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Anwendungshinweise zu § 5 IZG LSA - Schutz personenbezogener Daten

(1) Zugang zu personenbezogenen Daten darf nur gewährt werden, soweit das Informationsinteresse des Antragstellers das schutzwürdige Interesse des Dritten am Ausschluss des Informationszugangs überwiegt oder der Dritte eingewilligt hat. Personenbezogene Daten besonderer Art im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes zum Schutz personenbezogener Daten der Bürger dürfen nur übermittelt werden, wenn der Dritte ausdrücklich eingewilligt hat.

(2) Das Informationsinteresse des Antragstellers überwiegt nicht bei Informationen aus Unterlagen, soweit sie mit dem Dienst- oder Amtsverhältnis oder einem Mandat des Dritten in Zusammenhang stehen, und bei Informationen, die einem Berufs- oder Amtsgeheimnis unterliegen.

(3) Das Informationsinteresse des Antragstellers überwiegt das schutzwürdige Interesse des Dritten am Ausschluss des Informationszugangs in der Regel dann, wenn sich die Angabe auf Name, Titel, akademischen Grad, Berufs- und Funktionsbezeichnung, Büroanschrift und -telekommunikationsnummer beschränkt und der Dritte als Gutachter, Sachverständiger oder in vergleichbarer Weise eine Stellungnahme in einem Verfahren abgegeben hat oder abgeben soll.

(4) Name, Titel, akademischer Grad, Berufs- und Funktionsbezeichnung, Büroanschrift und -telekommunikationsnummer von Bearbeitern sind vom Informationszugang nicht ausgeschlossen, soweit sie Ausdruck und Folge der amtlichen Tätigkeit sind und kein Ausnahmetatbestand erfüllt ist.

I. Bedeutung und Systematik der Norm

§ 5 IZG LSA trägt dem Umstand Rechnung, dass der Informationssuchende mit seinem Antrag auf Zugang zu personenbezogenen Daten eines Dritten einen hoheitlichen Eingriff in dessen Recht auf informationelle Selbstbestimmung begehrt. Dieser Eingriff bedarf der verfassungs-rechtlichen Rechtfertigung, denn das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gibt dem Einzelnen die Befugnis, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner personenbezogenen Daten zu entscheiden. Deshalb kann eine Behörde über personenbezogene Daten, die sie im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung rechtmäßig erlangt hat, nicht beliebig verfügen. Das in Art. 5 Abs. 1 GG gewährleistete Recht auf Informationsfreiheit und das durch Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützte Recht auf informationelle Selbstbestimmung stehen somit regelmäßig in einem Spannungsverhältnis, das es aufzulösen gilt. § 5 IZG LSA folgt hierbei grundsätzlich den vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Kriterien für Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht schrankenlos gewährleistet, d.h. der Einzelne hat kein Recht im Sinne einer absoluten, uneinschränkbaren Herrschaft über seine Daten. Vielmehr muss er Einschränkungen im überwiegenden Allgemeininteresse hinnehmen. Allein der unantastbare Kernbereich privater Lebensgestaltung ist der öffentlichen Gewalt schlechthin entzogen. Vor diesem Hintergrund lässt § 5 Abs. 1 S. 1 IZG LSA eine Preisgabe personenbezogener Daten nur zu, soweit das Informationsinteresse das Antragstellers das schutzwürdige Interesse des Dritten am Ausschluss des Informationszugangs im Einzelfall überwiegt. Der Gemeinwohlaspekt ("überwiegendes Allgemeininteresse") findet sich nicht unmittelbar im Wortlaut der Norm wieder, liegt ihr jedoch bei historischer und teleologischer Auslegung ebenfalls zugrunde: Die mit dem IZG LSA bezweckte Transparenz der Verwaltung soll nach der Vorstellung des Gesetzgebers nicht nur dem Einzelnen, sondern auch der Allgemeinheit dienen (vgl. Fetzer, in: Fluck/Theuer [Hrsg.], Informationsfreiheitsrecht, Loseblattsammlung, Band 1, 22. Ergänzungslieferung, Stand: Mai 2008, A II IFG Bund, § 5 Rn. 19 zur korrespondierenden Rechtslage im Bund). So soll der Einzelne durch die Verfolgung seines persönlichen Informationsinteresses zugleich auch als Sachwalter der Öffentlichkeit fungieren (Gesetzentwurf LReg., LT-Drs 5/748, S. 26). Das Allgemeininteresse an der Auskunft muss daher in die Bewertung des Informationsinteresses des Einzelnen mit einfließen (Jastrow/Schlatmann, Informationsfreiheitsgesetz, 1. Auflage 2006, § 5 Rn. 14).

