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V. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für die Informations­freiheit Sachsen-Anhalt vom 1. Oktober 2016 bis 30. September 2018

12.5 Verfügungsbefugnis, wenn die Information bei zwei Behörden liegt

In der Praxis kommt es sehr oft vor, dass ein- und dieselbe Information bei verschiedenen Behörden liegt. Ein klassisches Beispiel ist die Prüfung einer Behörde durch eine andere, z. B. durch den Landesrechnungshof. In einem solchen Fall liegen Prüfbericht und Stellungnahme der geprüften Behörde bei beiden Behörden vor. Nach der Kommentarliteratur zu den Informationsfreiheitsgesetzen ließ sich der Fall bisher unproblematisch lösen: Ein Antragsteller konnte sich an beide Behörden wenden, denn beide Behörden besaßen eine Verfügungsbefugnis über die Information und mussten über den Antrag entscheiden.
 
Das Bundesverwaltungsgericht hat die Rechtslage durch eine bislang wenig bekannte Entscheidung verkompliziert. Nach seiner Rechtsprechung ist nämlich der Urheber der Information bzw. des Schriftstücks immer verfügungsbefugt (BVerwG, Urteil vom 3. November 2011, Az.: 7 C 4/11). Wird von einer Behörde eine Information an eine andere Behörde übermittelt und ist sie an mehreren Stellen verfügbar, so erhält die empfangende Behörde ein eigenes Verfügungsrecht, sofern sie die Informationen der anderen Behörde für eigene Zwecke oder Vorhaben verwendet (BVerwG, a. a. O.). Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts soll bei zwei verfügungsberechtigten Stellen dann jedoch die Stelle mit der größeren Sachnähe über den Antrag entscheiden.
 
Aus meiner Sicht erscheint die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts praxisfern. Das Problem liegt darin, dass sich in den meisten Fällen schlichtweg nicht ermitteln lässt, welche Behörde die größere Sachnähe besitzt. Dies wird am o. g. Beispiel besonders deutlich: Wie soll objektiv festgestellt werden, ob nun die prüfende oder die geprüfte Behörde eine größere Sachnähe besitzt? Womöglich wird sich die eine Behörde auf die größere Sachnähe der anderen Behörde berufen und den Antragsteller mit seinem Begehren an die andere Stelle verweisen, mit der Folge, dass der Antragsteller es mit zwei angeblich unzuständigen Behörden zu tun hat.
 
Die untergerichtliche Rechtsprechung hatte die Problematik erkannt. Lässt sich eine größere Sachnähe nicht feststellen, was in der Praxis der Regelfall sein wird, sollen beide Stellen verfügungsbefugt und für die Entscheidung über den Antrag zuständig bleiben (VG Berlin, Urteil vom 23. Oktober 2013, Az.: 2 K 294.12).