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II. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für die Informationsfreiheit Sachsen-Anhalt vom 1. Oktober 2010 bis 30. September 2012

7.9 Rechtswidrige Kostenvorschussverlangen

Anlässlich verschiedener Eingaben von Petenten habe ich festgestellt, dass die abschließende Bearbeitung von Informationszugangsbegehren bzw. der Vollzug des Informationszugangs nach dem IZG LSA generell von der Leistung eines Kostenvorschusses abhängig gemacht werden sollte. Der schriftlichen und telefonischen Korrespondenz mit den betroffenen Stellen lässt sich entnehmen, dass es in der kommunalen Praxis üblich sei, zur Vermeidung von Einnahmeverlusten regelmäßig Kostenvorschüsse zu verlangen. Diese Vorgehensweise wurde auch auf das IZG LSA übertragen.

Ich halte diese Praxis schon nach dem geltenden Kostenrecht für rechtlich bedenklich, mit Blick auf die Besonderheiten des Informationsfreiheitsrechts schlicht für rechtswidrig.

Für das allgemeine Kostenrecht bestimmt § 6 des Verwaltungskostengesetzes des Landes Sachsen-Anhalt (VwKostG LSA), dass eine Gebühr grundsätzlich erst mit der Beendigung der Amtshandlung fällig wird. Nach § 7 Abs. 2 VwKostG LSA kann eine Amtshandlung zwar von der Zahlung oder Sicherstellung eines Kostenvorschusses abhängig gemacht werden. Die Behörde ist dabei jedoch zur pflichtgemäßen Ausübung ihres Ermessens verpflichtet. Nach der gesetzlichen Systematik regelt § 6 VwKostG LSA den Normalfall, § 7 Abs. 2 VwKostG LSA die Ausnahme. Kostenvorschussverlangen stellen danach den Ausnahmefall dar und sind restriktiv zu handhaben. Die von mir festgestellte Praxis, nach der für die Bearbeitung von Informationszugangsbegehren bzw. den Vollzug des Informationszugangs regelmäßig - also ohne Ausübung des Ermessens - ein Kostenvorschuss verlangt wird, lässt sich daher schon mit dem geltenden Kostenrecht nicht vereinbaren. Die geschilderte Praxis steht aber auch nicht im Einklang mit den Vorschriften des IZG LSA. Nach der h. M. in der Kommentarliteratur kommt das Verlangen eines Kostenvorschusses im Informationsfreiheitsrecht wegen seiner prinzipiell abschreckenden Wirkung nur ausnahmsweise in Betracht (Schoch, Informationsfreiheitsgesetz, 2009, § 10 Rn. 87). Dies ergibt sich darüber hinaus auch aus den gesetzlich vorgesehen Informationszugangs- bzw. Bescheidungsfristen nach §§ 7 Abs. 5 und 9 Abs. 1 IZG LSA. Nach § 7 Abs. 5 IZG LSA ist dem Antragsteller die Information unverzüglich, spätestens innerhalb eines Monats zugänglich zu machen. Im Fall der gänzlichen oder teilweisen Ablehnung eines Informationszugangsantrags hat eine Behörde nach § 9 Abs. 1 IZG LSA i. V. m. § 7 Abs. 5 Satz 2 und 3 IZG LSA regelmäßig innerhalb eines Monats über den Antrag zu entscheiden. Aus dem Wortlaut der Normen ergibt sich, dass die gesetzlichen Fristen bindend sind. Die gesetzlichen Informationszugangs- bzw. Bescheidungsfristen können daher nicht ohne Weiteres unter Berufung auf ein Kostenvorschussverlangen umgangen werden.

Sofern eine Behörde ausnahmsweise einen Kostenvorschuss verlangen will, muss sie darlegen können, dass sie von dem ihr eingeräumten Ermessen pflichtgemäß Gebrauch gemacht hat. Danach dürfte ein Kostenvorschussverlangen ausnahmsweise zur Sicherung besonders hoher Gebührenforderungen oder bei begründeten Zweifeln an der Zahlungsfähigkeit oder auch -willigkeit des Antragstellers in Betracht kommen.

Wegen der großen Bedeutung für die Praxis habe ich das Innenministerium um Stellungnahme gebeten. Das Ministerium hat mir in seiner Stellungnahme mitgeteilt, dass es meine Rechtsauffassung teilt. Das Innenministerium hat unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des VGH Baden-Württemberg (30. Januar 2003, Az.: 5 S 492/01) darauf hingewiesen, dass die Möglichkeit einen Vorschuss anzufordern, den in § 6 Abs. 1 VwKostG LSA geregelten Grundsatz, dass eine Gebühr erst nach der Vornahme der Amtshandlung mit der Bekanntgabe der Gebührenfestsetzung an den Schuldner fällig werde, durchbreche. Deshalb könne eine Behörde nur ausnahmsweise einen Kostenvorschuss verlangen und müsse im Rahmen der Ermessenausübung belegen, dass es einen konkreten Anlass für das Kostenvorschussverlangen gebe. Dabei sei auch das rechtspolitische Ziel des IZG LSA, den Informationszugang voraussetzungslos zu gewähren, zu berücksichtigen.

Dies habe ich auch einem Landkreis mitgeteilt, der partout nicht auf Kostenvorschussverlangen verzichten wollte. Nachdem auch dieser Hinweis nicht fruchtete, habe ich eine Beanstandung angedroht. Daraufhin hat mir der Landkreis mitgeteilt, dass er zukünftig keine Kostenvorschüsse mehr verlangen werde.