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V. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für die Informations­freiheit Sachsen-Anhalt vom 1. Oktober 2016 bis 30. September 2018

8.1 Vollzugsdefizite bei Veröffentlichungspflichten

Ein Dauerthema in meinen Tätigkeitsberichten sind die Vollzugsdefizite bei den Veröffentlichungspflichten der öffentlichen Stellen.
 
Gem. § 11 Abs. 3 IZG LSA sollen die in § 1 Abs. 1 Satz 1 IZG LSA genannten Stellen, also vor allem die Behörden des Landes, der Gemeinden, Verbandsgemeinden und der Landkreise, geeignete amtliche Informationen in elektronischer Form allgemein zugänglich machen. Es handelt sich bei § 11 Abs. 3 IZG LSA um eine Open-Data-Klausel, die die Veröffentlichung amtlicher Informationen im Internet auf der Homepage der jeweiligen Stelle und nicht im Informationsregister des Landes meint.
 
Voraussetzung für die Veröffentlichung ist, dass die Information nach Maßgabe des IZG LSA veröffentlichungsfähig ist. Einer Veröffentlichung dürfen also keine Ausschlussgründe des Gesetzes entgegenstehen. Die Verfahrensakte eines Betroffenen wird also wegen des regelmäßig entgegenstehenden Schutzes personenbezogener Daten nicht veröffentlicht werden können.
 
Für die Veröffentlichung geeignet ist eine Information regelmäßig dann, wenn von einem Informationsinteresse der Bürgerinnen und Bürger auszugehen ist. Hierbei wird den Behörden eine gewisse Einschätzungsprärogative zugestanden. Ist allerdings eine Behörde zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Information für die Veröffentlichung geeignet ist, dann soll sie die Information auch veröffentlichen. Sie hat also hinsichtlich der Veröffentlichung kein Ermessen, sondern ist im Regelfall zur Veröffentlichung verpflichtet und kann nur in Ausnahmefällen von einer solchen absehen (Schoch, IFG, 2. Aufl. 2016, § 11 Rn. 62 zum korrespondierenden Bundesrecht). Veröffentlicht werden kann damit alles, was Gegenstand öffentlichen Interesses ist. Das kann vom Kabinettsbeschluss der Landesregierung, den Prüfberichten des Landesrechnungshofs bis hin zu Unterlagen auf kommunaler Ebene, wie z. B. der Bewerbung zur Kulturhauptstadt Europas, gehen, um nur einige Beispiele zu nennen.
 
Die Open-Data-Klausel in § 11 Abs. 3 IZG LSA gilt seit dem Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Oktober 2008. Der Gesetzgeber hat also von Anfang an die rechtlichen Grundlagen dafür geschaffen, dass die öffentlichen Stellen möglichst viele Informationen, die von öffentlichem Interesse sind, auf ihrer Homepage zum Abruf zur Verfügung stellen können und müssen.
 
In der Praxis zeigt sich jedoch, dass die öffentlichen Stellen ihren Veröffentlichungspflichten weitgehend nicht nachkommen. Ausnahmen gibt es im Bereich der Geodaten (allerdings über spezifische Portale) und der Ratsinformationen. Viele Behörden machen aber Öffentlichkeitsarbeit in Form von Pressemitteilungen, Flyern und Broschüren, veröffentlichen aber eben keine Informationen als Quelldokumente oder Rohdaten. Die Bürgerinnen und Bürger können die Pressemitteilung zu einem Vertrag oder einem Gutachten lesen, nicht aber den Vertrag oder das Gutachten selbst. Ich habe dies in meinen vorhergehenden vier Tätigkeitsberichten schon bei meinen anlassunabhängigen Routinekontrollen festgestellt und gerügt (vgl. Nr. 15.2 des IV., Nr. 10.2 des III., Nr. 8.2 des II. und Nr. 6.2 des I. Tätigkeitsberichts). Auch in diesem Tätigkeitsbericht finden sich wieder Beispiele, in denen die öffentlichen Stellen die in Frage stehenden Informationen auch von sich aus hätten veröffentlichen können, dies aber nicht getan haben (vgl. Nrn. 13.8 und 13.10). In der Praxis bestehen daher erhebliche Vollzugsdefizite.
 
Diese Erkenntnis ist vor allem deswegen wichtig, weil bei der Einführung des Informationsregisters eine besondere Rücksicht auf die mittelbare Landesverwaltung genommen wurde (vgl. auch Nr. 7.4). Dies gilt insbesondere für die Gemeinden, Verbandsgemeinden und Landkreise, die ihre Informationen im Informationsregister veröffentlichen dürfen, dazu aber nicht verpflichtet sind, vgl. § 11a Abs. 1 Satz 4 IZG LSA. Sie hatten damit argumentiert, dass ihnen für das Einstellen ihrer Informationen in das Informationsregister Mehrkosten entstehen.
 
Diese Argumentation ist aber nur bedingt richtig, wie das folgende Beispiel zeigt: Die Veröffentlichung von Informationen im Informationsregister im Landesportal setzt zunächst einen Zugang zum Redaktionsportal voraus. Die Veröffentlichung einer Information erfolgt durch den zuständigen Redakteur. Dieser kann eine Information, die auf der Homepage seiner Stelle bereits veröffentlicht ist, durch die Betätigung eines Buttons „IZG-geeignet“ zur Veröffentlichung im Informationsregister freigeben. Die Information liegt also weiterhin auf der Homepage der öffentlichen Stellen. Der Nutzer des Informationsregisters im Landesportal öffnet lediglich einen Link auf die Homepage, der es ihm erlaubt, die Information einzusehen. Wären also die öffentlichen Stellen in den letzten 11 Jahren ihren gesetzlichen Veröffentlichungspflichten aus § 11 Abs. 3 IZG LSA bereits regelmäßig nachgekommen, würden sich alle möglichen veröffentlichungsfähigen Informationen bereits auf ihrer Homepage befinden. Der echte Mehraufwand, der für sie entsteht, würde lediglich in der Betätigung eines Buttons „IZG-geeignet“ zur Verlinkung der Informationen in das Informationsregister bestehen.
 
Wenn Kommunen beklagen, dass sie durch die Einführung des Informationsregisters erstmals prüfen müssten, ob eine Information veröffentlicht werden könne und ihr durch diese Prüfung ein Mehraufwand entstehe, so zeigt dies eigentlich nur, dass § 11 Abs. 3 IZG LSA in der Praxis bisher nicht zutreffend angewandt wurde.
 
Interessanterweise wurde diese Debatte auch kürzlich in Thüringen im Zusammenhang mit der Einführung eines Transparenzregisters geführt. Auch hier haben Stellen der mittelbaren Landesverwaltung im Rahmen der Anhörung wegen des mit der Veröffentlichung vermeintlich für sie entstehenden Mehraufwandes Ausnahmen für sich reklamiert. Bei der sich anschließenden Befragung mussten sie jedoch einräumen, dass die Veröffentlichung von Informationen im Transparenzregister in Wahrheit keinen Mehraufwand begründet und sie lediglich ihren bereits bestehenden Veröffentlichungspflichten nicht nachgekommen waren (Ergebnisprotokoll der öffentlichen Anhörung des Innen- und Kommunalausschusses des Landtages von Thüringen der 21. Sitzung am 2. Mai 2019, InnKA Ausschussprotokoll 06/71).
 
Die Vollzugsdefizite sind m. E. auch nur ein weiterer Beleg dafür, wie wichtig die Schaffung einer Open-Data-Strategie (einschließlich eines Open-Data-Aktionsplans) für Sachsen-Anhalt wäre.