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V. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für die Informations­freiheit Sachsen-Anhalt vom 1. Oktober 2016 bis 30. September 2018

7.4 Das Gesetz zur Änderung des IZG LSA von 2019 – ein Zwischenschritt auf dem Weg zu einem Transparenzgesetz

Ich habe seit Jahren den Handlungsbedarf für die Einführung eines Landesinformationsregisters betont (vgl. auch Kap. 8 des IV. Tätigkeitsberichts). Der Landtag hatte in seinem Beschluss vom 4. Mai 2017 zu meinem III. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit die Landesregierung gebeten, die vom Land Sachsen-Anhalt auf verschiedene Weise digital bereitgestellten Informationen bis zum 31. Dezember 2018 im Landesportal an einer zentralen Stelle als Landesinformationsregister öffentlich zugänglich zu machen (LT-Drs. 7/1363). Als Kernbereiche für ein zukünftig aufzubauendes Informationsregister wurden beispielhaft verschiedene Informationen, wie Gesetze, amtliche Statistiken oder Gutachten und Studien genannt. Das Register sollte also offen sein und um zusätzliche Datenkategorien erweitert werden können.
 
In ihrer Beschlussrealisierung vom 19. Juli 2017 hatte die Landesregierung angekündigt, das Informationsregister in einem Gesetz zur Fortentwicklung des IZG LSA regeln zu wollen (LT-Drs. 7/1671), und mitgeteilt, dass sie beabsichtige, die Daten bis zum 31. Dezember 2018 zugänglich zu machen. Die Verantwortung für den technischen Aufbau des Informationsregisters trage das Ministerium der Finanzen, die rechtlichen Grundlagen erarbeite das Ministerium für Inneres und Sport, die Staatskanzlei und Ministerium für Kultur koordiniere im Rahmen der Portalleitung die redaktionelle Umsetzung. 
 
Gesetzentwurf
 
Lange passierte nichts, so dass bereits absehbar war, dass der Stichtag für die Inbetriebnahme des Informationsregisters zum 31. Dezember 2018 nicht zu halten sein würde. Erst im August 2018 hat mir das Ministerium für Inneres und Sport einen Referentenentwurf zur Änderung des IZG LSA zur Stellungnahme übersandt, mit dem der o. a. Landtagesbeschluss umgesetzt und ein Informationsregister in das Landesrecht aufgenommen werden sollte. Der Entwurf beschränkte sich allerdings auf minimale Überarbeitungen des derzeit geltenden Rechts und sah nur ein schmales Informationsregister vor. Die im Landtagsbeschluss genannten Datenkategorien wurden zwar in den Katalog der veröffentlichungspflichtigen Informationen des Registers übernommen. Dieser war aber im Gegensatz zur Maßgabe im Landtagsbeschluss als abschließende Auflistung vorgesehen. Von der Veröffentlichungspflicht war auch nur die unmittelbare Landesverwaltung erfasst. Für weitere relevante öffentliche Stellen, wie z. B. die Gemeinden und Landkreise oder die Landtagsverwaltung, galt die Veröffentlichungspflicht im Register nicht. Ein kleiner Lichtblick des Entwurfs war lediglich, dass die Gemeinden und Landkreise keine Kosten festsetzen dürfen, wenn diese bei Informationszugangsanträgen unter einen Verwaltungsaufwand von 50 Euro liegen. Ich hatte insgesamt keine echte Reform des IZG LSA erkennen können und schon im Vorfeld ganz erheblichen Verbesserungsbedarf geltend macht.
 
Am 19. September 2018 hat die Landesregierung den Gesetzentwurf zur Änderung des IZG LSA in den Landtag eingebracht (LT-Drs. 7/3382), der nahezu unverändert dem Referentenentwurf entsprach. Auf meine Kritik hat die Landesregierung nicht mit einer Verbesserung des Entwurfs reagiert, sondern erklärt, dass dieser lediglich einen Zwischenschritt auf dem Weg zu einem Transparenzgesetz darstelle. Nach dem Inkrafttreten des EGovG LSA solle das IZG LSA zu einem Transparenzgesetz weiterentwickelt werden, das dann auch Regelungen zu einem erweiterten Informationsregister enthalten werde (vgl. Vorblatt zum Gesetzentwurf, S. 8).
 
