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IV. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für die Informations­freiheit Sachsen-Anhalt vom 1. Oktober 2014 bis 30. September 2016

13.1 Aktuelle Rechtsprechung zum Presserecht

Im Bund gibt es kein Bundespressegesetz. Bis vor kurzem wurde daher von der h. M. noch die Auffassung vertreten, dass auf Bundesbehörden die Landespressegesetze zur Anwendung kämen.

Das Bundesverwaltungsgericht hat dies 2013 mangels Gesetzgebungskompetenz der Länder abgelehnt (BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013, Az.: 6 A 2.12, vgl. auch Nr. 5.6 des III. Tätigkeitsberichts zur Informationsfreiheit). Die Folgen des Urteils sind gravierend: Da der Bund kein Bundespressegesetz hat, ergibt sich der presserechtliche Auskunftsanspruch derzeit unmittelbar aus dem Recht auf Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG. Dieser Auskunftsanspruch ist, so das Bundesverwaltungsgericht, auf das Niveau eines „Minimalstandards“ begrenzt. Es sei Sache des Gesetzgebers, einen darüber hinausgehenden Informationszugang zu regeln.

Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hat in der Praxis jedoch nicht zu sachgemäßen Ergebnissen geführt. So ist das OVG Berlin-Brandenburg zu dem Ergebnis gekommen, dass die Gewährung des Zugangs zu Informationen, die Grundrechte Dritter betreffen, über den gebotenen Minimalstandard hinausgehe und daher abzulehnen sei (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12. September 2013, Az.: OVG 6 S 46.13). Bei einer so engen Auslegung hätte die Presse ihre Tätigkeit jedoch nahezu einstellen können. Naturgemäß betrifft alles, was in irgendeiner Weise berichtenswert sein könnte, die Grundrechte Dritter.

Wohl auch vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung hat sich das Bundesverwaltungsgericht zu einer Klarstellung bzw. Korrektur seiner Rechtsprechung veranlasst gesehen: Der verfassungsunmittelbare Auskunftsanspruch der Presse darf materiell-rechtlich nicht hinter den im Wesentlichen inhaltsgleichen Regelungen der landesrechtlichen, auf eine Abwägung zielenden Presseauskunftsansprüchen zurückbleiben (BVerwG, Urteil vom 16. März 2016, NVwZ 2016, 1020). Auf seiner Grundlage können Pressevertreter behördliche Auskünfte verlangen, soweit berechtigte schutzwürdige Interessen privater oder öffentlicher Stellen nicht entgegenstehen.

Ein daraufhin von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachter Entwurf eines Gesetzes zum Auskunftsrecht der Presse gegenüber Bundesbehörden (Presseauskunftsgesetz – BT-Drs. 18/8246) wurde vom Bundestag abgelehnt.

Während der Anspruch nach dem IZG LSA auf Auskunft und Akteneinsicht ausgerichtet ist, hat die Presse nach den Landespressegesetzen nur einen Rechtsanspruch auf Auskunft und allenfalls einen ermessensabhängigen Anspruch auf Akteneinsicht (vgl. III. Tätigkeitsbericht Nr. 5.8). Denkbar wäre es daher, der Presse über eine Gesetzesänderung auch ein Recht auf Akteneinsicht zu gewähren.