II. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für die Informationsfreiheit Sachsen-Anhalt vom 1. Oktober 2010 bis 30. September 2012
6.9 Ausschlussgrund - Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse
In meinem I. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit hatte ich noch festgestellt, dass sich nur wenige Eingaben auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse bezogen hatten (vgl. Nr. 5.12.). Im Berichtszeitraum für meinen II. Tätigkeitsbericht ist die Anzahl entsprechender Eingaben gestiegen. Bei der Prüfung dieser Eingaben zeigt sich nach wie vor, dass die auskunftspflichtigen Stellen das Merkmal nicht hinreichend prüfen und das Vorliegen von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen vorschnell bejahen. Auf einen in der Praxis immer wieder vorkommenden Fehler möchte ich dabei besonders aufmerksam machen, dem sich nun auch die Rechtsprechung gewidmet hat:
In meinem I. Tätigkeitsbericht hatte ich bereits darauf verwiesen, dass unter einem Betriebs- und Geschäftsgeheimnis Tatsachen zu verstehen sind, die sich auf einen bestimmten Gewerbebetrieb beziehen, nur einem begrenzten Personenkreis bekannt und damit nicht offenkundig sind, nach dem erkennbaren Willen des Betriebsinhabers geheim gehalten werden sollen und hinsichtlich derer der Betriebsinhaber ein berechtigtes wirtschaftliches Geheimhaltungsinteresse hat (BGH St 41, S. 140/142).
Aus dieser Definition ergibt sich, dass nur solche Informationen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sein können, die einem begrenzten Personenkreis bekannt sind. Nur dann stellen sie ein Geheimnis dar. Sind die Informationen öffentlich oder von jedermann messbar, liegt begrifflich schon kein Geheimnis vor.
Die richtige Prüfung des Merkmals des Geheimnisses wird in der Praxis vor allem bei Anträgen auf Einsicht in Verträge, die Gegenstand einer öffentlichen Ausschreibung waren, relevant. Hier gehen viele Behörden vorschnell davon aus, dass jegliche vertragliche Regelung ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis begründen könne. Die in einem Vertrag geregelten Rechte und Pflichten, die Gegenstand einer öffentlichen Ausschreibung waren, sind jedoch nicht geheim und können daher begrifflich schon nicht ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis sein. Nicht geheim sind auch Informationen über Mitbieter eines Vergabeverfahrens, die nach der erfolgten Zuschlagserteilung der Öffentlichkeit ohne Weiteres zugänglich sind. Dies gilt nach der Rechtsprechung des VG Magdeburg z. B. für die Anzahl der von einem Personenbeförderungsunternehmen eingesetzten Kraftfahrzeuge sowie deren Ausstattung (VG Magdeburg, Urteil vom 29. März 2012, Az.: 2 A 01/12). Hierbei handelt es sich nämlich um Informationen, die mit ein bisschen Fleiß und Beobachtungsgabe prinzipiell jeder ermitteln kann.