Menu
menu

IV. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für die Informations­freiheit Sachsen-Anhalt vom 1. Oktober 2014 bis 30. September 2016

16.3 Akteneinsicht im Zusammenhang mit einem Straßenausbau

Ein Antragsteller will die Rechtmäßigkeit der von einer Stadt nach dem Kommunalabgabengesetz Sachsen-Anhalt erlassenen Straßenausbaubescheide prüfen und dazu die aus seiner Sicht notwendigen Unterlagen einsehen. Damit der Bescheid nicht bestandskräftig wurde, hat er Widerspruch eingelegt. Für ihn stellt sich die Frage, ob er die Akteneinsicht über das Kommunalrecht durchsetzen soll oder ob er auch auf das IZG LSA zurückgreifen kann.

Rechtsgrundlage für den Erlass von Straßenausbaubescheiden ist das Kommunalabgabengesetz Sachsen-Anhalt (KAG-LSA). Nach § 13 Abs. 1 Nr. 3 KAG-LSA kommen im Verwaltungsverfahren die allgemeinen Verfahrensvorschriften der Abgabenordnung (AO) zur Anwendung. Die AO enthält bislang zwar keine Regelung, nach der ein Anspruch auf Akteneinsicht im steuerlichen Verwaltungsverfahren besteht. Die Rechtsprechung hat jedoch entschieden, dass der Steuerpflichtige ein Recht darauf hat, dass die Behörde über einen Antrag auf Gewährung von Akteneinsicht nach pflichtgemäßem Ermessen entscheidet. Dieser Akteneinsichtsanspruch kommt daher grundsätzlich auch im Kommunalabgabenrecht in Betracht. Die Ermessensentscheidung über das Akteneinsichtsbegehren erfordert eine Abwägung der Interessen des Antragstellers an der Auskunft mit den Interessen der Behörde an der Nichtauskunft. Im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung hat die Behörde insbesondere zu berücksichtigen, ob der um Akteneinsicht Nachsuchende ein berechtigtes Interesse an der Akteneinsicht dargelegt hat oder ob ein solches Interesse aus den Umständen des Einzelfalls erkennbar ist (Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 23. April 2014, Az.: 3 L 319/13; vgl. auch Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 1. August 2005, Az.: OVG 9 S 2.05). Weiter ist für die Ermessensabwägung maßgebend, ob die Akteneinsicht der Wahrnehmung von Rechten in einem bestehenden Steuerverhältnisses dienen kann (OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 23. April 2014, a. a. O.). Daher kommt für jeden Anwohner ein Akteneinsichtsanspruch zu den sein Grundstück betreffenden Unterlagen in Betracht, soweit dies der Wahrnehmung seiner Rechte dienen kann.

Das VG Potsdam hat – allerdings zum brandenburgischen Kommunalabgabenrecht – die Pflicht zur fehlerfreien Ermessensausübung weiter konkretisiert. Nach Auffassung des Gerichts darf dem Abgabenschuldner die Einsicht in die Abrechnungsunterlagen vor Klageerhebung regelmäßig nicht verwehrt werden, sofern Verhältnisse Dritter unberührt bleiben (VG Potsdam, Beschluss vom 17. Dezember 2009, Az.: 12 K 1853/07).

Verweigert eine öffentliche Stelle den Zugang zu diesen Informationen, bin ich aber nicht der richtige Ansprechpartner zur Durchsetzung dieses kommunalrechtlichen Anspruchs, sondern die Kommunalaufsicht.

Ein Rückgriff auf die grundsätzlich Kostenpflichten begründenden Informationsfreiheitsgesetze des Landes Sachsen-Anhalt (Umweltinformations- bzw. Informationszugangsgesetz Sachsen-Anhalt) ist zwar denkbar, erscheint aber angesichts der bereits existierenden Rechtsprechung zum Akteneinsichtsrecht im Kommunalabgabenrecht nicht erforderlich. Hinzuweisen ist lediglich darauf, dass die Vorschriften der Abgabenordnung bisher keine Sperrwirkung für das Informationsfreiheitsrecht entfalten, dieses also anwendbar bleibt (Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 23. April 2014, Az.: 3 L 319/13, vgl. Nr. 8.10 des III. Tätigkeitsberichts). Ob ein Informationszugangsanspruch besteht, hängt wiederum vom Vorliegen eines Ausschlussgrundes ab. Möglich sind daher grundsätzlich auch Teilinformationszugangsansprüche. Der Ausschlussgrund des § 3 Abs. 1 Nr. 11 IZG LSA, der nach der Rechtsprechung auch das laufende Steuerverfahren schützen soll, dürfte hier nicht greifen, da die Norm nur gegenüber Finanzbehörden i. S. d. § 2 Finanzverwaltungsgesetzes gilt. Hierzu gehört die Stadt als Behörde; die für den Straßenbau zuständig ist, nicht.