Menu
menu

III. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für die Informationsfreiheit Sachsen-Anhalt
vom 1. Oktober 2012 bis 30. September 2014

8.3 Einsicht in Gutachten – Urheberrechte des Gutachters

In der Verwaltungspraxis ist es nicht unüblich, externen Sachverstand hinzuziehen. Liegt das Gutachten vor und entspricht es den Erwartungen der Behörde, die das Gutachten in Auftrag gegeben hat, ist seine Veröffentlichung unproblematisch. Kritisch sind in der Praxis vielmehr die Fälle, in denen sich die (Rechts-)Auffassung der Verwaltung und die des Gutachters nicht decken. In diesen Konstellationen neigt die Verwaltung mitunter dazu, die Herausgabe eines Gutachtens unter Berufung auf entgegenstehende Urheberrechte des Gutachters zu verweigern. Eine entsprechende Vorgehensweise ist regelmäßig aus zwei Gründen rechtlich bedenklich:

Das Urheberrecht schützt grundsätzlich „Werke“. Werke i. S. d. Gesetzes sind nur persönliche, geistige Schöpfungen. Es ist daher in der Praxis zunächst eine Prüfung der Werkseigenschaft vorzunehmen. Bei Gutachten oder Schriftsätzen bemisst sich die Frage des hinreichenden schöpferischen Eigentümlichkeitsgrads nach der konkreten Gestaltung im Gesamtvergleich gegenüber anderen Gestaltungen. Erforderlich ist ein deutliches Überragen des Alltäglichen, des Handwerksmäßigen. Anwaltliche Schriftsätze oder herkömmliche Gutachten sind daher im Normalfall schon nicht als Werk zu qualifizieren (vgl. BGH, Urteil vom 17. April 1986, Az.: I ZR 213/83).

Sollte ein Gutachten abweichend vom Regelfall Werksqualität besitzen, dann steht nach der Rechtsprechung das Urheberrecht im Normalfall einem Informationszugangsanspruch dennoch nicht entgegen. Bei Gutachten, die im Auftrag einer Behörde durch Private gegen Entgelt erstellt werden, erfasst das der Behörde als Auftraggeber eingeräumte Nutzungsrecht zur Aufgabenerfüllung nämlich auch das Recht zur Informationserteilung nach dem IFG (VG Köln, Urteil vom 22. November 2013, Az.: 13 K 5281/11; VG Berlin Urteil vom 21. Oktober 2010, Az.: 2 K 89.09). Das Urheberrecht des Gutachters kann daher einem Informationszugangsanspruch im Regelfall nicht entgegengehalten werden.

Darauf hat auch die Konferenz der Informationsfreiheitsbeauftragten des Bundes und der Länder in ihrer Entschließung „Das Urheberrecht dient nicht der Geheimhaltung!“ vom 17. Juni 2014 hingewiesen (Anlage 10). Wer mit der Verwaltung Verträge schließt, muss wissen, dass diese an gesetzliche Transparenzpflichten gebunden ist, die sich nicht abbedingen lassen. Um Konfliktfälle von vornherein zu vermeiden, empfiehlt die Konferenz staatlichen Stellen, sich von vornherein das Recht an einer Herausgabe und Veröffentlichung vertraglich einräumen zu lassen.