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IV. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für die Informations­freiheit Sachsen-Anhalt vom 1. Oktober 2014 bis 30. September 2016

4.5 Neue Rechtsprechung zur verfassungsrechtlichen Grundlage des Informationszugangsanspruchs

In meinen Tätigkeitsberichten zur Informationsfreiheit hatte ich an den verschiedensten Stellen darauf hingewiesen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in Art. 5 Abs. 1 Satz 1, Halbsatz 2 GG die verfassungsrechtliche Grundlage des Rechts auf Informationsfreiheit zu sehen sei; dieses Grundrecht müsse durch einfachgesetzliche normierte Zugangsansprüche aktiviert werden (I. Tätigkeitsbericht Nrn. 2.1 und 2.1.1, II. Tätigkeitsbericht Nr. 3.1).

Trotz dieser verfassungsrechtlichen Ableitung kam das Bundesverwaltungsgericht in einigen Entscheidungen – überraschend – zu dem Ergebnis, dass die vom Informationsfreiheitsgesetz vermittelten Zugangsansprüche nicht grundrechtlich fundiert seien, weil sie lediglich eine rechtspolitische Entscheidung des Gesetzgebers umsetzen würden (vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Februar 2013 - 6 A 2.12 - BVerwGE 146, 56 Rn. 28 und vom 25. März 2015 - 6 C 12.14 - BVerwGE 151, 348 Rn. 29). Aus dieser Rechtsprechung hätte man den Schluss ziehen können, dass das Informationsinteresse grundrechtlich schwächer geschützt sei und somit hinter anderen grundrechtlich fundierten Belangen zurücktreten müsse.

Das Bundesverfassungsgericht hat nun in einer aktuellen Entscheidung die verfassungsrechtliche Grundlage des Informationszugangsanspruches noch einmal präzisiert: Wenn § 1 Abs. 1 IFG den geltend gemachten Anspruch auf Zugangsverschaffung zu den begehrten Informationen deckt, steht dieser Informationszugang, so das Bundesverfassungsgericht, unter dem Schutz von Art. 5 Abs. 1 GG. Sofern sich nach fachgerichtlicher Auslegung ergibt, dass vom Grundsatz her ein Aktenzugang nach § 1 Abs. 1 IFG eröffnet ist, bedarf es für die weiteren Voraussetzungen und Maßgaben des entsprechenden Anspruchs einer Auslegung der maßgeblichen Vorschriften des Informationsfreiheitsgesetzes im Lichte der grundrechtlich gewährleisteten Informationsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG. Dabei ist der Bedeutung der allgemeinen Zugänglichkeit der Quellen das ihr für die Freiheitswahrnehmung des Einzelnen ebenso wie für die Kommunikation im demokratischen Verfassungsstaat zukommende Gewicht beizumessen und mit entgegenstehenden Belangen in einen vertretbaren Ausgleich zu bringen (BVerfG, Beschluss vom 20. Juni 2017, Az.: 1 BvR 1978/13, Rn. 33).

Nach dieser Entscheidung ist fraglich, ob die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, das den Informationszugangsanspruch nicht als grundrechtlich fundiert ansieht, so noch aufrechterhalten werden kann.