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V. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für die Informations­freiheit Sachsen-Anhalt vom 1. Oktober 2016 bis 30. September 2018

13.2 Pauschalpreise in Verträgen eines Landkreises hinsichtlich der Unterbringung von Asylbewerbern – Teil II

In meinem IV. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit (Nr. 16.4) hatte ich über einen Fall aus dem Jahr 2016 berichtet, in dem ein Petent Zugang zu den Verträgen eines Landkreises hinsichtlich der Unterbringung von Asylbewerbern begehrt hatte. Der Landkreis hatte dem Antrag nur teilweise stattgeben und einen Anspruch auf Zugang zu den Angaben der vereinbarten Pauschalpreise für die Leistungen des betroffenen Unternehmens abgelehnt. Er hatte dies damit begründet, dass das Bekanntwerden der Informationen nachteilige Auswirkungen auf seine fiskalischen Interessen haben könne. Bei den vereinbarten Pauschalen handele es sich zudem um geschützte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des betroffenen Unternehmens i. S. d. § 6 Satz 2 IZG LSA.
 
Ich hatte dem Landkreis mitgeteilt, dass ich das Vorliegen von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen nicht erkennen könne, da aus einem Pauschalbetrag keine Rückschlüsse auf die Kalkulation des Unternehmens gezogen werden könnten. Daher habe die Rechtsprechung bei Pauschbeträgen das Vorliegen von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen bereits verneint (BVerwG, Beschluss vom 24. November 2015, Az.: 20 F 4/14; siehe auch Nr. 14.7 des IV. Tätigkeitsberichts). Eine fiskalische Beeinträchtigung der Interessen des Landkreises bei der Einleitung eines neuen Vergabeverfahrens hinsichtlich des Betreibervertrags sei angesichts des Zeitablaufs und der neuen Marktbedingungen aufgrund der neuen Flüchtlingssituation ebenfalls nicht ersichtlich.
 
Der Landkreis war meinen Hinweisen jedoch nicht gefolgt und hatte dem Widerspruch des Antragstellers nicht abgeholfen. Dieser hatte Klage vor dem Verwaltungsgericht Halle erhoben.
 
Das Verwaltungsgericht Halle ist mit Urteil vom 4. Juni 2019 (Az.: 7 A 21/18 HAL) zu dem Ergebnis gekommen, dass der Antragsteller einen Anspruch auf Nennung der Pauschalbeträge hatte. Im Ergebnis ist es meiner Argumentation gefolgt. Da der Landkreis dem Kläger die begehrten Informationen kurz vor der mündlichen Verhandlung zugänglich gemacht hatte, traf das Gericht infolge eines nachträglichen Fortsetzungsfeststellungsbegehrens ein Feststellungsurteil.
 
Das Gericht hat betont, dass dem Zugang keine Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des betroffenen Unternehmens entgegenstanden. Der Landkreis habe nicht darlegen können, dass durch die Kenntnis der vereinbarten Pauschalbeträge Rückschlüsse auf die Kalkulation des betroffenen Unternehmens gezogen werden könnten. Es sei auch nicht ersichtlich, dass Mitbewerber infolge der Auskunftserteilung in die Lage versetzt werden könnten, in zukünftigen Vergabeverfahren die eigenen Angebote an den vereinbarten Vergütungen auszurichten. Haben nämlich die Vertragsparteien Pauschalpreise vereinbart, kann ein Mitbewerber ohne Kenntnis der näheren Kalkulationsgrundlagen sein eigenes Angebot allenfalls dann mit Aussicht auf Erfolg an den ihm bekannten Bedingungen ausrichten, wenn in einem zukünftigen Bieterwettbewerb ein im Wesentlichen vergleichbarer Leistungsumfang nachgefragt werde. Davon könne im vorliegenden Fall aber nicht ausgegangen werden, weil sich aufgrund der veränderten Flüchtlingssituation die Marktbedingungen verändert hätten.
 
Der Anspruch sei auch nicht wegen entgegenstehender fiskalischer Interessen des Landkreises ausgeschlossen. Könne das Unternehmen schon nicht geltend machen, dass mit einer nennenswerten Beeinflussung seiner Wettbewerbsfähigkeit zu rechnen sei, so gelte das auch für den Landkreis.