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IV. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für die Informations­freiheit Sachsen-Anhalt vom 1. Oktober 2014 bis 30. September 2016

7.1 Ergebnisse der Evaluierung

In meinem III. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit hatte ich ausführlich über die begonnene Evaluierung des IZG LSA berichtet (Nr. 7) und die Befürchtung geäußert, dass sich die Modernisierungsvorschläge des Innenministeriums im Ergebnis auf den kleinsten möglichen Nenner zubewegen würden, da der Evaluierungsbericht von allen Ressorts mitgetragen werden musste. Auch zeichnete sich bereits ab, dass ich im Rahmen der Evaluierung zwar beteiligt, meine Verbesserungsvorschläge aber nur in sehr geringem Umfang berücksichtigt werden würden. Zudem deutete sich an, dass sich die Landesregierung mit den Evaluierungsergebnissen zum korrespondierenden Informationsfreiheitsgesetz des Bundes nicht auseinandersetzen würde. Vor diesem Hintergrund hatte ich in meinem III. Tätigkeitsbericht 20 eigene Empfehlungen für die Weiterentwicklung des Informationsfreiheitsrechts ausgesprochen (vgl. Nr. 7.3 des III. Tätigkeitsberichts).

Mittlerweile liegt der Evaluierungsbericht der damaligen Landesregierung vor (LT-Drs. 6/4288 vom 30. Juli 2015). Von dem insgesamt 183 Seiten umfassenden Bericht gebe ich die aus meiner Sicht wichtigsten Feststellungen wieder:

Wie schon zuvor in ihren Stellungnahmen zu meinen Tätigkeitsberichten erklärt, kam die Landesregierung in ihrem Gesamtfazit zu dem Ergebnis, dass sich das IZG LSA insgesamt bewährt hat. Der Evaluierungsbericht verweist aber darauf, dass es im fünfjährigen Evaluierungszeitraum nur 307 schriftlich gestellte Anträge gegeben habe (in der LT-Drs. 7/275 sind ergänzende Zahlenangaben enthalten, die noch zu einer geringfügigen Erhöhung geführt haben). Ich halte diese Zahlen für deutlich zu niedrig und damit praktisch für nahezu unverwertbar. Der Evaluierungszeitraum lief vom 1. Oktober 2008 bis zum 31. September 2013. Die öffentlichen Stellen des Landes Sachsen-Anhalt wurden jedoch vom Innenministerium erst mit der Bekanntmachung zur Evaluierung des Gesetzes vom 8. März 2010 darauf hingewiesen, IZG LSA-Anträge statistisch zu erfassen und dass dazu der von ihm zur Verfügung gestellte Evaluierungsbogen zu verwenden sei. Die Stellen sollten zwar Anträge für den Zeitraum davor nachmelden. Dazu hätten sie aber Anträge nach dem IZG LSA zuvor identifizieren und statistisch erfassen müssen, was aber nicht flächendeckend geschah.

Weiterhin fällt auf, dass einige öffentliche Stellen im Evaluierungszeitraum gar keine Anträge erhalten haben wollen. Die Landesregierung schließt daraus, dass diese Stellen bürgerfreundlich Auskunft erteilt hätten, ohne hierzu das IZG LSA zu bemühen. Ich halte diese Auffassung jedoch aufgrund meiner Erfahrungen für unwahrscheinlich bzw. in Teilen widerlegt. So liegen mir Fälle auch aus großen Städten – wie z. B. Halle – und zumindest einem Landkreis vor, die keine Anträge gemeldet haben. Ein großes Landesministerium, das ich kontrolliert habe, bekommt sehr viele Bürgeranfragen, aber angeblich kaum Anträge nach dem IZG LSA. Demgegenüber hat ein Jugendamt akribisch gearbeitet und im Evaluierungszeitraum 106 Fälle erfasst. Es spricht daher vieles dafür, dass es deutlich höhere Fallzahlen gegeben haben muss. Oftmals dürften Behörden gar nicht erkannt haben, dass es sich um Anträge nach dem IZG LSA handelte.

