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IV. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für die Informations­freiheit Sachsen-Anhalt vom 1. Oktober 2014 bis 30. September 2016

12.4 Entschließung: „Auch die Verwaltungen der Landesparlamente sollen Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste proaktiv veröffentlichen!“

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss die Bundestagsverwaltung nach dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes Zugang zu den Ausarbeitungen des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages gewähren (BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2015, Az.: 7 C 1/14). Da die Regelungen der Informationsfreiheitsgesetze der Länder denen des Bundes entsprechen, ist diese Rechtsprechung ohne Weiteres auf die Gesetzgebungs- und Beratungsdienste der Länder übertragbar.

Wie der Bundestag inzwischen bekanntgegeben hat, muss der Zugang zu den Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes seit dem 18. Februar 2016 nicht mehr individuell beantragt werden. Vielmehr veröffentlicht die Bundestagsverwaltung die Ausarbeitungen der Wissenschaftlichen Dienste vier Wochen nach Auslieferung an die auftraggebenden Abgeordneten im Internet. Diese sollen dabei zunächst die Möglichkeiten haben, die Gutachten exklusiv für sich zu nutzen. Ihre Namen werden auch später nicht bekannt gegeben. Die Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages müssen auch nicht in der Parlamentsdokumentation des Bundestages recherchiert werden. Sie werden vielmehr der Öffentlichkeit auf der Homepage des Bundestages auf einer eigens für den Wissenschaftlichen Dienst eingerichteten Seite direkt – sei es als aktuelle Gutachten oder als ältere Gutachten in einem Archiv – zum Abruf zur Verfügung gestellt.

Die Entscheidung der Bundestagsverwaltung zur proaktiven Veröffentlichung der Gutachten ist im Sinne von Open Data und Transparenz vorbildlich. Sie ist aber auch in ihrem Eigeninteresse. So lagen infolge der neuen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in kürzester Zeit weit über 2.000 Informationszugangsanträge vor. Die individuelle Bearbeitung der einzelnen Anträge hätte viel Zeit gebunden und unnötig hohe Personal- und Sachkosten verursacht, die durch die proaktive Veröffentlichung der Gutachten nun vermieden wird.

Vor diesem Hintergrund forderte die Konferenz der Informationsbeauftragten in Deutschland in ihrer Entschließung vom 28. April 2016 „Auch die Verwaltungen der Landesparlamente sollen Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste proaktiv veröffentlichen!“ die Landtagsverwaltungen auf, dem Vorbild der Bundestagsverwaltung zu folgen (Anlage 7).

Ich hatte mich daher an den damaligen Landtagspräsidenten gewandt und ihn darauf aufmerksam gemacht, dass die Gutachten des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes des Landtages von Sachsen-Anhalt nach meinem Kenntnisstand in der Parlamentsdokumentation des Landtages bisher nicht veröffentlicht sind. Es ließ sich auch nicht ohne Weiteres ermitteln, wie viele Gutachten es überhaupt gibt. Ich habe daher den Landtagspräsidenten um Unterstützung und Prüfung der Veröffentlichung der Gutachten des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes gebeten sowie empfohlen, den Ältestenrat zu unterrichten.

Interessant ist dabei folgende landtagsinterne Regelung, die FragDenStaat mitgeteilt wurde: Danach wird der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst auf der Grundlage der Richtlinie zu Aufgaben und Organisation für den Gesetzgebungs- und Beratungsdienst beim Landtag von Sachsen-Anhalt vom 15. Januar 1992 (Drs. 1/1146) tätig. Nach § 5 Abs. 3 Sätze 2 und 3 dieser Richtlinie kann der Auftraggeber, der den GBD um Vorbereitung einer Angelegenheit gebeten hat, den Grad der Vertraulichkeit festlegen. Der Dienst ist insoweit zur Geheimhaltung verpflichtet. Der Landtag will nun das Verhältnis der Richtlinie zu § 3 Abs. 1 Nr. 4 IZG LSA, der solche Informationen schützt, die einer gesetzlich geregelten Verschwiegenheitspflicht unterliegen, klären.

Das Bundesverwaltungsgericht hatte allerdings in o. g. Gerichtsentscheidung eine Berufung des Wissenschaftlichen Dienstes auf entsprechende Regelungen nicht anerkannt. Solche Richtlinien stellen lediglich Binnenrecht dar. Es handelt sich bei ihnen nicht um gesetzliche Regelungen, sodass § 3 Abs. 1 Nr. 4 IZG LSA nicht greift.

Auf Nachfrage hat mir die Landtagspräsidentin im Herbst 2016 mitgeteilt, dass sich der Ältestenrat mittlerweile mit der Thematik befasst habe. Im Ergebnis sei entschieden worden, dass Gutachten des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes veröffentlicht werden sollen. Der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst sei gebeten worden, entsprechende Regularien hierfür auszuarbeiten, die im Ältestenrat zu beraten seien. Des Weiteren würden derzeit die technischen Voraussetzungen geprüft und geschaffen, damit eine Veröffentlichung der Gutachten auf der Internetseite des Landtages möglich werde.

Im Juni 2017 habe ich mich bei der Landtagspräsidentin erkundigt, wann die ersten Gutachten veröffentlicht werden sollen. Laut Antwort von Ende August 2017 arbeitet der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst immer noch an der Ausarbeitung der Regularien.

Die Entscheidung des Ältestenrates ist damit weiterhin nicht umgesetzt. Die Gutachten des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes werden nicht auf der Homepage des Landtages veröffentlicht (an der geringen Zahl der Gutachten – 2014 und 2015 lediglich 37 Gutachten – kann es nicht liegen).