Anhörung
 
Der Ausschuss für Inneres und Sport beschloss, am 6. Dezember 2018 eine öffentliche Anhörung von Sachverständigen zum Gesetzentwurf durchzuführen. Allerdings wurde den Bürgerinnen und Bürgern selbst keine Gelegenheit gegeben, sich zu dem Gesetzentwurf zu äußern. Hier hätte durchaus die Möglichkeit bestanden, den Referentenentwurf oder spätestens den Gesetzentwurf im Internet zur Kommentierung durch jedermann freizugeben. Man hätte sich also durchaus am Vorbild anderer Bundesländer, wie z. B. Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Thüringen, die ihre Bürgerinnen und Bürger beteiligt haben, orientieren können. Ich hoffe, dass dies bei dem geplanten Transparenzgesetz nachgeholt wird, zumal nach dem EGovG LSA die Rechtsgrundlagen für eine Bürgerbeteiligung ausdrücklich geschaffen wurden.
 
Auch ist es wenig verständlich, dass keine Sachverständigen aus den in dem Transparenz-Ranking der Open Knowledge Foundation Deutschland und des Vereins Mehr Demokratie e.V. führenden Bundesländern (vgl. Nr. 5.2 des IV. Tätigkeitsberichts) mit echten Transparenzgesetzen, also aus Hamburg, Bremen, Schleswig-Holstein oder Rheinland-Pfalz, angehört wurden. Ebenso kam die Anhörung von Vertretern der Zivilgesellschaft zu kurz. Man hätte also z. B. auch FragDenStaat, die Deutsche Gesellschaft für Informationsfreiheit, Transparency International oder Journalistenverbände hinzuziehen können, um Informationen über die Praxistauglichkeit des Gesetzes aus Sicht der Nutzer zu erhalten. Auch dies haben andere Länder bei der Einführung von Transparenzgesetzen in ihr Landesrecht erfolgreich praktiziert. In Sachsen-Anhalt wurde das IZG LSA dagegen bisher vornehmlich aus Sicht der Verwaltung beurteilt; so gibt die von mir deutlich kritisierte Evaluierung des IZG LSA durch die Landesregierung (LT-Drs. 6/4288) im Wesentlichen die Einstellung der Ministerialverwaltung zum Gesetz wieder (siehe Kapitel 7 des IV. Tätigkeitsberichts). Was die Nutzer von dem Gesetz halten, wurde durch die Landesregierung damals nicht evaluiert.
 
Meine Kritik
 
Ich habe in der öffentlichen Anhörung darauf hingewiesen (die vollständige Stellungnahme findet sich auf meiner Homepage), dass das geplante Informationsregister den o. g. Landtagesbeschluss nicht richtig umsetzt, da der Datenkatalog des Informationsregisters abschließend und nicht offen ausgestaltet ist (vgl. die Textdokumentation zur Veröffentlichung im Internet über die öffentliche Anhörung in der 30. Sitzung des Ausschusses für Inneres und Sport am 6. Dezember 2018; Textdokumentation 7/INN/30). Die in dem Register zu veröffentlichen Informationen dienen ersichtlich primär der Pressearbeit der Landesregierung. Informationen, die der Landesregierung unangenehm sein könnten, aber von öffentlichem Interesse sind, werden in dem Register bisher nicht veröffentlicht. So werden z. B. vor Inkrafttreten des Gesetzes geschlossene Beraterverträge nicht in dem Informationsregister zum Abruf zur Verfügung gestellt. Das ist vor allem deswegen nicht nachvollziehbar, da gemäß der Rechtsprechung des VG Magdeburg nach Maßgabe des IZG LSA ein individueller Anspruch auf Zugang zu solchen Verträgen besteht (VG Magdeburg, Urteil vom 23. Januar 2018, Az.: 6 A 343/16 MD). Nur die neuen Beraterverträge sollen veröffentlicht werden. Transparenz sieht anders aus.
 
Der Katalog der im Informationsregister zu veröffentlichenden Informationen kann auch dem Vergleich mit anderen Bundesländern nicht standhalten, er ist mit insgesamt sechs für die Veröffentlichung bestimmten Datenkategorien extrem schmal. Ich habe dem Innenausschuss eine nicht abschließende Übersicht mit dreimal so vielen Datenkategorien zur Verfügung gestellt, die in anderen Bundesländern bereits veröffentlicht werden. Hierzu zählen z. B. die Veröffentlichung von Kabinettvorlagen und Kabinettsbeschlüssen, Verträgen, Subventionsvergaben, wesentlichen Unternehmensdaten bei staatlichen Beteiligungen, Dienstanweisungen oder von politischen Konzepten mit Bezug zur Umwelt, um nur einige Beispiele zu nennen.
 
Ich habe insbesondere darauf hingewiesen, dass auch Umweltinformationen in das Informationsregister gehören, zumal das Land bereits 220.000 Euro in den Aufbau eines Umweltinformationssystems investiert hat. Der zuständige Staatssekretär des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft und Energie hat anlässlich der Beratungen meines IV. Tätigkeitsberichts zur Informationsfreiheit im Umweltausschuss bereits erklärt, dass das Ministerium keine Bedenken gegen die Aufnahme von Umweltinformationen in das Informationsregister habe. 
 
