III. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für die Informationsfreiheit Sachsen-Anhalt
vom 1. Oktober 2012 bis 30. September 2014
5.6 Transparenz im Parlament
Informationszugang zu Sachleistungspauschalen der Abgeordneten
Das IZG LSA ist auf den Zugang zu amtlichen Informationen bei den Behörden des Landes Sachsen-Anhalt ausgerichtet. Auf sonstige Organe und Einrichtungen findet das Gesetz gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1c nur Anwendung, soweit sie öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen. Die Aufgaben des Landtags sind überwiegend verfassungsrechtlicher Natur, sodass hier das IZG LSA nicht anwendbar ist. Es gibt jedoch Fälle, in denen das Parlament – i. d. R. durch die Landtagsverwaltung – Verwaltungsaufgaben wahrnimmt, sodass die Anwendbarkeit des IZG LSA durchaus in Betracht kommt. Das Bestehen eines Informationszugangsanspruchs hängt dann vom Nichtvorliegen eines Ausschlussgrundes ab. Die Abgrenzung zwischen parlamentarischer und verwaltender Tätigkeit ist in der Praxis nicht immer einfach zu treffen (vgl. hierzu Schoch, Informationszugang im parlamentarischen Bereich, NVwZ 2015, 1 ff). Die Konferenz der Informationsfreiheitsbeauftragten hatte daher in ihrer Entschließung „Parlamente sollen in eigener Sache für mehr Transparenz sorgen!“ vom 27. November 2012 die Parlamente aufgefordert, von sich aus zu mehr Transparenz beizutragen (siehe II. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit, Anlage 13).
In einem für das Bundesrecht entschiedenen Fall hat das Bundesverwaltungsgericht die Anwendbarkeit des IFG des Bundes auf Auskunftsansprüche zur Verwendung von Sachmittelpauschalen durch Abgeordnete bejaht (BVerwG, Urteil vom 27. November 2014, Az.: 7 C 20.12). Es hat entschieden, dass die Bundestagsverwaltung Auskunft zur Nutzung des sog. Sachleistungsleistungskontos der Abgeordneten des Deutschen Bundestags erteilen muss, soweit sich die Angaben nicht auf einzelne Abgeordnete unter Namensnennung, sondern auf die Gesamtheit der Abgeordneten beziehen. Sofern der Antragsteller Auskünfte zu den Anschaffungen von Abgeordneten unter Namensnennung begehrt hat, wurde ein Anspruch von dem Gericht abgelehnt, da es sich bei diesen Auskünften um personenbezogene Daten aus Unterlagen handele, die im Zusammenhang mit dem Mandat stünden und durch das Informationsfreiheitsgesetz besonders geschützt seien (vgl. § 5 Abs. 2 IFG). Falls Auskünfte zu den Anschaffungen der Gesamtheit der Abgeordneten begehrt werden, hat das Bundesverwaltungsgericht den Anspruch jedoch bejaht, weil es nicht um die Herausgabe personenbezogener Daten gehe. Es sei nicht ersichtlich, wie aus solchen Angaben auch bei Nutzung zusätzlichen Wissens auf die Anschaffungen individualisierter Abgeordneter geschlossen werden könne.
Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang allerdings auch darauf, dass Informationsfreiheits- und Presserecht auseinanderfallen können. Da die Ausschlussgründe des Landespressegesetzes nicht mit denen des IZG LSA überstimmen, sind unterschiedliche Ergebnisse hinsichtlich des Bestehens oder Nichtbestehens eines Informationszugangsanspruchs denkbar.
Überträgt man z. B. die Rechtsprechung des VG Berlin zu Auskunftsansprüchen der Presse zur Verwendung der Sachleistungspauschalen von Bundestagsabgeordneten auf die Länder, dann dürfte die Presse bezüglich der Landtagsabgeordneten einen über die Informationsfreiheitsgesetze hinausgehenden Anspruch auf Namensnennung nach den Landespressegesetzen besitzen. In einem presserechtlichen Verfahren zur Verwendung der Sachleistungspauschale hatte ein Antragsteller Auskunft begehrt, welche Bundestagsabgeordneten im Jahr 2013 mehr als fünf Tablet-Computer oder ein Smartphone erworben hatten. Die Bundestagsverwaltung hatte die Auskunft mit dem Hinweis auf das Vorliegen mandatsbezogener Daten verweigert. Das Verwaltungsgericht ist dieser Argumentation nicht gefolgt, sondern hat einen Auskunftsanspruch bejaht. Gerade weil die Ausübung und Ausgestaltung des Abgeordnetenmandats frei und keiner verwaltungs- oder justizförmigen Kontrolle unterworfen sei, müsse der Öffentlichkeit die Verwendung dieser Mittel durch den einzelnen Bundestagsabgeordneten transparent gemacht werden (VG Berlin, Beschluss vom 22. August 2013, Az.: 27 L 185.13).