In den nachfolgenden § 5 Abs. 1 S. 2 bis Abs. 4 IZG LSA hat der Gesetzgeber für bestimmte praxisrelevante Fälle eine Güterabwägung bereits vorgenommen. Willigt der Dritte in die Weitergabe seiner Daten ein, besteht der Auskunftsanspruch, so dass die Güterabwägung entfällt. Das gilt auch dann, wenn die Behörde die Daten für geheimhaltungsbedürftig eingeschätzt hat. Das Verfahren - Beteiligung des Dritten - regelt § 8. Zum Begriff der personenbezogenen Daten und des Dritten siehe die Hinweise zu § 2 IZG LSA.

II. Die Güterabwägung nach § 5 Abs. 1 S. 1 IZG LSA

§ 5 Abs. 1 IZG LSA macht den Informationszugang davon abhängig, dass das Informationsinteresse des Einzelnen das Geheimhaltungsinteresse des Dritten überwiegt. Die Güterabwägung ist gerichtlich voll nachprüfbar.

1. Das Informationsinteresse des Antragstellers/der Allgemeinheit

Für die konkrete Güterabwägung ist auf der Seite des Antragstellers das von Art. 5 I GG erfasste Informationsinteresse zu ermitteln. § 7 Abs. 1 S. 3 IZG LSA verpflichtet daher den Antragsteller, seinen Antrag zu begründen. Da der Einzelne durch die Verfolgung seines persönlichen Informationsinteresses als Sachwalter der Öffentlichkeit fungieren soll, muss das Allgemeininteresse an der Auskunft in die Bewertung des Informationsinteresses des Einzelnen mit einfließen (s.o.). Problematisch ist, dass die Behörde das in der Begründung vorgetragene individuelle Informationsinteresse oftmals nicht auf seinen Wahrheitsgehalt nachprüfen kann. Sie kann daher das in der Antragsbegründung geltend gemachte individuelle Informationsinteresse nur im Rahmen einer Plausibilitätskontrolle in die Abwägung einstellen und muss vor allem das abstrakte Interesse der Öffentlichkeit an der Bekanntgabe der Information berücksichtigen (Rossi, Informationsfreiheitsgesetz, 1. Auflage 2006, § 5 Rn. 26). Ein überwiegendes Informationsinteresse ist daher um so eher anzunehmen, je weniger ein Informationsantrag rein persönlichen dafür aber umso mehr einem öffentlichen Informationsinteresse dient (Fetzer, in: Fluck/Theuer [Hrsg.], Informationsfreiheitsrecht, Loseblattsammlung, Band 1, 22. Ergänzungslieferung, Stand: Mai 2008, A II IFG Bund, § 5 Rn. 34). Lässt sich bei einem Informationsbegehren nicht auch ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit feststellen, wird man kaum ein überwiegendes Informationsinteresse feststellen können. Dies gilt insbesondere für Anträge aus purer Neugier oder reiner Sensationslust.

2. Das Geheimhaltungsinteresse des Dritten

Auf der Seite des Dritten ist das schutzwürdige Interesse am Ausschluss des Informationszugangs zu ermitteln. Dabei spielt es eine Rolle, um welche Art von personenbezogenen Daten es sich handelt. Bei Daten aus der Intimsphäre überwiegt immer das Geheimhaltungsinteresse des Einzelnen. Geht es um Daten aus der Privatsphäre (Daten aus der Familie und dem engeren Bekanntenkreis) sowie der Sozialsphäre (Daten aus dem öffentlichen Leben) des Einzelnen ist der konkrete Einzelfall entscheidend. Je näher diese Daten an den unantastbaren Kernbereich privater Lebensgestaltung des Dritten heranreichen, desto höher ist auch sein Interesse an der Geheimhaltung dieser Daten. Es ist um so geringer, je näher die Daten seiner Sozialsphäre zuzuordnen sind.

