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I. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für die Informationsfreiheit Sachsen-Anhalt vom 1. Oktober 2008 bis 30. September 2010

 

5.4.    Einsicht in ein Gutachten zu Verwaltungsermittlungen bei der Neugestaltung eines Landtagsraumes

In diesem Fall war ich vom Präsidenten des Landtags Sachsen-Anhalt kurzfristig gebeten worden, die Informationszugangsbegehren des Steuerzahlerbundes, der Presse sowie einzelner Abgeordneter auf Herausgabe eines von einem privaten Gutachter erstellten Berichts über das Ergebnis der Verwaltungsermittlungen in der Verwaltung des Landtags von Sachsen-Anhalt bei der Neugestaltung eines Beratungsraumes zu prüfen.

Der Raum war in der Öffentlichkeit als "luxussanierter" Musterberatungsraum bekannt geworden. Der mit 65 qm doch relativ kleine Raum war laut Pressemeldungen für ca. 170.000 Euro saniert und mit neuester Technik für die Abgeordneten ausgestattet worden; diese hatten den Raum jedoch weder gewollt, noch grünes Licht für seine Anschaffung gegeben. Da der Auftrag von der Landtagsverwaltung ohne Ausschreibung vergeben worden war, hatte der Landesrechnungshof das Vorgehen kritisiert. Daraufhin hatte der Landtagspräsident einen privaten Gutachter mit Verwaltungsermittlungen beauftragt, mit denen die straf- und die disziplinarrechtliche Verantwortlichkeit der betroffenen Beamten geprüft wurde. Das Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass die Beamten zwar gegen das Haushaltsrecht verstoßen hätten, aber disziplinar- oder strafrechtlich nicht zu belangen seien. Sie seien einem unvermeidbaren Verbotsirrtum unterlegen. Die Ergebnisse des Gutachtens wurden der Öffentlichkeit von dem Landtagspräsidenten auf einer Pressekonferenz im Juni 2009 mitgeteilt.

Im Rahmen meiner Prüfung kam ich zu folgendem Ergebnis:

Ein Anspruch des Bundes der Steuerzahler auf Herausgabe des Berichts bestand sowohl nach dem damals geltenden Beamtengesetz des Landes Sachsen-Anhalt, das durch das Landesbeamtengesetz (LBG LSA) abgelöst wurde, als auch nach dem IZG LSA nicht:
Unterlagen über Verwaltungsermittlungen stellen nach der eindeutigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Personalakten im materiellen Sinne dar (BVerwGE 36, 134/139; BVerwG NJW 1989, 1942). Daher war zunächst ein Informationszugangsanspruch nach dem Beamtengesetz Sachsen-Anhalt (BG LSA) zu prüfen. Nach § 90d BG LSA können Auskünfte aus einer Personalakte ohne Einwilligung des Betroffenen nur erteilt werden, wenn dies zur Abwehr einer erheblichen Beeinträchtigung des Gemeinwohls oder zum Schutz höherrangiger Interessen des Dritten zwingend erforderlich ist. Es handelt sich um einen Auskunfts-, keinen Akteneinsichtsanspruch. Es ist eine Güterabwägung vorzunehmen, bei der das Aufklärungsinteresse auf der einen Seite und das Geheimhaltungsinteresse auf der anderen Seite zu berücksichtigen waren. Auf der Seite des Geheimhaltungsinteresses wiegt es besonders schwer, dass Personalakten nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ihrem Wesen nach geheim zu halten sind (BVerfGE 19, 179/185). Da im vorliegenden Fall dem Steuerzahlerbund vom Landtagspräsidenten nach Vornahme der Güterabwägung eine entsprechende Auskunft erteilt worden war, bin ich zu dem Ergebnis gekommen, dass ein weitergehender Anspruch auf Einsicht nach dem BG LSA nicht besteht. Ein subsidiärer Anspruch nach dem IZG LSA schied aus, da durch das IZG LSA das Personalaktengeheimnis bzw. Personaldaten strikt geschützt werden (vgl. auch 5.5).

Hinsichtlich der Presse bin ich zu dem Ergebnis gekommen, dass diese nach dem Landespressegesetz (LPresseG) grundsätzlich keinen Anspruch auf Herausgabe des Berichts, sondern einen Auskunftsanspruch besitzt (§ 4 Abs. 1 S. 1 LPresseG). Da die Presse von dem Landtagspräsidenten über den wesentlichen Inhalt des Gutachtens informiert wurde, hing die Frage, ob weitergehende Informationen preisgegeben werden konnten, von dem Vorgang und dem Sachstand ab. Der Landtagspräsident wurde darauf aufmerksam gemacht, dass hier eine Güterabwägung zwischen dem Informationsinteresse der Presse und dem Geheimhaltungsinteresse der betroffenen Beamten vorzunehmen sei. Insofern konnte auf die zuvor getroffenen Ausführungen zum Anliegen des Steuerzahlerbundes verwiesen werden.

Hinsichtlich der Informationsbegehren der Abgeordneten habe ich einen aus dem Status des Abgeordneten abgeleiteten verfassungsrechtlichen Informationszugangsanspruch für gegeben gehalten, der auch ein Recht auf Vorlage des Berichts als solchen erfasse, sofern entsprechende Vorkehrungen zum Schutz der Vertraulichkeit getroffen seien. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hat der Abgeordnete nämlich einen Anspruch darauf, dass ihm die für die sachverständige Beurteilung der Verwendung von Haushaltsmitteln erforderlichen Informationen nicht vorenthalten werden (BVerfGE 110, S. 199/355).