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IV. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für die Informations­freiheit Sachsen-Anhalt vom 1. Oktober 2014 bis 30. September 2016

16.2 Kein Zugang zu nicht vorhandenen Informationen – Umgang mit Verstößen gegen eine ordnungsgemäße Aktenführung

In der Praxis häufen sich die Fälle, dass sich Petenten an mich wenden, weil ihre Informationszugangsbegehren mit der Argumentation abgelehnt werden, dass die von ihnen begehrten Informationen bei der öffentlichen Stelle nicht vorhanden seien (vgl. auch Nr. 15.2 und 16.12 dieses Berichts).

Es gibt zahlreiche Gründe, warum eine Information nicht vorhanden sein kann. Dass eine Information schlichtweg nicht da ist, bedeutet nicht automatisch, dass eine Behörde die Existenz einer begehrten Information vorsätzlich verschweigt oder sie nach der Anfrage heimlich aus den Akten genommen hat, wie viele Petenten meinen. Dass eine Information nicht vorhanden ist, kann nämlich auch darauf beruhen, dass die angefragte Stelle sie, anders als der Petent vermutet, gar nicht zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt, sie also nicht erhoben wurde oder keine Bedeutung besitzt und daher nicht zu den Akten genommen wurde.

Es gibt aber auch Fälle, in denen ein Petent substantiiert vortragen kann, dass eine Information vorhanden sein müsste. Das gilt etwa dann, wenn die Information kraft Gesetzes hätte geschaffen und veröffentlicht werden müssen (vgl. Nr. 16.12) oder sie so wesentlich ist, dass sie zu den Akten hätte genommen werden müssen. Und auch dann, wenn sich aus den bereits vorliegenden Unterlagen ergibt, dass sich die Behörde geirrt haben muss (vgl. Nr. 15.2 dieses Berichts).

In diesen Konstellationen kann ich allerdings nur bedingt helfen. Ist eine Information bei einer Behörde nicht vorhanden, läuft der Informationszugangsanspruch regelmäßig ins Leere (vgl. schon Nr. 4.2.2 des I. Tätigkeitsberichts zur Informationsfreiheit). Der Antrag darf also abgelehnt werden. Das gilt sogar auch dann, wenn sich die begehrte Information zu Unrecht nicht in der Akte befindet, weil die Behörde gegen geltendes Recht, z. B. gegen die Aktenordnung des Landes Sachsen-Anhalt, verstoßen hat (vgl. auch Nr. 7.4 des II. Tätigkeitsberichts zur Informationsfreiheit). Eine Informationsgenerierungspflicht besteht nach dem IZG LSA nicht (vgl. hierzu schon Nr. 4.2.4 des I. Tätigkeitsberichts zur Informationsfreiheit).

Dementsprechend gibt mir das IZG LSA keinerlei Befugnisse, die Generierung einer Information herbeizuführen. In Fällen, in denen Verstöße gegen die Aktenordnung gerügt werden, kann ich daher einem Petenten nur raten, sich an die zuständige Aufsichtsbehörde mit der Bitte um Generierung des fehlenden Dokuments zu wenden. Gerade im kommunalen Bereich, wo diese Rüge besonders häufig vorgetragen wird, ist daher die Kommunalaufsicht der richtige Ansprechpartner.

Durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 20. Juni 2017 (Az.: 1 BvR 1978/13; vgl. Nr. 4.5 dieses Berichts) ist die Thematik noch durch eine besondere Konstellation bereichert worden: Es gibt Sachverhalte in Behörden, bei denen diese ihre Akten privaten Archiven überlassen (z. B. Stiftungen) und dann einen Informationszugangsanspruch ablehnen. Das scheint zunächst überzeugend, denn die begehrten Informationen sind nicht bei der Behörde vorhanden. Doch hat das Bundesverfassungsgericht aus dem grundrechtlich geschützten Informationsfreiheitsrecht einen Wiederbeschaffungsanspruch in Bezug auf die abgegebenen Akten in Betracht gezogen.