Schließlich ist zu prüfen, welche Folgen sich aus der Preisgabe der Daten für den Dritten ergeben können, insbesondere ob die Gefahr einer Stigmatisierung des Dritten besteht. Durch die Preisgabe der Daten wird nämlich der aus dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung folgende Zweckbindungsbindungsgrundsatz, nach dem die Daten nur zu dem Zweck verwendet werden dürfen, zu dem sie erhoben wurden, durchbrochen. Gibt die Behörde die Daten an den Antragsteller weiter, so ist regelmäßig davon auszugehen, dass er sie in einem neuen Zusammenhang verwenden oder sie mit anderen Daten kombinieren wird. Diese neue und andere Bedeutung bleibt dem Dritten verborgen, weil er nicht weiß und nicht wissen kann, in welchem Kontext die ihn betreffenden Daten von dem Informationssuchenden nun verwendet werden. Diesem Umstand muss die Behörde bei ihrer Abwägungsentscheidung Rechnung tragen.

Ferner ist zu berücksichtigen, ob die Behörde die Daten zwangsweise oder freiwillig erlangt hat,
denn der Dritte kann weniger schutzwürdig sein, wenn er seine Daten der Behörde freiwillig zur Verfügung gestellt hat. Bei der Einwilligung als Rechtsgrundlage der Erhebung ist aber zu beachten, dass mit ihr eine Zweckbindung und das Vertrauen verbunden ist, dass dieser Begrenzung der Verwendung Rechnung getragen wird.

3. Rechtsfolgen

Kommt die Behörde zu dem Ergebnis, dass das Informationsinteresse überwiegt, hat der Antragsteller einen Anspruch auf Informationszugang (die Formulierung "darf" räumt kein Ermessen ein). Überwiegt das Geheimhaltungsinteresse, dann kann sie dem Antragsteller den Informationszugang nur gewähren, wenn der Dritte einwilligt. Der Abwägungsvorgang kann auch zu dem Ergebnis führen, dass der Dritte nur teilweise schutzbedürftig ist ("soweit"). Danach kann dem Antragsteller auch nur eine Teilauskunft gewährt werden.

III. Die Einwilligung

Die Einwilligung ist ein Idealtypus der informationellen Selbstbestimmung. Sie geht der Güterabwägung daher immer vor. Sie ist nur dann wirksam, wenn sie auf einer freiwilligen Entscheidung des Betroffenen beruht. Dieser ist zuvor umfassend zu informieren, welche Daten zu welchem Zweck verwendet werden sollen. Daher hat der Antragsteller seinen Antrag zu begründen. Im Regelfall muss die Einwilligung schriftlich erteilt werden, sofern nicht besondere Umstände eine andere Form rechtfertigen (§ 4 Abs. 2 DSG-LSA).

IV. Gesetzlich getroffene Güterabwägungen (§ 5 Abs. 1 S. 2 - Abs. 4 IZG LSA)

1. Besondere personenbezogene Daten (Abs. 1 S. 2)

Personenbezogene Daten besonderer Art im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 DSG-LSA (d. h. Angaben über die rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder philosophische Überzeugungen, Gewerkschaftszugehörigkeit, Gesundheit oder Sexualleben) dürfen nur mit ausdrücklicher - auf diese Daten bezogener - Einwilligung des Dritten zugänglich gemacht werden.

2. Personalakten, Dienst- und Amtsverhältnisse (Abs. 2)

§ 5 Abs. 2 IZG LSA stellt zwei Gruppen personenbezogener Daten unter besonderen Schutz. Zum einen will die Vorschrift Informationen aus Unterlagen schützen, soweit sie mit einem Dienst- oder Amtsverhältnis oder einem Mandat des Dritten in Zusammenhang stehen. Gemeint sind damit im wesentlichen Personalakten im materiellen Sinn. Zum anderen will § 5 Abs. 2 IZG LSA Informationen, die einem Berufs- oder besonderem Amtsgeheimnis unterliegen, schützen. Für diese beiden Datengruppen gilt die unwiderlegbare Vermutung, dass der Antragsteller an diesen Daten
kein überwiegendes Informationsinteresse hat. Sie können nur mit Einwilligung des Dritten zugänglich gemacht werden.

