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IV. Tä­tig­keits­be­richt des Lan­des­be­auf­trag­ten für die Informations­freiheit Sachsen-​Anhalt vom 1. Ok­to­ber 2014 bis 30. Sep­tem­ber 2016

9.1 Die Di­gi­ta­le Agen­da des Lan­des Sachsen-​Anhalt

Die Di­gi­ta­li­sie­rungs­ent­wick­lung des Lan­des ist für die Lan­des­re­gie­rung eine der wich­tigs­ten Her­aus­for­de­run­gen in die­ser Le­gis­la­tur­pe­ri­ode. Sie hat an­ge­kün­digt, im Herbst 2017 eine um­fas­sen­de Di­gi­ta­le Agen­da vor­zu­le­gen.

Zur Er­ar­bei­tung der Di­gi­ta­len Agen­da wurde am 14. De­zem­ber 2016 eine in­ter­mi­nis­te­ri­el­le Ar­beits­grup­pe „Di­gi­ta­le Agen­da Sachsen-​Anhalt“ ein­ge­rich­tet, an der ich in mei­ner Funk­ti­on als Lan­des­be­auf­trag­ter für den Da­ten­schutz sowie als Lan­des­be­auf­trag­ter für die In­for­ma­ti­ons­frei­heit be­tei­ligt bin. Die vom Mi­nis­te­ri­um für Wirt­schaft, Wis­sen­schaft und Di­gi­ta­li­sie­rung fe­der­füh­rend ge­lei­te­te in­ter­mi­nis­te­ri­el­le Ar­beits­grup­pe soll­te den Res­sorts ins­be­son­de­re Ge­le­gen­heit geben, ge­eig­ne­te Maß­nah­men für die Auf­nah­me in die Di­gi­ta­le Agen­da zu er­mit­teln und an­zu­mel­den. Ich habe dem Mi­nis­te­ri­um für Wirt­schaft, Wis­sen­schaft und Di­gi­ta­li­sie­rung im Fe­bru­ar 2017 erste Vor­schlä­ge für die Be­rei­che des Da­ten­schut­zes und der In­for­ma­ti­ons­frei­heit über­mit­telt.

Da­ne­ben hat das Mi­nis­te­ri­um für Wirt­schaft, Wis­sen­schaft und Di­gi­ta­li­sie­rung eine Online-​Konsultation zur Di­gi­ta­len Agen­da ge­star­tet, bei der al­ler­dings nur be­reits be­stehen­de An­ge­bo­te kom­men­tiert wer­den konn­ten. Die wich­ti­gen zu­künf­ti­gen Maß­nah­men, die von den Res­sorts be­nannt wor­den waren und Ge­gen­stand der Di­gi­ta­len Agen­da wer­den sol­len, wur­den nicht zur Kom­men­tie­rung zur Ver­fü­gung ge­stellt.

Zu­sätz­lich hat das Mi­nis­te­ri­um für Wirt­schaft, Wis­sen­schaft und Di­gi­ta­li­sie­rung – im An­schluss an die Auf­takt­ver­an­stal­tung vom Fe­bru­ar 2017 – acht Work­shops u. a. zu den The­men In­fra­struk­tu­ren, Da­seins­vor­sor­ge mit­tels Me­di­zin 4.0, Wirt­schaft 4.0, Ar­beit 4.0, Bil­dung und E-​Government-Entwicklungen ver­an­stal­tet, durch die ein Input von außen ge­won­nen wer­den soll­te. In Zu­sam­men­ar­beit mit mei­nem Hause wurde der Work­shop  „Da­ten­schutz, In­for­ma­ti­ons­si­cher­heit und In­for­ma­ti­ons­frei­heit“ im Juli 2017 als Ab­schluss­ver­an­stal­tung durch­ge­führt.

Es ist er­freu­lich, dass sich die­ser Work­shop auch in­for­ma­ti­ons­frei­heits­recht­li­chen The­men wid­men konn­te. So hat die Stadt Mer­se­burg, die im Wett­be­werb Mo­dell­kom­mu­ne Open Go­vern­ment des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums des In­nern zu­sam­men mit dem Saa­le­kreis er­folg­reich war, ihre Pla­nun­gen für die Ver­wirk­li­chung von Open Go­vern­ment vor­ge­stellt. All­ge­mein wurde deut­lich, dass sich die Wirt­schaft Sachsen-​Anhalts ins­ge­samt mehr Open Data wünscht.

Ich habe auf dem Work­shop dar­auf hin­ge­wie­sen, dass das ge­plan­te E-​Government-Gesetz und die Ein­füh­rung der elek­tro­ni­schen Akte Grund­vor­aus­set­zun­gen für Open Data und Open Go­vern­ment (Bür­ger­be­tei­li­gungs­por­tal) sind. All­ge­mein be­steht gro­ßer Hand­lungs­be­darf. In die Di­gi­ta­le Agen­da ist aus in­for­ma­ti­ons­frei­heits­recht­li­cher Sicht ein Trans­pa­renz­ge­setz mit Open-​Data-Regelungen sowie der Aus­bau des Lan­despor­tals zu einem In­for­ma­ti­ons­re­gis­ter unter Ein­be­zie­hung der Kom­mu­nen bis zum 31. De­zem­ber 2018 (gemäß den Prin­zi­pi­en „Open Data by De­sign“ und „Open Data by De­fault“) auf­zu­neh­men (vgl. den LT-​Beschluss vom 4. Mai 2017, siehe Nr. 8 die­ses Be­richts und An­la­ge 3a). In der Agen­da ist auch die Be­tei­li­gung am bun­des­deut­schen Por­tal „Gov­Da­ta“ zu be­rück­sich­ti­gen. Zudem ist die Stra­te­gie Sachsen-​Anhalt di­gi­tal 2020 zu einer E-​Government-Strategie und par­al­lel zu einer Open-​Government-Strategie fort­zu­ent­wi­ckeln.