Die Entscheidung des VG Berlin hatte zwar vor dem OVG Berlin-Brandenburg keinen Bestand. Dies beruht jedoch ganz wesentlich auf dem Umstand, dass der Bund einen presserechtlichen Auskunftsanspruch gegenüber Bundesbehörden bisher nicht geregelt hat, weshalb die Presse nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Bund derzeit nur einen rudimentären aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG abgeleiteten Auskunftsanspruch besitzt, der die Behörden nur zu einem „Minimalstandard von Auskunftspflichten“ verpflichtet. Das OVG Berlin-Brandenburg verweist darauf, dass der auf das Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz GG gestützte Auskunftsanspruch dort ende, wo berechtigte schutzwürdige Interessen oder öffentlicher Stellen an der Vertraulichkeit von Informationen entgegen stünden. Weil es sich nur um einen Minimalstandard handele, finde eine Güterabwägung zwischen dem Informationsinteresse der Presse und den schutzwürdigen Interessen der Betroffenen nicht statt. Die Gewichtung, Austarierung und Abwägung der Interessen sei Sache des Gesetzgebers (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12. September 2013, Az.: OVG 6 S 46.13). In der Literatur wird die Entscheidung des VG Berlin inhaltlich für zutreffend gehalten (Schoch, a. a. O.).
Angesichts der für die Informationsgewinnung im Bund unbefriedigenden Lage der Presse hat sich die Konferenz der Informationsfreiheitsbeauftragten des Bundes und der Länder in einer am 27. Juni 2013 in Erfurt gefassten Entschließung für die Schaffung eines effektiven presserechtlichen Auskunftsanspruchs gegenüber den Behörden, insbesondere den Bundesbehörden, ausgesprochen (Anlage 7).
Parlamentsreform 2014
Am 13. November 2014 hat der Landtag Sachsen-Anhalts eine Parlamentsreform beschlossen. Unter informationszugangsrechtlichen Gesichtspunkten ist das Parlamentsreformgesetz (GVBl. LSA 2014, 494) insofern von Bedeutung, als mehr Transparenz bei den Nebeneinkünften der Abgeordneten geschaffen wird.
Ab Januar 2015 sollen die Nebeneinkünfte der Abgeordneten nach dem Vorbild eines Stufenmodells für die Veröffentlichung der Nebeneinkünfte der Bundestagsabgeordneten stärker offengelegt werden (vgl. Art. 11 des Gesetzes). Damit kommt der Landtag einer der Forderungen der Konferenz der Informationsfreiheitsbeauftragten nach Transparenz im parlamentarischen Bereich nach (siehe II. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit, Anlage 13). Außerdem soll das Mandat künftig im Mittelpunkt der Tätigkeit der Landtagsmitglieder stehen. Nebentätigkeiten sind aber weiterhin möglich.
Im Zuge der Parlamentsreform hat der Landtag ferner eine Ergänzung der Geschäftsordnung vorgenommen und die Einführung eines Lobbyregisters beschlossen. Nach Art. 10 des Gesetzes zur Parlamentsreform ist in die Geschäftsordnung des Landtags (LT-Drs. 6/3720) ein neuer § 86b aufgenommen, demzufolge die Anhörung von Lobby-Organisationen nur stattfindet, wenn sich diese in ein Lobbyregister eingetragen haben. Durch die Registrierung wird, so der Landtag, die Möglichkeit eingeräumt, die Institution und deren Tätigkeitsfelder gegenüber den politischen Akteuren, aber auch gegenüber der breiten Öffentlichkeit darzustellen und damit das Zustandekommen demokratischer Entscheidungen in der öffentlichen Wahrnehmung transparenter mitzugestalten. Die Liste wird vom Landtagspräsidenten auf der Internetseite des Landtages veröffentlicht.