Ob es in der Praxis jedoch einen eigenständigen Anwendungsbereich für diese Vorschrift geben wird, bleibt abzuwarten: Personalakten sind nämlich schon auf Grund der Sonderregelungen in
§§ 90 ff. BG LSA und § 28 DSG-LSA sowie nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 IZG LSA als vertrauliche Informationen vom Informationszugang ausgeschlossen. Gleiches gilt gem. § 3 Abs. 1 Nr. 4 IZG LSA für Informationen, die Berufs- oder Amtsgeheimnissen unterliegen.

3. Gutachter und Sachverständige (Abs. 3)

§ 5 Abs. 3 IZG LSA ergänzt die Regelung des § 4 Abs. 1 Satz 2 IZG LSA, nach der auch Gut-achten und Stellungnahmen Dritter grundsätzlich dem Informationszugang unterliegen. Die Angaben über Name, Titel, akademische Grade, Berufs- und Funktionsbezeichnungen sowie Bürokommunikationsadressen von Gutachtern, Sachverständigen oder Personen, die in vergleichbarer Weise in einem Verfahren tätig waren oder werden, sind grundsätzlich nicht schutzbedürftig. Die Ausgestaltung als Regelvorschrift ermöglicht es, den Informationszugang in Ausnahmefällen abzulehnen, etwa wenn bereits der Umstand der Beteiligung an einem Verfahren geheimhaltungsbedürftig ist. Maßgebend ist, ob der Dritte durch die Offenbarung der aufgeführten Daten der Gefahr spürbarer Nachteile ausgesetzt wäre.

4. Funktionsbezogene Angaben (Abs. 4)

Gem. § 5 Abs. 4 IZG LSA sind die abschließend aufgeführten - mit der dienstlichen Tätigkeit zusammenhängenden - personenbezogenen Daten von Amtsträgern vom Informationszugang nicht ausgeschlossen, soweit sie Ausdruck und Folge der amtlichen Tätigkeit sind und kein Ausnahmetatbestand erfüllt ist. Die Regelung will verhindern, dass die in jeder Akte zu findenden Daten von Amtsträgern unter einen Einwilligungs- oder Abwägungsvorbehalt gestellt werden. § 5 Abs. 4 IZG LSA stellt daher klar, dass diese Daten weitergegeben werden dürfen, ohne dass es einer Einwilligung oder Abwägung bedarf. Wird losgelöst von Sachvorgängen die Herausgabe von Mitarbeiterdaten beantragt, sind die Daten nicht mehr Ausdruck und Folge einer amtlichen Tätigkeit, so dass § 5 Abs. 1 IZG LSA einschlägig ist. § 5 Abs. 4 IZG LSA stellt zudem klar, dass funktionsbezogene Daten dann nicht weitergegeben bzw. veröffentlicht werden dürfen, wenn ein Ausnahmetatbestand i.S. des IZG LSA erfüllt ist. Rechte des Amtsträgers (insbesondere Persönlichkeitsrechte, Recht auf körperliche Unversehrtheit) werden im wesentlichen über den Ausnahmegrund der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 IZG LSA geschützt. Ist ein Amtsträger z.B. Opfer von Stalking oder sieht er sich wegen strittiger Entscheidungen ernsthaften Drohungen ausgesetzt, dürfen seine Daten nicht weitergegeben werden.

V. Einzelfälle

Aus dem Informationsfreiheitsgesetz ergibt sich kein Anspruch gegen einen gesetzlichen Unfallversicherungsträger auf Herausgabe der Namen und Adressen sämtlicher bei ihm versicherter natürlicher und juristischer Personen (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof DVBl. 2009, 323 f.). 

 

 

Anwendungshinweise des Landesbeauftragten für die Informationsfreiheit Sachsen-Anhalt zum IZG LSA - Stand 17. August 2010