Als nicht nachvollziehbar habe ich auch kritisiert, dass in dem Informationsregister keine Rohdaten nach dem Vorbild des EGovG des Bundes (§ 12a EGovG) veröffentlicht werden sollten. Diese braucht die Wirtschaft, um neue Geschäftsmodelle zu entwickeln, indem sie die Daten auswertet, mit anderen verknüpft und neue Anwendungen schafft. Die Veröffentlichung von Rohdaten in einem Informationsregister sollte außerdem zum Pflichtprogramm gehören, denn Sachsen-Anhalt hatte sich auf der Konferenz der Regierungschefinnen und Regierungschefs von Bund und Ländern am 14. Oktober 2016 zur Veröffentlichung von Rohdaten nach dem Vorbild des Bundes verpflichtet. Richtiger Standort für eine entsprechende Open-Data-Regelung wäre das IZG LSA.
 
Überhaupt nicht nachvollziehbar ist auch, dass für den Betrieb und die Wartung des Informationsregisters keinerlei Kosten angesetzt waren. In Thüringen, wurden für den Betrieb des Transparenzregisters Kosten in Höhe von 140.000 Euro für zwei Haushaltsjahre veranschlagt. Für den Aufbau eines sachsen-anhaltischen Informationsregisters müssen daher realistische Kosten eingeplant werden.
 
Kritisiert habe ich auch, dass der Gesetzentwurf keine weitergehenden Modernisierungs- oder Reformaspekte aufweist. So sind eine Reduzierung der Ausschlussgründe bei Informationszugangsanträgen, eine Einführung einer allgemeinen Güterabwägungsklausel, die Zusammenlegung des IZG LSA mit dem Umweltinformationsgesetz Sachsen-Anhalt und die Anpassung der Gesetze (UIG LSA) sowie eine Einführung eines behördlichen Informationsfreiheits- bzw. Open-Data-Beauftragten nicht vorgesehen, um nur einige Beispiele zu nennen.
 
Ergebnis
 
Nach der Anhörung hat der Gesetzentwurf keine entscheidenden Änderungen mehr erfahren. Die Regelungen zum Informationsregister wurden redaktionell überarbeitet, aber inhaltlich nicht ergänzt. Es bleibt also dabei, dass die Gemeinden und die Landkreise, aber auch der Landtag nicht verpflichtet sind, Informationen über das Informationsregister zu veröffentlichen. Ebenso wurde der Datenkatalog nicht erweitert.
 
Von den Ausschlussgründen des Gesetzes wurde lediglich die Bereichsausnahme für den Verfassungsschutz gelockert. Dem vom Landesrechnungshof vorgetragenen Wunsch, vom Anwendungsbereich des Gesetzes ausgenommen zu werden, wurde nicht gefolgt. Der Landesrechnungshof konnte nicht überzeugend darlegen, warum das Gesetz ihn in seiner Tätigkeit beeinträchtigen würde. Vielmehr hätte bei der Regelung einer solchen Ausnahme befürchtet werden müssen, dass Prüfberichte des Landesrechnungshofes dann vollständig einem Informationszugang entzogen wären (vgl. hierzu auch den Beitrag unter Nr. 12.5).
 
Dass der Gesetzentwurf keine entscheidenden Änderungen mehr erfahren hat, dürfte im Wesentlichen darauf beruhen, dass das Gesetz doch nur und lediglich ein Zwischenschritt auf dem Weg zu einem Transparenzgesetz sein soll. Meine oben dargestellte Kritik wurde insofern berücksichtigt, als dass meine Vorschläge aus dem IV. Tätigkeitsbericht in das neue Transparenz- bzw. Informationsfreiheitsgesetz einbezogen werden müssen (vgl. den Landtagsbeschluss vom 22. Mai 2019 zu meinem IV. Tätigkeitsbericht, LT-Drs. 7/4429).
 
Das geänderte IZG LSA ist am 29. Juni 2019 in Kraft getreten (GVBl. LSA 2019, 124). Das Informationsregister hat seinen Betrieb Anfang Juli 2019 aufgenommen (vgl. zu handwerklichen Mängeln die Hinweise in der Einführung zu diesem Bericht).
 
Das E-Government-Gesetz ist am 31. Juli 2019 in Kraft getreten (GVBl. LSA 2019, 200). Die Landesregierung wird der Bitte des Landtages nachkommen (siehe Kap. 6) und einen Gesetzentwurf vorlegen, in dem meine Vorschläge aus dem IV. Tätigkeitsbericht (insbesondere Kap. 10) einzubeziehen sind (vgl. zu weitergehenden aktuellen Empfehlungen auch Kap. 9 dieses Berichts).