V. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für die Informationsfreiheit Sachsen-Anhalt vom 1. Oktober 2016 bis 30. September 2018
2.3 Statistik
Vom 1. Oktober 2016 bis zum Redaktionsschluss wandten sich in insgesamt 186 Fällen (Stand: September 2019) Petenten sowie Behörden an mich.
Im Vergleich zu den Zahlen aus dem IV. Tätigkeitsbericht fällt auf, dass die Fälle, in denen mich Bürgerinnen und Bürger um Unterstützung baten, erheblich gestiegen sind. In insgesamt 146 Fällen wurde ich von Bürgerinnen und Bürgern um Hilfe ersucht; hierbei handelte es sich um 93 Eingaben, also konkrete Streitfälle zwischen einem Antragsteller und einer Behörde. Das ist eine Steigerung von fast 80 % im Vergleich zum IV. Tätigkeitsbericht.
Darüber hinaus wandten sich Bürgerinnen und Bürger mit 53 allgemeinen Anfragen rund um die Informationsfreiheit an mich. In diesen Konstellationen hat der Petent regelmäßig einen konkreten Sachverhalt vor Augen und möchte wissen, ob er die von ihm begehrte Informationen voraussichtlich erhalten wird, wie er seinen Antrag formulieren muss oder welche Kosten entstehen werden. In diesen Konstellationen muss ich die Erfolgsaussichten eines Antrags beurteilen, um den Bürgerinnen und Bürgern weiter zu helfen und potentielle Streitfälle mit Behörden zu vermeiden. Der entstehende Arbeitsaufwand unterscheidet sich in beiden Varianten nicht per se, da ich auch hier die Sachlage umfassend beurteilen und damit die Ausschlussgründe des Gesetzes prüfen muss. Die Antworten auf komplexere Fragenstellungen entsprechen inhaltlich der Erstellung eines Gutachtens.
Während die Zahl der Eingaben und Anfragen deutlich gestiegen ist, war die Zahl der um Rat suchenden Behörden leicht rückläufig (40 gegenüber 45). Eine Ursache für den Rückgang der Behördenanfragen dürfte vor allem darin zu sehen sein, dass sie sich im Berichtszeitraum auf das neue Datenschutzrecht, also auf die DS-GVO, einstellen mussten.
Die steigenden Eingaben und Anfragen von Bürgerinnen und Bürger dürften im Wesentlichen auf zwei Faktoren zurückzuführen sein:
Zum einen hat sich mittlerweile auch in Sachsen-Anhalt die Internet-Plattform „FragDenStaat“ etabliert, über die mit Hilfe eines Musterantrags unkompliziert Informationszugangsanträge an jede öffentliche Stelle in Deutschland gestellt werden können. FragDenStaat weist für Sachsen-Anhalt insgesamt 880 Anfragen auf, von denen weit über 470 Anfragen, allerdings auch zum UIG und VIG, allein in diesem Berichtszeitraum gestellt wurden. Reagiert eine Behörde auf einen Informationszugangsantrag nicht oder lehnt sie ihn ab, kann der Antragsteller sich über FragDenStaat sofort per E-Mail an mich wenden.
Zum anderen scheint auch allmählich die Reform des Gebührenrechts zu greifen. Die Begrenzung des Höchstrahmens der Gebühren auf 500 Euro sowie die Einführung der Geringwertigkeitsgrenze in Höhe von 50 Euro, bis zu der die öffentlichen Stellen auf die Erhebung von Gebühren verzichten können, dürften mit dazu beigetragen haben, dass sich immer mehr Menschen des IZG LSA bedienen. Allerdings würden die Zahlen sicherlich noch weiter steigen, wenn – wie in vielen anderen Bundesländern auch – abgelehnte Informationszugangsanträge prinzipiell von einer Gebührenpflicht ausgenommen würden.
Auffallend ist auch die steigende Zahl von Fällen, die dem UIG zugeordnet werden müssen; dies hängt insbesondere mit dem von der Rechtsprechung geprägten weiten Umweltinformationsbegriff zusammen (BVerwG, Urteil vom 23. Februar 2017, Az.: 7 C 31.15, vgl. auch Nrn. 6 und 13.7 dieses Berichts). Ich habe für diesen Berichtszeitraum insgesamt 28 Fälle gezählt, in denen der Bezug zum UIG so stark war, dass ein Tätigwerden in Ermangelung einer Kontrollkompetenz nur begrenzt bzw. gar nicht mehr möglich war. Insbesondere häufen sich die Fälle, in denen sowohl der Antragsteller als auch die Behörde unzutreffend davon ausgehen, dass das IZG LSA zur Anwendung kommt, obwohl das UIG LSA die richtige Rechtsgrundlage ist. Dass ich in diesen Konstellationen zwar auf die fehlerhafte Anwendung des IZG LSA hinweisen kann, dann aber das hier anwendbare UIG nicht prüfen darf, leuchtet niemandem ein. Hier besteht Handlungsbedarf für den Gesetzgeber.
In der Mehrzahl der Fälle, in denen mich Petenten hinzugezogen haben, konnte ich erreichen, dass Ihnen ein Informationszugang ganz oder teilweise gewährt wurde. Es gab aber auch Konstellationen, in denen ein Informationszugangsanspruch nicht bestand. Eine Auswahl wird in der Rubrik Einzelfälle dargestellt (vgl. Nr. 13).
An dieser Stelle ist noch der Hinweis geboten, dass Statistiken im Informationsfreiheitsrecht nur eine sehr begrenzte Aussagekraft hinsichtlich des entstehenden Arbeits- bzw. Kontrollaufwandes haben. Viele Begehren bedeuten nicht automatisch einen hohen und wenige Begehren einen geringeren Arbeitsaufwand. Schon ein Antrag, der auf Zugang zu allen bei einer Behörde zu einem Vorgang vorhandenen Informationen gerichtet ist, kann die Prüfung mehrerer Aktenordner mit mehreren 1000 Seiten bedeuten. Bedenkt man, dass dann noch eine Vielzahl von Ausschlussgründen zu prüfen ist, wird deutlich, dass mit einem einzigen Antrag bereits ein großer Kontrollaufwand ausgelöst werden kann.
Die Landesregierung hat mit ihrem Gesetzentwurf zur Änderung des IZG LSA bereits angekündigt, dass Sachsen-Anhalt ein echtes Transparenzgesetz bekommen soll (LT-Drs. 7/3382, S. 8, vgl. auch Nr. 7.4 dieses Berichts). Ein echtes Transparenzgesetz mit der Regelung eines Transparenzregisters bedeutet in der Praxis, dass die Behörden wesentlich mehr Informationen als bisher im Wege von Open Data zur Verfügung stellen müssen. Da Transparenzgesetze darüber hinaus nicht mehr so viele Ausschlussgründe enthalten, bekommen die Bürgerinnen und Bürger auch auf Antrag mehr Informationen.
Die Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit in Bundesländern, die Transparenzgesetze besitzen, wie z. B. Hamburg und Rheinland-Pfalz, haben eigene Referate für die Informationsfreiheit geschaffen. Im Rahmen der Haushaltsberatungen für die Jahre 2017 bis 2019 erfuhr meine Geschäftsstelle aber noch keine Verstärkung für den Bereich der Informationsfreiheit.