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II. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für die Informationsfreiheit Sachsen-Anhalt vom 1. Oktober 2010 bis 30. September 2012

7.1.1 Vorbemerkung

Der Gesetzgeber geht davon aus, dass in allen Angelegenheiten, die dem Bürgermeister, einem Gemeinderat oder einem ihrer Angehörigen i. S. d. § 31 Abs. 1 GO LSA einen besonderen Vorteil oder Nachteil bringen können, die aus dem Amt folgende Pflicht, uneigennützig und nur zum Wohle der Gemeinschaft zu handeln, mit den Eigeninteressen der Amtsträger kollidieren kann. Das Bestehen eines solchen Interessenskonflikts bedeutet natürlich nicht, dass entsprechende Geschäfte mit dem Gemeinwohl per se nicht in Einklang zu bringen wären. Deshalb verbietet sie der Gesetzgeber auch nicht. Wegen dieses Interessenkonflikts sieht er aber Mitwirkungsverbote der o. g. Amtsträger an den Beratungen und Entscheidungen der Gemeinde bzw. Genehmigungsvorbehalte durch die Kommunalaufsicht vor, vgl. §§ 68, 31 GO LSA bzw. §§ 140 Abs. 3, 142 Abs. 2 GO LSA.

Schließt eine Gemeinde im Zusammenhang mit dem Bau eines gemeindlichen Feuerwehrgerätehauses mit dem Bruder des Bürgermeisters einen Erbbaupachtvertrag über das Grundstück, auf dem das Feuerwehrgerätehaus errichtet werden soll, liegt ein solcher Interessenskonflikt prinzipiell vor. Der Konflikt wird verstärkt, wenn der Bruder des Bürgermeisters zugleich Mitglied des Gemeinderats und stellvertretender Bürgermeister ist und somit die Gefahr besteht, dass die gegenseitige Kontrolle von Bürgermeister und Gemeinderat nicht erfolgt. Es handelt sich daher um ein elementares Grundanliegen, dass sich die Bürgerinnen und Bürger selbst davon überzeugen wollen, ob bei dem Abschluss solcher Verträge alles mit rechten Dingen zugegangen ist.

Vor dem Inkrafttreten des IZG LSA bestand hier jedoch ein erhebliches Manko an Transparenz und bürgerschaftlicher Kontrolle. Die GO LSA gibt nämlich den Bürgerinnen und Bürgern bis heute kein Recht, die hierfür notwendigen amtlichen Unterlagen, wie z. B. den Vertrag selbst, Prüfungsberichte der kommunalen Rechnungsprüfungsämter oder eine erforderliche Genehmigungsentscheidung der Kommunalaufsicht einzusehen. Die Bürgerinnen und Bürger mussten sich bei Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des Handelns der Gemeinde an die Kommunalaufsicht wenden.

Mit dem Inkrafttreten des IZG LSA wurde die Rechtsposition der Bürgerinnen und Bürger erheblich gestärkt, denn Verträge der Gemeinden mit Dritten, Prüfungsberichte der kommunalen Rechnungsprüfungsämter oder die in diesem Zusammenhang von der Kommunalaufsicht vorgenommenen Prüfungen oder erteilten Genehmigungen sind grundsätzlich einsehbar, sofern kein Ausschlussgrund besteht. Das Informationszugangsrecht gibt daher den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit, sich zunächst hinreichend zu informieren und, wenn entsprechende Anhaltspunkte für Rechtsverstöße vorliegen, die Kommunalaufsicht einzuschalten.

In dem hier vorliegenden Fall hatten sich die Antragsteller zunächst an die Presse gewandt. Man hatte mir daraufhin den Sachverhalt geschildert und mich allgemein um Auskunft zum IZG LSA gebeten. Ich hatte der Zeitung mitgeteilt, dass mir der konkrete Fall nicht als Eingabe vorliege. Grundstücksverträge, die eine Gemeinde mit einem Dritten schließe, seien jedoch grundsätzlich einsehbar, sofern im Einzelfall kein Ausschlussgrund einer Einsicht entgegenstehe. Den betroffenen Bürgern stünde es frei, sich im Falle einer Ablehnung ihres Antrags zur Prüfung der Rechtmäßigkeit des behördlichen Handelns an mich zu wenden.
Aus einem mir übersandten Prüfbericht des Rechnungs- und Gemeindeprüfungsamts des zuständigen Landkreises, den die Antragsteller im Wege des IZG LSA erhalten hatten, ergab sich ferner, dass nach Auffassung der Behörde der Bürgermeister der Gemeinde an einem Beschluss und drei Entscheidungen bezüglich des Erbbaupachtvertrags mitgewirkt hatte, obwohl er gemäß § 31 Abs. 2 Nr. 1 GO LSA einem Mitwirkungsverbot unterlag. Der Prüfbericht verwies darauf, dass Beschlüsse, die unter der Verletzung der Vorschriften des § 31 Abs. 1 bis 3 GO LSA zustande gekommen waren, gem. § 31 Abs. 6 GO LSA unwirksam seien. Anzumerken ist ferner, dass nach § 142 Abs. 2 Satz 1 GO LSA Beschlüsse über Verträge der Gemeinde mit einem Gemeinderat grundsätzlich der Kommunalaufsichtsbehörde vorzulegen sind, sofern nicht ein Ausnahmefall i. S. d. § 142 Abs. 2 Satz 2 oder 3 GO LSA gegeben ist. Es ist nicht ersichtlich, dass eine solche Vorlage erfolgt ist.

Die Antragsteller haben sich in der Angelegenheit sowohl an mich als auch an das Ministerium des Innern des Landes Sachsen-Anhalt gewandt. Ich hatte mit diesen unter Beachtung der Zuständigkeiten vereinbart, dass ich den informationszugangsrechtlichen Teil der Eingabe prüfe, während das Innenministerium den kommunalrechtlichen Teil bearbeitet.