bürgerinnen und Bürger sowie der Wirtschaft bekommen. Es soll folgerichtig auch seinen Beitrag zum Aufbau einer bundesweiten Open Data Plattform leisten und dabei Daten und Dienste mobil bereitstellen, um eine zu entwickelnde Open-Government-Strategie des Landes abbilden zu können. Hierbei werden auch die Anforderungen des Informationszugangsgesetzes berücksichtigt. Federführend zuständig ist das Finanzministerium, neben der Staatskanzlei und dem Ministerium für Inneres und Sport.
Nachdem sich Sachsen-Anhalt entschieden hat, IT-Dienstleistungen grundsätzlich von dem zentralen IT-Dienstleister Dataport erbringen zu lassen, stellt sich ferner die Frage, ob es schon konkrete Überlegungen gibt, das Informationsregister von diesem betreuen zu lassen.
In meinem II. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit hatte ich empfohlen, ein Informationsregister gesetzlich zu regeln (vgl. Nr. 9.4 des II. Tätigkeitsberichts), auch da öffentliche Stellen des Landes Sachsen-Anhalt bereits jetzt nach § 11 Abs. 3 IZG LSA verpflichtet sind, geeignete Informationen im Internet zu veröffentlichen. Dies erfolgt derzeit jedoch dezentral auf den Homepages der jeweiligen öffentlichen Stellen, sodass die Bürgerinnen und Bürger mühsam die von ihnen begehrten Informationen bei den verschiedenen Stellen ausfindig machen müssen. Es lässt sich kein vernünftiger Grund erkennen, warum diese Daten – die nach der geltenden Rechtslage ohnehin veröffentlicht werden müssen – den Bürgerinnen und Bürgern nicht auch zentral in einem Informationsregister zur Verfügung gestellt werden können.
In ihrer Stellungnahme vom 18. Oktober 2013 zu meinem II. Tätigkeitsbericht hat die Landesregierung die Auffassung vertreten, dass eine gesetzliche Regelung des Informationsregisters nicht zwingend erforderlich sei. § 11 Abs. 3 IZG LSA reiche als Rechtsgrundlage prinzipiell aus (LT-Drs. 6/2522, zu 4.2.2, S. 14). Nach der in § 11 Abs. 3 IZG LSA geregelten Open-Data-Klausel sollen die in § 1 Abs. 1 IZG LSA informationszugangspflichtige Stellen nicht nur Organigramme, Akten- und Geschäftsverteilungspläne, sondern auch „andere geeignete Informationen in elektronischer Form allgemein zugänglich machen.“
Die bisher geltende Open-Data-Regelung des § 11 Abs. 3 IZG LSA dürfte allerdings als Rechtsgrundlage für ein Informationsregister nicht vollständig ausreichend sein. Mit ihr wird nämlich kein Register geregelt. Die Norm geht vielmehr davon aus, dass die Behörden die Informationen dezentral auf ihrer eigenen Homepage veröffentlichen können. Es ist zudem nicht verbindlich geregelt, welche Informationen veröffentlicht werden müssen. Dementsprechend ist die in Sachsen-Anhalt bisher ohnehin restriktiv gehandhabte Veröffentlichungspraxis uneinheitlich. Es sind also durchaus Konstellationen denkbar, in denen ein Bürger bei einer Behörde eine Information über das Internet erhält, während er bei einer anderen Behörde für den Zugang zu derselben Information einen mit Kosten verbundenen Antrag stellen muss.
Die Konferenz der Informationsfreiheitsbeauftragten des Bundes und der Länder hat daher in ihrem Positionspapier zu Open Data vom 27. November 2013 vorgeschlagen, die Informationsregister ausdrücklich gesetzlich zu regeln und die Kategorien von Dokumenten, die zu veröffentlichen sind, in den Informationsfreiheitsgesetzen zu benennen (siehe Anlage 5). Soweit einer Veröffentlichung keine Ausschlussgründe entgegenstehen, könnte man z. B. an die Veröffentlichung von Kabinettsbeschlüssen, Verträge der öffentlichen Hand insbesondere auch zur Daseinsvorsorge, amtliche Gutachten z. B. von Sachverständigen, Stellungnahmen des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes, Prüfungen von Aufsichtsbehörden, Prüfberichte des Landesrechnungshofs, amtliche Statistiken, Verwaltungsvorschriften, Unterlagen, Protokolle und Beschlüsse öffentlicher Sitzungen sowie andere Informationen von öffentlichem Interesse denken, um nur einige Beispiele zu nennen.
Die Forderungen der Konferenz scheinen zumindest auf Bundesebene Gehör zu finden. Die Bundesregierung hat im Nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der G8-Open-Data-Charta angekündigt, eine Open-Data-Regelung schaffen zu wollen, „mit der die Veröffentlichung von Verwaltungsdaten mit einheitlichen Beschreibungen, in maschinenlesbaren Formaten und unter Verwendung offener Lizenzen oder anderer einschlägiger Instrumente zum Grundsatz erklärt wird.“
Auf Bundesebene wird also eine gesetzliche Open-Data-Regelung kommen. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang übrigens auch darauf, dass mit Thüringen und zukünftig auch Rheinland-Pfalz sog. Flächenländer ein Informations- bzw. Transparenzregister besitzen werden. Das Argument, dass nur in Stadtstaaten ein Informationsregister realisierbar ist, dürfte damit nicht mehr aufrecht zu erhalten sein.
