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V. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für die Informations­freiheit Sachsen-Anhalt vom 1. Oktober 2016 bis 30. September 2018

13.3 Einsicht in ein Gutachten zur Evaluierung der JVA Burg als PPP-Projekt in der Betriebsphase – Teil II

In meinem IV. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit (Nr. 16.11) hatte ich berichtet, dass das Ministerium für Justiz und Gleichstellung im Jahr 2016 einen Antrag auf Einsicht in ein Gutachten zur Evaluierung der JVA Burg als PPP-Projekt in der Betriebsphase im Wesentlichen unter Berufung auf das vermeintlich entgegenstehende Urheberrecht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft abgelehnt hatte.
 
Ich hatte dem Ministerium mitgeteilt, dass ich die Ablehnung des Antrags für rechtswidrig halte, da kein entgegenstehendes Urheberrecht zu erkennen sei, und darauf hingewiesen, dass der in dem Ablehnungsbescheid vorgetragene Sachverhalt die Annahme von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen nicht rechtfertigen dürfte. Das Ministerium wurde daher um eine Überprüfung seines Bescheids gebeten. Das Ministerium hat sich von mir nicht überzeugen lassen und auch den Widerspruch des Antragstellers abgelehnt. Dieser hatte daraufhin Klage vor dem Verwaltungsgericht Magdeburg erhoben.
 
Das Verwaltungsgericht Magdeburg hat inzwischen aus verschiedenen Gründen einen Urheberrechtsschutz verneint (VG Magdeburg, Urteil vom 23. Januar 2018, Az.: 6 A 343/16 MD):
 
Es ist zunächst zu dem Ergebnis gekommen, dass das Gutachten schon per se keinen Urheberrechtsschutz genießen könne. Voraussetzung dafür sei nämlich, dass es Werksqualität erreiche, also eine eigenständige schöpferische Leistung darstelle, die über das Alltägliche hinausgehe. Das sei hier nicht der Fall. Das Gutachten hebe sich nicht eigentümlich von anderen Wirtschaftsprüfberichten in Anwendung der "handwerklichen” Leistungen eines Betriebsprüfers ab. Eine besondere schöpferische Originalität des Berichts sei nicht festzustellen.
 
Aber selbst wenn man unterstelle, dass das Gutachten Werksqualität erreiche, könne das Urheberrecht einem Einsichtsbegehren nicht entgegengehalten werden. Denn die hier konkret vom Kläger begehrte Informationsgewährung verletze weder das urheberrechtliche Veröffentlichungsrecht nach § 12 UrhG noch sonstige Nutzungsrechte des Urhebers.
 
Die beantragte Aushändigung des Prüfberichts ist keine urheberrechtlich relevante Veröffentlichungshandlung, denn damit wird das Werk (noch) nicht der Allgemeinheit zugänglich gemacht. Der Urheber hat gem. § 12 UrhG das Recht zu bestimmen, ob und wie sein Werk zu veröffentlichen ist. Veröffentlicht ist ein Werk gem. § 6 Abs. 1 UrhG, wenn es mit Zustimmung des Berechtigten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist. Öffentlichkeit ist dabei ein individuell nicht bestimmbarer Personenkreis. Händigt die informationspflichtige Stelle das Werk an den einzelnen Informationssuchenden aus, erhält nur dieser, nicht aber bereits die Allgemeinheit Zugang zu dem Werk (vgl. VG Berlin, Urteil vom 14. September 2012, Az.: 2 K 185.11; BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2015, Az.: 7 C 1/14). So lag hier der Fall, denn der Kläger hat die Zurverfügungstellung des Berichts für sich beantragt und klargestellt, dass eine Veröffentlichung nicht vorgesehen war.
 
Wird der Prüfbericht dem Kläger zur Verfügung gestellt, geht dies auch nicht mit einer Verletzung des Vervielfältigungsrechts nach § 16 UrhG einher. Denn die Aushändigung stellt keine Vervielfältigung des geschützten Werkes dar; es erfolgt keine körperliche Reproduktion, sondern lediglich die Ermöglichung einer Einsichtnahme in das Werk.
 
Sollten die aus der Einsichtnahme gewonnenen Erkenntnisse urheberrechtswidrig genutzt werden, wofür das Gericht im vorliegenden Fall allerdings keine Anhaltspunkte sah, wäre dies nicht vom Informationsanspruch gedeckt. Eine hieraus resultierende Rechtsverletzung wäre dann vom Urheber/Nutzungsberechtigten selbst – auf dem Zivilrechtsweg – geltend zu machen (VG Magdeburg, a. a. O., Rn. 27).
 
Da das Gericht nicht völlig ausschließen konnte, dass das Gutachten Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse enthalten könne, hat es das Ministerium zur Neubescheidung des Antrags, verbunden mit einer Beteiligung der betroffenen Unternehmen, verpflichtet.
 
Das Ministerium für Justiz und Gleichstellung hat das Urteil des VG Magdeburg akzeptiert; dem Antragsteller wurde ein Termin zur Einsichtnahme angeboten.