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V. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für die Informations­freiheit Sachsen-Anhalt vom 1. Oktober 2016 bis 30. September 2018

8.5 Smart City / Smart Region

 „Smart City“ bzw. „Smart Region“ ist ein auch in Sachsen-Anhalt allmählich bekannt werdendes Thema. Dies gilt spätestens, seit die Staatssekretärin im Ministerium für Inneres und Sport vorgeschlagen hat, nach dem Ausstieg aus der Kohlestromversorgung den großen Wurf zu wagen und aus der betroffenen Region um Zeitz eine Smart Region zu machen.  
 
Interessanterweise verbirgt sich hinter dem aufgeworfenen Vorschlag auch ein informationsfreiheitsrechtliches Thema. Voraussetzung dafür, dass eine Stadt oder eine Region „smart“, d. h. intelligent wird, ist nämlich, dass durch Digitalisierung und Vernetzung mannigfache Daten aus den verschiedensten Bereichen, wie z. B. Umwelt, Energie, Verkehr und Sicherheit, gesammelt, miteinander verknüpft und ausgewertet werden. Dadurch entsteht neues, bisher nicht vorhandenes Wissen, das für neue Projekte oder die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle verwendet werden kann. Alle Smart-City- oder Smart-Region-Konzepte beruhen daher im Wesentlichen darauf, dass der Staat seine Daten den Bürgerinnen und Bürgern und der Zivilgesellschaft sowie den Wirtschaftsunternehmen im Wege von Open Data zur Verfügung stellt. Die Kernargumentation lautet: Die Daten gehören dem Staat und damit allen.
 
Geeignet für Open Data sind dabei nur solche Informationen, die keinem Ausschlussgrund nach den Informationsfreiheitsgesetzen unterliegen. Es besteht daher auch von vornherein kein Konflikt mit dem Datenschutz, da personenbezogene Daten nicht im Wege von Open Data zur Verfügung gestellt werden dürfen. Ebenso bleiben Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse oder sicherheitsrelevante Informationen, um nur einige Beispiele zu nennen, prinzipiell von einer Veröffentlichung ausgenommen und geschützt. Open Data erfasst daher dem Grundsatz nach alle Informationen, die zugänglich und damit auch veröffentlichungsfähig sind.
 
Mit diesen Informationen kann gerade die Wirtschaft neue Geschäftsmodelle entwickeln, indem sie die Daten auswertet, mit anderen verknüpft, veredelt und dadurch neue Anwendungen entwickelt. Der Mehrwert besteht also nicht schon in der Zur-Verfügung-Stellung der Daten. Vielmehr muss die Wirtschaft Software entwickeln, um die Daten auswerten, verknüpfen und neue Apps schaffen zu können. Erst das schafft Mehrwerte. Hier geht es um die z. B. um Software und Anwendungen für die intelligentere und damit effektivere Steuerung des Energieverbrauchs einer Stadt, den automatisierten Bauernhof oder die intelligente Verkehrslenkung von der Autobahn bis zum Parkplatz ohne Staus und Wartezeiten an Baustellen. Der Markt solcher Apps boomt. Die renommierte Konrad-Adenauer-Stiftung geht in einer Studie aus dem Jahr 2016 für einen Zeitraum von 10 Jahren von einem Wirtschaftspotential von 12,1 Milliarden im konservativen Fall und bis zu 131 Milliarden Euro im optimistischen Bereich für Deutschland aus.
 
Der Bundesgesetzgeber hat das Wirtschaftspotential erkannt und mit § 12a EGovG eine Open-Data-Regelung getroffen, mit der die Bundesbehörden verpflichtet werden, amtliche Informationen in Form von Rohdaten maschinenlesbar zur Verfügung zu stellen. Dies ist erforderlich, damit die Daten automatisiert ausgewertet und verknüpft werden können. Das ist eine Voraussetzung, damit Anwendungen in Echtzeit nutzbar sind. Die App muss einem Parkplatzsuchenden nämlich sagen, ob ein Parkplatz zum Zeitpunkt seiner Suche frei ist. Es nützt ihm nichts, wenn die App einen vermeintlichen freien Parkplatz mit 30-minütiger Verspätung anzeigt, er hinfährt und der Parkplatz dann längst besetzt ist.
 
Die Nutzung von Open Data ist in der Digitalen Agenda bereits angelegt. Die Digitale Agenda spricht davon, dass das Land neue Open-Data-Quellen generieren soll.
 
Offene Daten sind in Sachsen-Anhalt jedoch bisher kaum vorhanden. Das liegt insbesondere auch daran, dass das geplante Informationsregister viel zu wenige Daten, insbesondere keine Rohdaten enthält, und die Kommunen bislang auch nicht verbindlich in das Register einbezogen sind (vgl. Nr. 7.4). Wenn Sachsen-Anhalt die Entwicklung von „Smart Cities“ oder „Smart Regions“ unterstützen will, muss es wesentlich mehr für Open Data tun. Das fängt bei der Digitalen Agenda an (vgl. Nr. 8.2). Auch bedarf es einer Open-Data-Strategie (vgl. Nr. 8.3) und eines modernen Transparenzgesetzes mit einem Transparenzregister, in dem insbesondere der Wirtschaft auch Rohdaten zur Verfügung gestellt werden.