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IV. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für die Informations­freiheit Sachsen-Anhalt vom 1. Oktober 2014 bis 30. September 2016

14.5 Bundesverwaltungsgericht zum Zugang zu Diensttelefonlisten

Ein großer Teil der Verwaltungsgerichte hatte zunächst einen Informationszugangsanspruch zu den Diensttelefonlisten von Jobcentern oder Gerichten bejaht, da es sich bei den Telefonnummern um Daten von Bearbeitern handele (sog. Funktionsträgerdaten), zu denen nach der nach § 5 Abs. 4 IFG des Bundes kraft gesetzlich getroffener Güterabwägung ein Informationszugangsanspruch bestehe (vgl. Nr. 8.7 des III. Tätigkeitsberichts).

Ein anderer Teil sowie die mit den Fällen befassten Oberverwaltungsgerichte lehnten einen entsprechenden Anspruch ab. Argumentiert wurde, dass es sich nicht um einen Fall des § 5 Abs. 4 IFG handele, sodass nach § 5 Abs. 1 IFG die Einwilligung bzw. die Güterabwägung zwischen dem Informations- und dem Geheimhaltungsinteresse vorzunehmen sei (OVG Bln-Bbg, Urteil vom 20. August 2015, Az.: OVG 12 B 21.14). Als Ausschlussgrund wurde aber auch der Schutz der öffentlichen Sicherheit herangezogen, da die Verweigerung der Herausgabe der Diensttelefonliste dem Schutz der Mitarbeiter des Jobcenters vor Belästigungen diene. Diese seien in der Praxis tatsächlich gefährdet (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 5. August 2015, Az.: 5 BV 15.160).

Der Streit wurde nun abschließend vom Bundesverwaltungsgericht entschieden. Das Gericht ist dabei zu dem Ergebnis gekommen, dass ein Anspruch auf Informationszugang zu den Telefonlisten im Regelfall nicht bestehen wird (BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2016, Az.: 7 C 20/15 sowie teilweise Parallelentscheidung mit Urteil vom 20. Oktober 2016, Az.: 7 C 27/15, NVwZ 2017, 625).

Es verweist zunächst darauf, dass die Bearbeiter i. S. d. § 5 Abs. 4 IFG nur diejenigen Bediensteten der Behörden sind, die mit dem konkreten Verwaltungsvorgang – hier also der Erstellung der Liste – befasst gewesen sind, zu der Zugang begehrt wird. Die in der Liste genannten Personen sind aber nicht Bearbeiter dieses Verwaltungsvorgangs, sodass § 5 Abs. 4 IFG auf sie nicht angewendet werden kann.

Ein Anspruch kann sich folglich nur aus § 5 Abs. 1 IFG ergeben. Nach dieser Vorschrift darf Zugang zu personenbezogenen Daten nur gewährt werden, soweit das Informationsinteresse des Antragstellers das schutzwürdige Interesse des Dritten am Ausschluss des Informationszugangs überwiegt oder der Dritte eingewilligt hat. Im Rahmen der Güterabwägung kommt das Bundesverwaltungsgericht dabei zu dem Ergebnis, dass das Geheimhaltungsinteresse der Bediensteten das Informationsinteresse des Antragstellers überwiege, wobei es dem Geheimhaltungsinteresse in Form des Datenschutzes hier regelmäßig den Vorrang einräumt. Ausschlaggebend für das Bestehen oder Nichtbestehen eines Informationszugangsanspruchs ist danach die Einwilligung des einzelnen Bediensteten.

Dass das Bundesverwaltungsgericht hier keinen Widerspruch zu seiner früheren Rechtsprechung sieht, nach der eine Behörde mit Publikumsverkehr ihrerseits grundsätzlich befugt ist, dienstliche Kontaktdaten ihrer Bediensteten zu veröffentlichen, ohne dass es auf deren Einwilligung ankäme (BVerwG, Urteil vom 3. März 2008, Az.: 2 B 131/07, DuD 2008, 696), ist m. E. nicht nachvollziehbar.

In jener Entscheidung hatte das Gericht die Auffassung vertreten, dass mit der Nennung des Namens, der Dienstbezeichnung, der dienstlichen Telefonnummer und der dienstlichen E-Mail-Adresse des Beamten keine in irgendeiner Hinsicht schützenswerten personenbezogenen Daten preisgegeben werden, sodass sich die Frage einer für Eingriffe in individuelle Rechte erforderlichen Ermächtigungsgrundlage nicht stelle. Wäre diese Auffassung überzeugend, hätte das Gericht im Rahmen der nach § 5 Abs. 1 IFG vorzunehmenden Güterabwägung wegen des fehlenden Schutzbedürfnisses für die begehrten Telefonnummern ein überwiegendes Informationsinteresse allerdings ohne Weiteres bejahen müssen. Da es sich um dieselben Daten handelt, die zugänglich gemacht werden, kann nur eines richtig sein: Entweder sie sind schutzbedürftig oder sie sind es nicht.

Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts führt jedoch nicht dazu, dass in jedem Fall ein Beteiligungsverfahren nach § 8 Abs. 1 IFG durchgeführt werden müsste, da auch ein anderer Ausschlussgrund greifen kann. Das Gericht verweist darauf, dass der Anspruch auf Informationszugang zu den dienstlichen Telefonnummern der Bediensteten auch nach § 3 Nr. 2 IFG ausgeschlossen sein kann, wenn das Bekanntwerden der Information die öffentliche Sicherheit – hier: die Funktionsfähigkeit und die effektive Aufgabenerfüllung staatlicher Einrichtungen – gefährden kann (BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2016, Az.: 7 C 20/15). Das Gericht hält es nämlich für plausibel, dass sowohl die schriftliche Erledigung von Verwaltungsvorgängen als auch Beratungsgespräche mit persönlich anwesenden Kunden durch Anrufe erheblich beeinträchtigt werden, da diese zu einer Störung der Konzentration und dadurch zu einer Verminderung von Qualität und Quantität der Aufgabenerledigung führen können (!).