V. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für die Informationsfreiheit Sachsen-Anhalt
vom 1. Oktober 2016 bis 30. September 2018
6 Reaktionen auf den IV. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit
Im September 2017 habe ich meinen IV. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit vorgestellt (LT-Drs. 7/1836).
Die Stellungnahme der Landesregierung
Die Stellungnahme der Landesregierung zum IV. Tätigkeitsbericht wurde erst im Juni 2018 abgegeben (LT-Drs. 7/3067), sie kam damit spät, und war schmal und inhaltlich enttäuschend. Von 54 Beiträgen waren lediglich 16 Beiträge, also weniger als ein Drittel kommentiert, wobei sich die Kommentierung auf weniger wichtige Beiträge mit eher darstellendem Charakter beschränkte. Im IV. Tätigkeitsbericht hatte ich außerdem erstmals zu konkreten Beiträgen Empfehlungen ausgesprochen. Von den insgesamt 13 Empfehlungen ist die Landesregierung lediglich auf zwei eingegangen. Meine 40 Empfehlungen zur Rechtspolitik und Rechtspraxis in Kapitel 10 wurden überhaupt nicht kommentiert.
Eigentlich wäre eine Analyse gerade dieser auf die Zukunft gerichteten Empfehlungen erforderlich gewesen, zumal ich überwiegend Vorschläge unterbreitet habe, die im Bund oder in anderen Bundesländern bereits praktiziert werden. Das gilt z. B. für die Einführung eines echten Transparenzgesetzes mit einem Transparenzregister, die Regelung eines Open-Data-Gesetzes oder die Entwicklung von Open-Data- sowie von Open-Government-Aktionsplänen. Dass die Landesregierung sogar zur Forderung der Enquete-Kommission des Landtages, eine E- und Open-Government-Strategie einzuführen, schweigt, statt diese umzusetzen, stimmt bedenklich.
Damit setzt sich eine Tendenz der Landesregierung fort, der Beantwortung wichtiger Zukunftsfragen teilweise aus dem Weg zu gehen. Ich habe dies in den Ausschüssen des Landtags deutlich kritisiert.
Die Ausschussberatungen im Landtag
Der IV. Tätigkeitsbericht wurde in den Ausschüssen für Inneres und Sport (federführend), für Finanzen, für Landesentwicklung und Verkehr, für Umwelt und Energie, für Recht, Verfassung und Gleichstellung sowie für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung beraten.
Ich bin insbesondere dem Umweltausschuss dafür dankbar, dass er das Problem meiner fehlenden Kontrollkompetenz für das UIG LSA erkannt und sich für eine Vereinheitlichung von IZG LSA und UIG LSA eingesetzt hat. Positiv ist auch, dass der zuständige Staatssekretär des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft und Energie es für möglich hält, das Umweltinformationssystem Sachsen-Anhalt in das Informationsregister des Landes zu integrieren.
Der Ausschuss für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung hat sich für Open Data aufgeschlossen gezeigt. Der Wirtschaftsminister hat meine Ausführungen zur Digitalen Agenda des Landes begrüßt und erklärt, eine Entwicklung zu mehr Open Data unterstützen zu wollen.
Im federführenden Ausschuss für Inneres und Sport habe ich für eine breite Einbeziehung meiner Vorschläge für ein modernes Transparenzgesetz geworben.
Der Beschluss des Landtages
Als Ergebnis der Beratungen meines IV. Tätigkeitsberichts hat der Landtag sich in einem Beschluss vom Mai 2019 zur Stärkung von Transparenz und Open Government bekannt und eine Fortentwicklung des IZG LSA angestoßen (LT-Drs. 7/4429, Anlage 3). Der Landtag hat die Landesregierung in diesem Beschluss um die Verwirklichung der nachfolgenden Punkte gebeten:
Dem Landtag ist nach Inkrafttreten des EGovG LSA ein Gesetzentwurf zur Fortentwicklung des IZG LSA zu einem Informationsfreiheitsgesetz „unter Einbeziehung der Vorschläge des Landesbeauftragten für die Informationsfreiheit im Vierten Tätigkeitsbericht“ vorzulegen (Nr. 1 des Beschlusses).
Bei der Fortentwicklung des IZG LSA sind die Ergebnisse der Evaluierung des Umweltinformationsgesetzes des Bundes zu berücksichtigen und es ist kontinuierlich auf die Vereinheitlichung der Informationszugangsgesetze des Landes hinzuarbeiten. Ein entsprechender Gesetzesentwurf muss unverzüglich nach Vorliegen der Ergebnisse der Evaluation des Umweltinformationsgesetzes des Bundes erarbeitet und vorgelegt werden (Nr. 2 des Beschlusses).
