I. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für die Informationsfreiheit Sachsen-Anhalt vom 1. Oktober 2008 bis 30. September 2010
5.2. Keine Einschränkung des IZG LSA durch ministerielle Erlasse
Dass sich die Behörden auf die neue Rechtslage erst noch einstellen müssen, zeigt folgender Fall.
Ein Petent hatte das Landesverwaltungsamt um die Übersendung eines Erlasses des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt sowie eines Schreibens des Innenministeriums gebeten. Die Behörde sah sich jedoch unter Berufung auf einen Erlass des Umweltministeriums an der Herausgabe der Dokumente gehindert. Nach dem Erlass, der aus dem Jahr 2004 und damit noch aus der Zeit vor dem Inkrafttreten des IZG LSA stammte, waren die betreffenden Informationen als behördenintern eingestuft, eine Weitergabe an Dritte also nicht vorgesehen.
Die Ablehnung des Informationszugangsantrags war in meinen Augen rechtlich bedenklich:
Bei dem Erlass des Umweltministeriums handelt es sich rechtlich um eine Verwaltungsvorschrift. Zu prüfen war daher, ob es sich bei ihm um eine Informationszugangsregelung in einer anderen Rechtsvorschrift handelte, die gem. § 1 Abs. 3 IZG LSA dem IZG LSA hätte vorgehen können. Vorrangige Bestimmungen i.S.d. Gesetzes sind jedoch nur Rechtsvorschriften. Umfasst sind danach alle Rechtsnormen mit Außenwirkung (Jastrow/Schlatmann, Informationsfreiheitsgesetz, 2006, § 1 Rn. 59), nicht jedoch Verwaltungsvorschriften, da sie keine Außenrechtsverbindlichkeit entfalten (Schoch, Informationsfreiheitsgesetz, 2009, § 1 Rn. 163; Rossi, Informationsfreiheitsgesetz, 2006, § 1 Rn. 114). Der Anwendungsbereich des IZG LSA kann daher grundsätzlich durch den Erlass von Verwaltungsvorschriften weder ausgeschlossen noch beschränkt werden (Rossi, Informationsfreiheitsgesetz, a.a.O.).
Der Antrag auf Informationszugang hätte daher nur dann abgelehnt werden dürfen, wenn ein Ausschlussgrund i.S.d. IZG LSA vorlag. Nicht zu den Versagungsgründen gehört die allgemeine Pflicht zur Amtsverschwiegenheit (Rossi, Informationsfreiheitsgesetz 2006, § 3 Rn. 49). Das Landesverwaltungsamt konnte sich daher nicht allgemein darauf berufen, dass die begehrten Informationen behördeninternen Charakter besäßen und eine Weitergabe an Dritte nicht vorgesehen sei. Vielmehr kam eine Ablehnung des Informationszugangsantrags nur in Betracht, wenn ein vom IZG LSA anerkannter Ausschlussgrund vorlag. In eine solche Prüfung war das Landesverwaltungsamt jedoch nicht eingetreten, da es sich an den Erlass gebunden fühlte.
Auf meine Empfehlung hin hat sich das Landesverwaltungsamt mit dem Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt des Landes Sachsen-Anhalt in Verbindung gesetzt, das den besagten Erlass aufgehoben hat. Da nach einer erneuten Prüfung keine Ausschlussgründe festgestellt werden konnten, hat das Landesverwaltungsamt dem Petenten die von ihm begehrten Informationen zugänglich gemacht.