II. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für die Informationsfreiheit Sachsen-Anhalt vom 1. Oktober 2010 bis 30. September 2012
7.16.1 Der Bürger will Hilfe
Ob es sich bei einer Information um eine Umweltinformation handelt, die dem Umweltinformationsrecht unterfällt oder ob eine allgemeine Information vorliegt, deren Preisgabe sich nach dem allgemeinen Informationsfreiheitsrecht richtet, lässt sich in der Praxis oftmals nur schwer beurteilen. Beispielsweise hat das Bundesverwaltungsgericht die Frage, ob Auskünfte über Subventionen zu Agrarexporten dem Umwelt- oder dem Informationsfreiheitsrecht unterfallen, ausdrücklich offen gelassen (BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2009, NVwZ 2009, S. 1113). Das OVG NRW hat in einem Urteil zum Zugang zu Sitzungsprotokollen einer Grundwasserkommission darauf hingewiesen, dass sorgfältig zwischen allgemeinen Informationen und Umweltinformationen zu trennen ist. Es hat beispielsweise entschieden, dass Daten zum Beginn und Ende der Sitzung, zum Vorsitz sowie die Namen der Anwesenden, zur Feststellung der ordnungsgemäß erfolgten Einladung und zur Beschlussfähigkeit keine Umweltinformationen darstellen (OVG NRW, Urteil vom 5. September 2006, Az.: 8 A 2190/04, bestätigt durch BVerwG, Urteil vom 27. September 2007, Az.: 7 C 4/07). Die Einsicht in die Akten zur Prüfung der Einhaltung des Tierschutzes durch einen Tierhalter richtet sich nach der Rechtsprechung wiederum nach dem allgemeinen Informationsfreiheitsrecht (VG Minden, Urteil vom 26. Januar 2011, Az.: 7 K 1743/10). Sind allerdings die Zootierhaltung oder der Artenschutz betroffen, soll ein Zugangsanspruch nach dem Umweltinformationsgesetz bestehen (VGH München, Urteil vom 24. Mai 2011, Az.: 22 B 10.1875).
Die Unterscheidung zwischen einem Informationszugangsanspruch nach Umweltinformationsgesetz und dem allgemeinen Informationsfreiheitsrecht ist wiederum äußerst praxisrelevant, da das Umweltinformationsrecht abweichende Formvorschriften kennt, zum Teil weniger strenge Ausschlussgründe normiert und kostengünstiger ist, da hier die Höchstgrenze für Gebühren nach dem UIG LSA i. V. m. dem Verwaltungskostengesetz und der AllGO LSA bei 500 Euro liegt (vgl. Kostentarif lfd. Nr. 134, 1,4 MByte). Vor allem hängt von der Unterscheidung der Rechtsmaterien meine Kontrollzuständigkeit ab, denn nach der geltenden Rechtslage darf ich nur das IZG LSA, nicht jedoch das UIG LSA kontrollieren (vgl. Nr. 6.7.1 dieses Tätigkeitsberichts). Die Kontrollzuständigkeit für das UIG LSA fällt in Sachsen-Anhalt letztendlich vielmehr in den Aufgabenbereich des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt. Diese Aufsplittung der Kontrollkompetenzen führt jedoch im Ergebnis zu einem nicht sachgerechten Kompetenzwirrwarr.
Beispielsweise bestünde im Fall der Agrarsubventionen derzeit keine Klarheit über die Kontrollzuständigkeit. Beinhalten Akten, wie im zweiten von mir geschilderten Fall, sowohl allgemeine amtliche Informationen wie auch Umweltinformationen, müsste ein und dasselbe Dokument derzeit sowohl von mir im Hinblick auf das IZG LSA sowie vom Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt mit Blick auf das UIG LSA geprüft werden. Gleiches gilt, wenn Informationszugangsanträge Begehren sowohl zum allgemeinen Informationszugangsrecht als auch zum Umweltinformationsrecht aufweisen, auch hier fällt die Kontrollzuständigkeit auseinander, so dass letztendlich zwei Institutionen mit der Prüfung der Anträge beschäftigt wären.
Dass Antragsteller, aber auch Behörden, die sich mit der Bitte um Unterstützung an mich wenden, aber eine inhaltliche Auseinandersetzung mit ihrem gesamten Anliegen erwarten und sich nicht mit zwei verschiedenen Einrichtungen auseinandersetzen möchten, die u. U. unterschiedliche Auffassungen vertreten, hat die Landesregierung erkannt. Sie hat mich ersucht, auch Eingaben nachzugehen, die den Informationszugang nach bereichsspezifischem Recht betreffen und die Adressaten des Gesetzes gebeten, mich bereits jetzt entsprechend den Vorgaben des § 12 Abs. 2 und 3 IZG LSA zu unterstützen (LT-Drs. 6/131, S. 9/10, 165 kByte; vgl. auch Nr. 6.7.1 dieses Tätigkeitsberichts).