Die Ausschlussgründe in den Informationszugangsgesetzen und die Kontrollkompetenzen des Landesbeauftragten für die Informationsfreiheit sind zu überprüfen und soweit wie möglich zu harmonisieren. Um den Bürgerinnen und Bürgern einen möglichst weitgehenden Informationszugang zu ermöglichen, sind die Ausschlussgründe unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Evaluierung des IZG LSA (LT-Drs. 6/4288) soweit wie möglich zu begrenzen (Nr. 3 des Beschlusses).
Der mittelbaren Landesverwaltung, insbesondere den Gemeinden, Verbandsgemeinden und Landkreisen ist Gelegenheit zu geben, Informationen in das innerhalb des Landesportals vorgesehene Informationsregister einzustellen, die den dort von der unmittelbaren Landesverwaltung eingestellten Informationen entsprechen. Soweit dadurch für das Land zusätzliche Kosten entstehen können, ist dafür Haushaltsvorsorge zu treffen (Nr. 4 des Beschlusses).
Der Landtagsbeschluss ist im Ergebnis erfreulich, da die Landesregierung nun in der Pflicht steht, nach dem Inkrafttreten des EGovG LSA am 1. August 2019 einen Gesetzentwurf für ein echtes Informationsfreiheits- bzw. Transparenzgesetz vorzulegen, denn dies war eine zentrale Forderung aus meinem IV. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit.
Dass in den Gesetzentwurf meine Vorschläge aus dem IV. Tätigkeitsbericht einzubeziehen sind, dürfte auch ein Ergebnis der Beratungen des Gesetzentwurfs zur Änderung des IZG LSA (LT-Drs. 7/3382) im Landtag sein, mit dem hauptsächlich ein Informationsregister im Landesportal geschaffen wurde; der Entwurf blieb dann doch zu deutlich hinter den Erwartungen an ein modernes Transparenzgesetz zurück (vgl. Nr. 7.4).
Die Beschlussrealisierung der Landesregierung
In ihrer Beschlussrealisierung (LT-Drs. 7/4658, Anlage 4) hat die Landesregierung im Juli 2019 Folgendes erklärt:
Sie wird bis zum Ende des Jahres 2019 einen Gesetzentwurf zur Fortentwicklung des IZG LSA zu einem Informationsfreiheitsgesetz erarbeiten und diesen dem Landtag im Jahr 2020 zur Beschlussfassung vorlegen. Meine Vorschläge aus meinem IV. Tätigkeitsbericht wird sie nach Maßgabe der Nrn. 2 bis 4 des o. g. Landtagsbeschlusses berücksichtigen.
Die Landesregierung wird bei der Erarbeitung eines Gesetzentwurfs zur Fortentwicklung des IZG LSA zu einem Informationsfreiheitsgesetz die Ergebnisse der Evaluierung des Umweltinformationsgesetzes des Bundes (UIG) berücksichtigen, wenn dies im dargestellten Zeitfenster möglich ist.
Dem mit der Evaluierung des UIG beauftragten Unabhängigen Institutes für Umweltfragen war nach Kenntnis der Landesregierung vom Bund für die Evaluierung eine Frist bis zum 30. Juni 2019 gesetzt worden. Vor dem Hintergrund, dass die Bundesregierung die Ergebnisse vor einer Freigabe zunächst einer eigenen Überprüfung und Bewertung unterziehen wird, geht die Landesregierung davon aus, dass ein freigegebener Evaluierungsbericht erst gegen Jahresende vorliegen wird (siehe Nr. 4.5). Ungeachtet dessen wird die Landesregierung auf eine Vereinheitlichung der Regelungen im IZG LSA, im UIG LSA und im Ausführungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt zum Verbraucherinformationsgesetz (VIG AG LSA) hinarbeiten.
Die Landesregierung wird darüber hinaus im Rahmen der Erarbeitung des Gesetzentwurfs zur Fortentwicklung des IZG LSA zu einem Informationsfreiheitsgesetz die Ausschlussgründe im IZG LSA, im UIG LSA und im VIG AG LSA überprüfen und soweit wie möglich harmonisieren. Dabei wird die Landesregierung auch die Kontrollkompetenzen des Landesbeauftragten für die Informationsfreiheit einer Prüfung unterziehen und auch diese soweit wie möglich harmonisieren. Des Weiteren wird die Landesregierung die Ausschlussgründe unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Evaluierung des IZG LSA (LT-Drs. 6/4288) im Gesetzentwurf soweit wie möglich begrenzen.
Mit dem Gesetz zur Änderung des Informationszugangsgesetzes vom 19. Juni 2019 (Anmerkung: siehe Nr. 7.4 dieses Berichts) sei unter anderem ein Informationsregister eingerichtet. Der neu eingefügte § 11a Abs. 1 Satz 4 IZG LSA regele, dass die Gemeinden, Verbandsgemeinden und Landkreise und die der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts jeweils ein Portal bestimmen, über das sie die Informationen anbieten können, die denjenigen entsprechen, die von der unmittelbaren Landesverwaltung in das Informationsregister einzustellen sind. Dazu können sie auch das Informationsregister innerhalb des Landesportals nutzen. Damit sei der Landtagsbeschluss zu Nr. 4 bereits umgesetzt.