Mit dem im April 2014, also 6 Monate nach ihrer Stellungnahme zu meinem II. Tätigkeitsbericht beschlossenen Masterplan hat die Landesregierung nun einen allerersten Schritt in die richtige Richtung gemacht. Der Masterplan Landesportal enthält nämlich für Sachsen-Anhalt eine Definition des Informationsregisters, die inhaltlich weitgehend der Definition des Hamburger Transparenzregisters entspricht. Während der Masterplan unter einem Informationsregister
„ein zentral geführtes, elektronisches, allgemein zugängliches Register, in dem amtliche Informationen nach Maßgabe des IZG LSA bzw. des bereichsspezifischen Informationszugangsrechts veröffentlicht werden“
versteht, definiert das Hamburger Transparenzgesetz in § 3 Absatz 6 das Informationsregister als
„ein zentral zu führendes, elektronisches und allgemein zugängliches Register, das alle nach diesem Gesetz veröffentlichten Informationen enthält“.
Allerdings ersetzt ein Kabinettsbeschluss nicht eine fehlende gesetzliche Regelung. Im Vergleich zur Rechtslage in Hamburg oder im Bund fehlt nicht nur die Festlegung von zu veröffentlichenden Datenkategorien, sondern auch Pflicht, die Informationen europarechtskonform in öffentlichen maschinenlesbaren Formaten zur Weiterverwendung zur Verfügung zu stellen. Der anonyme und kostenlose Zugang zu dem Informationsregister ist ebenfalls nicht geregelt.
Klar sollte damit aber auch sein, dass ein Informations- oder Transparenzregister eine Datenbank sein muss, mit der den Bürgerinnen und Bürger sowie der Wirtschaft Zugriff auf die Rohdaten gewährt wird. Das ergibt sich im Grunde schon aus dem Open-Data-Begriff. So definiert der Nationale Aktionsplan der Bundesregierung zur Umsetzung der G8-Open-Data-Charta Open Data als „bestehende Datenbestände, die in der Regel in Form von Rohdaten zur Nutzung, insbesondere zur Weiterverwendung und Weiterverbreitung, öffentlich bereitgestellt werden“. Das bedeutet auch, dass in diese Datenbank die nach dem IZG LSA zugänglichen Informationen gehören, an deren Informationszugang die Öffentlichkeit ein Interesse hat, auch wenn ihre Veröffentlichung für die Landesregierung oder die Ministerialverwaltung möglicherweise unangenehm sein sollte. Bereits auf der jetzigen Rechtsgrundlage des § 11 Abs. 3 IZG LSA hat es die veröffentlichungspflichtige Stelle nicht in der Hand, der Öffentlichkeit vermeintlich unangenehme Informationen vorzuenthalten. Ein Informationsregister darf daher seinem Sinn und Zweck nach nicht von der jeweiligen Landesregierung zur Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zweckentfremdet werden. Im Rahmen der Evaluierung des IZG LSA sehe ich derzeit die Gefahr, dass der Aspekt der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit übergewichtet wird, während der eigentliche Sinn und Zweck, nämlich die eigenbestimmte Informationsgewinnung der Bürgerinnen und Bürger ohne Notwendigkeit eines individuellen Antrags, in den Hintergrund tritt.
Erforderlich wird auch sein, dass die Bürgerinnen und Bürger sowie die Wirtschaft mit Hilfe einer erweiterten Index- und Volltextsuche die sie interessierenden amtlichen Dokumente finden und maschinell auswerten können. Der von der EU kommende Ansatz, der Wirtschaft die Datenbestände der Verwaltung zur Entwicklung neuer Wirtschaftsmodelle zu öffnen, basiert gerade auf dem Umstand, dass die Daten maschinell ausgewertet werden können. Ein Landesportal, in dem Daten über Link-Listen zum Abruf bereitgehalten werden – wie es derzeit auch angedacht ist – würde dieses Ziel daher nicht erreichen. Mit Blick auf die bezweckte Förderung von Innovationen in der Wirtschaft bedeutet das auch, dass der Wirtschaft über ein Landesportal möglichst alle Informationen, die keinem Ausschlussgrund i. S. d. IZG LSA unterliegen, zur Verfügung gestellt werden müssen. Das gilt insbesondere auch für Informationen, die sich bei den Kommunen befinden.
In ihrer Stellungnahme zu meinem II. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit hat die Landesregierung mit Blick auf das Konnexitätsprinzip Zweifel geäußert, ob sich dies ohne Weiteres realisieren ließe (LT-Drs. 6/2522 zu 4.2.2.).
Ob das Konnexitätsprinzip eingreift, ist jedoch fraglich. Die Veröffentlichungspflicht aus § 11 Abs. 3 IZG LSA erfasst nämlich nicht nur alle Behörden des Landes, sondern ausdrücklich auch die Kommunen und Gemeindeverbände, da diese in § 1 Abs. 1 IZG LSA ausdrücklich als Adressaten des Gesetzes genannt werden. Mit einem Informationsregister werden daher für sie keine neuen Aufgaben i. S. d. Art. 87 LV geschaffen, sondern lediglich bereits bestehende Aufgaben konkretisiert. Da sich zudem aus der Public-Sector-Richtlinie der EU sowie aus dem E-Government-Gesetz des Bundes für die Kommunen und Gemeindeverbände auch ganz allgemein die Verpflichtung ergibt, wie für jede andere Behörde auch, Informationen über das Internet in offenen maschinenlesbaren Formaten zur Verfügung zu stellen, dürfte das Konnexitätsprinzip auch mangels einer besonderen Übertragung von Aufgaben auf die Kommunen nicht zur Anwendung kommen (vgl. auch Nr. 2.1).