Es soll­ten fer­ner För­der­pro­gram­me für Un­ter­neh­mens­grün­dun­gen im Be­reich von Open Data ge­schaf­fen wer­den. Das setzt eine Er­mitt­lung der Daten, die der Wirt­schaft vor­ran­gig zur Ver­fü­gung ge­stellt wer­den sol­len, vor­aus. Diese Frage wurde in der Ver­gan­gen­heit ins­be­son­de­re von der Mi­nis­te­ri­al­ver­wal­tung ver­nach­läs­sigt. Das hat die Wirt­schaft auch auf dem o. g. Work­shop be­klagt. Die re­nom­mier­te Konrad-​Adenauer-Stiftung geht in einer Stu­die aus dem Jahr 2016 für einen Zeit­raum von 10 Jah­ren von einem Wirt­schafts­po­ten­ti­al von 12,1 Mil­li­ar­den im kon­ser­va­ti­ven Fall bis zu 131 Mil­li­ar­den Euro im op­ti­mis­ti­schen Be­reich für Deutsch­land aus (Kuzev, „Open Data. The Be­ne­fits. Das volks­wirt­schaft­li­che Po­ten­ti­al für Deutsch­land“, S. 10 ff.). Es ist nicht nach­voll­zieh­bar, dass Sachsen-​Anhalt die­ses Po­ten­ti­al bis­her nicht nutzt.

Da es sich fer­ner ab­zeich­net, dass das Land sog. re­gio­na­le Di­gi­ta­li­sie­rungs­zen­tren för­dern will, reicht es nicht aus, wenn sich diese Zen­tren le­dig­lich auf die tech­ni­sche Um­set­zung der Di­gi­ta­li­sie­rung ein­schließ­lich Da­ten­schutz und In­for­ma­ti­ons­si­cher­heit be­schrän­ken. Viel­mehr geht es auch um die bes­se­re In­for­ma­ti­on der Bür­ger, eine ver­stärk­te Bür­ger­be­tei­li­gung und die Op­ti­mie­rung der Zu­sam­men­ar­beit mit der Zi­vil­ge­sell­schaft und der Wirt­schaft, damit letzt­end­lich auch bes­se­re Ver­wal­tungs­dienst­leis­tun­gen an­ge­bo­ten wer­den kön­nen. Da es sich auch um Fra­gen des Open Go­vern­ment han­delt, soll­ten diese Zen­tren zu­gleich Open-​Government-Kompetenz-Zentren wer­den. Zudem muss das Land dar­auf ach­ten, dass diese Zen­tren gleich­mä­ßig ver­teilt wer­den, damit in Sachsen-​Anhalt keine „ana­lo­gen In­seln“ ent­ste­hen, die vom Fort­schritt ab­ge­schnit­ten sind.

Das Mi­nis­te­ri­um für Wirt­schaft, Wis­sen­schaft und Di­gi­ta­li­sie­rung er­ar­bei­tet einen Ge­samt­text für die Di­gi­ta­le Agen­da. Nach mei­ner Ein­schät­zung be­darf es dabei einer Zu­sam­men­schau der Teil­the­men, auf die ich selbst immer be­son­de­ren Wert ge­legt habe, und einer ent­spre­chen­den Be­wer­tung. Die Work­shops haben auch ge­zeigt, dass eine reine Res­sort­be­tei­li­gung, die auf den Input von außen ver­zich­tet, zu kurz grei­fen würde. Viel­mehr soll­te eine ver­bind­li­che und in sich stim­mi­ge Stra­te­gie ent­wi­ckelt wer­den, die auf der Ex­per­ti­se der maß­geb­li­chen Ak­teu­re aus Wirt­schaft, Ge­sell­schaft und Wis­sen­schaft be­ruht. Der vor­ge­se­he­ne Di­gi­ta­li­sie­rungs­bei­rat – je­den­falls mit Be­ra­tungs­funk­ti­on, frag­lich ob auch mit Steue­rungs­funk­ti­on – wird sich erst spä­ter kon­sti­tu­ie­ren.

Im nächs­ten Tä­tig­keits­be­richt wer­den die In­hal­te der Di­gi­ta­len Agen­da zu be­wer­ten sein.

Die Emp­feh­lun­gen die­ses IV. Tä­tig­keits­be­richts zur In­for­ma­ti­ons­frei­heit (siehe ins­be­son­de­re Nr. 10) soll­ten in die Di­gi­ta­le Agen­da des Lan­des auf­ge­nom­men wer­den.