Ausblick
Ich gehe davon aus, dass entsprechend meinen Vorschlägen beispielsweise in dem neuen Transparenzgesetz das IZG LSA und das UIG LSA zusammengelegt und harmonisiert werden; meine Kontrollkompetenzen müssen auf das bereichsspezifische Informationsfreiheitsrecht erweitert werden. Der Umfang des Informationsregisters muss nicht nur erheblich vergrößert, sondern auch mit Rohdaten nach dem Vorbild des § 12a EGovG des Bundes bestückt und zudem mit einem offenen Katalog ausgestaltet werden. Die Kommunen müssen in das Informationsregister verbindlich mit einbezogen werden.
Die Ankündigungen der Landesregierung in der Beschlussrealisierung klingen auf den ersten Blick vielversprechend, es ist jedoch Vorsicht geboten. So hatte der Landtag die Landesregierung gebeten, in den Entwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung des IZG LSA zu einem Informationsfreiheitsgesetz meine Vorschläge aus meinem IV. Tätigkeitsbericht zu berücksichtigen. In ihrer Beschlussrealisierung hat die Landesregierung diese Bitte nicht vollständig aufgegriffen, denn sie will meine Vorschläge nur nach Maßgabe der Beschlüsse der Nrn. 2 bis 4 des Landtagsbeschlusses berücksichtigen. Ich denke hier insbesondere an die dringend reformbedürftigen Ausschlussgründe des IZG LSA, die nach dem Willen des Landtags unter Berücksichtigung der Evaluierung des IZG LSA soweit wie möglich zu begrenzen sind. Ich hatte im Rahmen der Evaluierung eine umfassende Reform der Ausschlussgründe empfohlen, während die Landesregierung zu dem Ergebnis gekommen war, dass eine solche nicht notwendig sei und der status quo beibehalten werden solle. Der Landtagsbeschluss macht daher von vornherein nur Sinn, wenn die Evaluierungsergebnisse der Landesregierung keine Berücksichtigung finden. Genau darauf scheint die Landesregierung jedoch abstellen zu wollen. Das ist zu eng und damit eine Verkürzung des Landtagsbeschlusses, zumal in der Beratung des Ausschusses für Inneres und Sport weitere Themen wie Open Data angesprochen wurden. Insofern muss Kapitel 10 meines IV. Tätigkeitsberichts in Gänze beachtet werden (siehe auch die Fortschreibung in Kapitel. 9 dieses Berichts).
Aber auch an anderer Stelle ist die Beschlussrealisierung der Landesregierung nicht zufriedenstellend. So ist z. B. der Beschluss des Landtages, auch den Kommunen Gelegenheit zu geben, Informationen in das Informationsregister im Landesportal einzustellen, entgegen der in der Beschlussrealisierung vertretenen Auffassung noch nicht umgesetzt. Wenn eine Kommune Informationen im Informationsregister veröffentlichen will, braucht sie den Zugang zum Redaktionssystem des Landesportals, da nur Redakteure, die auf das Redaktionssystem Zugriff haben, eine Veröffentlichung veranlassen können. Diese Zugriffsmöglichkeit gab es zum Zeitpunkt der Beschlussrealisierung Ende Juli 2019 noch nicht. Die Verpflichtung aus § 11a Abs. 1 Satz 4 IZG LSA ist daher noch nicht erfüllt. Kommunen sind entgegen dem Willen des Landtages in das Informationsregister noch nicht einbezogen. Außerdem hatte der Landtag die Landesregierung verpflichtet, Haushaltsvorsorge zu treffen für den Fall, dass dem Land dadurch zusätzliche Kosten entstehen. Eine solche Haushaltsvorsorge hat die Landesregierung beim Erlass des § 11a IZG LSA jedoch nicht getroffen, da sie nicht nachvollziehbar davon ausging, dass durch die Einführung eines Informationsregisters keine Kosten entstehen würden. In der Beschlussrealisierung fehlen jegliche Angaben zur Haushaltsvorsorge. Auch hier ist der Beschluss des Landtages noch nicht umgesetzt.
Die Landesregierung hat sich für eine Neuregelung des Informationsfreiheitsrechts darüber hinaus noch einige andere Hintertüren offengehalten. So hat der Landtag z. B. eine größtmögliche Begrenzung der Ausschlussgründe des Gesetzes gefordert. Dies hatte die Landesregierung in ihrer Evaluierung jedoch abgelehnt. Die vom Landtag geforderte Eingrenzung der Ausschlussgründe wird daher nur möglich sein, wenn die Landesregierung die Ergebnisse ihrer Evaluierung in diesem Punkt noch einmal überprüft.