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I. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für die Informationsfreiheit Sachsen-Anhalt vom 1. Oktober 2008 bis 30. September 2010

4.7.2. Beispiele

Geht es um Informationen aus dem Bereich des Umwelt-, des Archiv-, des Grundbuch- sowie des Strafprozess- oder des Ordnungswidrigkeitenrechts (laufende Verfahren), muss ich Behörden und Petenten darauf aufmerksam machen, dass es sich um abschließende Sonderregelungen handelt, so dass das IZG LSA nicht zur Anwendung kommt.

Dagegen hat die Rechtsprechung bereits entschieden, dass die Informations-freiheitsgesetze der Länder neben dem Akteneinsichtsanspruch aus § 25 SGB X zur Anwendung kommen (OVG Münster NJW 2005, S. 2028/2029 f.).

In der Praxis wollten Behörden ferner wissen, inwieweit das IZG LSA im Vergaberecht anwendbar ist. Wegen der hohen Praxisrelevanz wurde die Frage der Anwendbarkeit der Informationsfreiheitsgesetze im Vergaberecht auch auf dem AKIF in Magdeburg am 18. Juni 2009 erörtert. Der Arbeitskreis war sich einig, dass ein Vorrang vergaberechtlicher Informationsrechte mit Sperrwirkung für die Informationsfreiheitsgesetze nur in Betracht kommt, soweit das Vergaberecht Regelungen über den Zugang zu amtlichen Informationen überhaupt enthält. Dies ist für das Ausschreibungsverfahren und das abgeschlossene Vergabeverfahren nicht der Fall. Lediglich für das laufende Vergabeverfahren enthalten die Verdingungsordnungen (VOL, VOB und VOF) Vorschriften über die Vertraulichkeit (z.B. § 27 Nr. 6 VOL). Die Verdingungsordnungen sind jedoch Verwaltungsvorschriften und keine Rechtsnormen, die dem IZG LSA vorgehen können. Etwas anderes gilt nur für Vergaben oberhalb des Schwellenwertes. Hier kommen die Verdingungsordnungen über das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen und die Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge unmittelbar zur Anwendung (vgl. § 97 Abs. 6 GWB i.V.m. §§ 4 bis 7 VgV). Sie besitzen folglich Rechtsnormcharakter und stellen daher, soweit sie den Informationszugang im Vergabeverfahren regeln, vorrangige Regelungen dar. Zusammenfassend lässt sich daher feststellen, dass die Informationsfreiheitsgesetze des Bundes und der Länder im Ausschreibungsverfahren, bei laufenden Verfahren unterhalb der Schwellenwerte sowie nach dem Abschluss des Vergabeverfahrens zur Anwendung kommen. Der Schutz der Bieter erfolgt über die Ausschlussgründe (z.B. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, geistiges Eigentum) der Informationsfreiheitsgesetze. - Der AKIF darf sich durch die Rechtsprechung des VG Münster bestätigt sehen. Dieses hat für öffentliche Ausschreibungen unterhalb des Schwellenwertes entschieden, dass die Verdingungsordnungen als reines Innenrecht die Anwendbarkeit des IFG NRW nicht ausschließen können (VG Münster, Urteil vom 2. Oktober 2010, Az.: 1 K 2144/08, Rn. 35).

Weitere Beispiele zu Konkurrenzen finden sich bei der Darstellung der Einzelfälle oder können den Anwendungshinweisen zum IZG LSA entnommen werden.