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I. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für die Informationsfreiheit Sachsen-Anhalt vom 1. Oktober 2008 bis 30. September 2010

2.4.2. Die Vorteile der neuen Regelungen

Demgegenüber bringen die neuen Informationsfreiheitsgesetze den Bürgerinnen und Bürgern doch einen erheblichen Mehrgewinn. Dies gilt sowohl im Hinblick auf Verfahrensbeteiligte wie auch für Dritte. Während Dritte in einem laufenden Verwaltungsverfahren nach § 1 VwVfG LSA i. V. m. § 29 VwVfG Bund grundsätzlich keinen Akteneinsichtsanspruch besitzen, besteht für den Verfahrensbeteiligten prinzipiell ein solcher Anspruch, aber nur soweit die Kenntnis der Akten zur Geltendmachung oder Verteidigung seiner rechtlichen Interessen erforderlich ist. Im Zweifelsfall streiten sich daher Behörde und Verfahrensbeteiligter um den Umfang der Einsicht. Prozessual lässt sich die Akteneinsicht jedoch nur schwer durchsetzen, denn die Akteneinsicht stellt im laufenden Verwaltungsverfahren nicht die Hauptsache - dies ist z.B. der Erlass eines Verwaltungsaktes -, sondern eine Verfahrenshandlung dar. Da gem. § 44a VwGO Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidungen zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden können, kann es daher jahrelang dauern, bis in der Praxis das Recht auf Akteneinsicht durchgesetzt worden ist. Den alten Rechtszustand haben daher Praktiker als "ewigen Kampf des Rechtsanwalts um die Akteneinsicht" beschrieben (Bohl, NVwZ 2005, S. 133).

Mit den neuen Informationsfreiheitsgesetzen hat sich die Rechtslage erheblich verbessert, da für einen Informationszugangsantrag kein rechtliches Interesse vorgetragen werden muss. Ein Antragsteller, insbesondere auch ein Dritter, kann grundsätzlich die gesamten Akten einsehen und zwar auch außerhalb eines laufenden Verwaltungsverfahrens, soweit nicht dem Informationszugangsbegehren ein Ausschlussgrund entgegensteht. Ausschlussgründe waren aber auch für die verwaltungsverfahrensrechtlichen Akteneinsichtsansprüche zu prüfen (vgl. § 1 Abs. 1 VwVfG LSA i. V. m. § 29 Abs. 2 VwVfG Bund). Prozessual ist die Geltendmachung eines Informationszugangsanspruchs nach den Informationsfreiheitsgesetzen des Bundes oder der Länder erheblich vorteilhafter, da die verfahrensunabhängigen Auskunfts- und Akteneinsichtsrechte im Verwaltungsgerichtsprozess die Hauptsache darstellen und somit selbständig eingeklagt werden können (Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl. 2009, § 44 a, Rn. 4 a; Ewer, Ansprüche nach dem Informationsfreiheitsgesetz und ihre durch öffentliche Belange bestimmte Grenzen, AnwBl. 2010, S. 455/459). Der Präsident des Deutschen Anwaltvereins ist daher zu dem Ergebnis gekommen, dass die Informationsfreiheitsgesetze mit ihrem weitgehenden Individualanspruch auf Zugang zu behördlichen Informationen für die anwaltliche Praxis ein wichtiges Instrument darstellen, von dem noch erstaunlich selten Gebrauch gemacht wird (Ewer, a.a.O.).

Gegenüber anderen Informationszugangsansprüchen, insbesondere dem datenschutz- oder dem presserechtlichen Auskunftsanspruch haben die Informationszugangsansprüche den Vorteil, dass ein Antragsteller statt einer Auskunft durch die Behörde auch die Einsicht in die konkrete Akte verlangen kann. Dies bedeutet insbesondere für die Kontrollfunktion der Presse einen erheblichen Fortschritt, da gerade das Studium des Akteninhalts Anlass zu weitergehenden Recherchen geben kann.