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I. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für die Informationsfreiheit Sachsen-Anhalt vom 1. Oktober 2008 bis 30. September 2010

4.3.2. Fehler bei der Auslegung, insbesondere Durchführung anhängiger Gerichtsverfahren

Natürlich sind auch Fehler bei der Auslegung der Ausschlussgründe nicht ausgeblieben. Auf einen besonders praxisrelevanten Fehler möchte ich schon hier eingehen:

In vielen Fällen wollten Behörden Antragstellern keine Einsicht in Unterlagen gewähren, wenn sie sich bereits in einem Rechtsstreit mit ihnen befanden oder damit rechneten, nach erfolgter Akteneinsicht, von ihnen verklagt zu werden. Sie befürchteten bei einer Preisgabe der begehrten Informationen eine Verschlechterung ihrer Rechtsposition und beriefen sich als Ausschlussgrund auf die Beeinträchtigung der Durchführung eines anhängigen oder zukünftigen Gerichtsverfahrens gem. § 3 Abs. 1 Nr. 1 d IZG LSA.

Ich habe in diesen Fällen die Behörden darauf aufmerksam machen müssen, dass diese Auslegung der Norm von der Rechtsprechung für unzulässig erklärt wurde. § 3 Abs. 1 Nr. 1 d IZG LSA schützt seinem Wortlaut nach nicht die Rechtsposition der Behörde, sondern das Gerichtsverfahren als solches. Behörden dürfen als Beteiligte eines laufenden Gerichtsverfahrens daher nur dann keine Informationen preisgeben, wenn dadurch das Verfahren nachteilig beeinflusst werden könnte. Sie dürfen dagegen Unterlagen und Informationen nicht deshalb vor dem Bürger geheim halten, um ihre Position in einem Rechtsstreit gegen ihn zu stärken bzw. den Rechtstreit zu gewinnen (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12. Februar 2010, 10 A 11156/09, Rn. 30; OVG Münster, NVwZ 2003, 800 f.) Es stellt auch keinen Rechtsmissbrauch dar, wenn der Antragsteller die mit Hilfe des Informationsfreiheitsgesetzes gewonnenen Informationen für die Begründung eventueller Regressforderungen gegen die Behörde verwenden möchte (Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 2. März 2010, Az.: 6 A 1684/08, Rn. 7 m. w. N.).

Anders als man meinen könnte, wird mit dem IZG LSA hier auch keine grundsätzlich neue Rechtslage geschaffen. Bereits jetzt besteht ein aus allgemeinen rechtsstaatlichen Gründen folgendes Akteneinsichtsrecht, wenn ein Dritter ein berechtigtes Interesse an der Einsichtnahme geltend machen kann (BVerwGE 30, S. 154 ff). Die Rechtsprechung nimmt dabei das berechtigte Interesse an der Einsichtnahme dann an, wenn er Sekundäransprüche geltend machen will und die Kenntnis des Akteninhalts Voraussetzung für die wirksame Rechtsverfolgung ist. Diese darf also nicht von vornherein aussichtlos sein. Die Verwaltung musste daher schon vor Inkrafttreten des IZG LSA bei einem berechtigten Interesse dem Betroffenen zur Vorbereitung von Amtshaftungsprozessen etc. Akteneinsicht gewähren.

Das IZG LSA führt lediglich dazu, dass der Streit zwischen Antragsteller und Behörde über das Vorliegen des berechtigten Interesses entfällt, da ein solches nach dem IZG LSA nicht mehr geltend gemacht werden muss.