Inhaltlich hat sich die Landesregierung immerhin erneut zur Errichtung eines Informationsregisters bekannt, ohne dieses aber gesetzlich regeln zu wollen. Sie verweist darauf, dass das Landesportal schon jetzt viele Informationsangebote beinhalte, auch wenn es sich nur in bestimmten Bereichen, wie z. B. im Statistikbereich, um Rohdaten handele. Für die Veröffentlichung von Verträgen soll ein Landesinformationsregistergesetz erforderlich sein. Es handelt sich hierbei um einen sehr eigenwilligen Gedanken, denn bisher wurde in der Fachwelt eine Veröffentlichung bereits auf der Rechtsgrundlage der Informationsfreiheitsgesetze für möglich gehalten. Dem Erlass eines Transparenzgesetzes stand die Landesregierung jedoch eher skeptisch gegenüber, obwohl sich dieses Modell in den Bundesländern, insbesondere in den Flächenländern mittlerweile durchgesetzt hat (vgl. Nr. 5.1).

Außerdem kündigte die Landesregierung eine Senkung der Gebührenobergrenze auf 500 Euro an. Das Ministerium für Inneres und Sport werde eine entsprechende Änderungsverordnung zur IZG LSA KostVO mit dem Ministerium für Finanzen abstimmen. In ihrer Stellungnahme zu meinem III. Tätigkeitsbericht hat sie dieses Vorhaben jedoch gleich wieder zurückgenommen (LT-Drs. 6/4688).

Eine Zusammenlegung des IZG LSA mit dem UIG LSA hält die Landesregierung aus europarechtlichen Gründen für problematisch, stattdessen soll eine Zusammenlegung mit dem VIG geprüft werden. Eine Erweiterung der Kontrollkompetenzen des Landesbeauftragten auf das bereichsspezifische Informationszugangsrecht, insbesondere auf das Umweltinformationsrecht, soll es nicht geben, da hiervon hauptsächlich Nicht-Regierungsorganisationen oder juristische Personen, aber nicht die Bürgerinnen und Bürger profitieren würden. Dass dies bei den Evaluierungen in Bund und Ländern von den dortigen Gutachtern komplett anders gesehen wurde, ignoriert der Evaluierungsbericht.

Die Landesregierung bekennt sich ferner zum Open-Data-Prinzip und leitet daraus den Grundsatz der möglichst weitgehenden Offenheit und Öffentlichkeit der Verwaltung ab. Dementsprechend hält sie eine Beteiligung des Landes Sachsen-Anhalt an dem Bund-Länder-Portal „GovData“ prinzipiell für sinnvoll, sofern diese Frage haushaltsrechtlich geklärt sei. Eine freiwillige Bestellung von behördlichen Informationsfreiheitsbeauftragten sei möglich.

Dem Bericht liegt ferner die Vorstellung zugrunde, dass es sich bei dem Informationsfreiheits- und dem Informationsweiterverwendungsrecht um getrennte Materien handele. Dabei wurde das neue Informationsweiterverwendungsgesetz (IWG) des Bundes jedoch nicht berücksichtigt (vgl. Nr. 3.2 des III. Tätigkeitsberichts). Mit diesem wurde die Trennung aufgehoben. Informationen, die ohne Beschränkungen frei zugänglich sind, dürfen nach § 2a IWG weiterverwendet werden.

Der Evaluierungsbericht war bereits einen Monat nach seiner Veröffentlichung durch den Abschlussbericht der Enquete-Kommission des Landtages von Sachsen-Anhalt „Öffentliche Verwaltung konsequent voranbringen – bürgernah und zukunftsfähig gestalten“ (LT-Drs. 6/4331 vom 31. August 2015) in Teilen überholt. In dem Abschlussbericht haben sich alle in der Enquete-Kommission vertretenen Fraktionen für die Schaffung eines Informationsregisters auch mit einer gesetzlichen Regelung sowie für die Zusammenlegung von IZG LSA, UIG LSA und VIG AG LSA ausgesprochen.

Der Evaluierungsbericht der Landesregierung wurde im Innenausschuss des Landtages zur Kenntnis genommen. Ich habe dort meine Kritik deutlich formuliert (vgl. Nr. 7.2).

Im Koalitionsvertrag für die siebte Wahlperiode ist die Aussage enthalten, dass die neue Landesregierung das IZG LSA zu einem Transparenzgesetz weiterentwickeln will (S. 140). Der Landtag hat anlässlich der Beratung meines III. Tätigkeitsberichts durch einen Landtagsbeschluss vom Mai 2017 hierzu die ersten Schritte eingeleitet (vgl. Nr. 8).