Anwendungshinweise zu § 9 IZG LSA - Ablehnung des Antrags; Rechtsweg
(1) Die Bekanntgabe einer Entscheidung, mit der der Antrag ganz oder teilweise ablehnt wird, hat innerhalb der Frist nach § 7 Abs. 5 Satz 2 und 3 schriftlich zu erfolgen.
(2) Der Antrag kann abgelehnt werden, wenn der Antragsteller bereits über die begehrten Informationen verfügt oder sich diese in zumutbarer Weise aus allgemein zugänglichen Quellen beschaffen kann.
(3) Gegen die ablehnende Entscheidung sind Widerspruch und Verpflichtungsklage zulässig. Ein Widerspruchsverfahren nach den Vorschriften des 8. Abschnitts der Verwaltungsgerichtsordnung ist auch dann durchzuführen, wenn die Entscheidung von einer obersten Landesbehörde getroffen wurde. § 8a des Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung und des Bundesdisziplinargesetzes findet keine Anwendung.
Anwendungshinweise zu § 9 IZG LSA - Ablehnung des Antrags; RechtswegI. Allgemeines
§ 9 IZG LSA regelt die Ablehnung von Anträgen auf Informationszugang. Eine Ablehnung liegt vor, wenn dem Antrag auf Informationszugang ganz oder teilweise nicht in der von dem Antragsteller begehrten Form oder in dem begehrten Umfang entsprochen wird. Daher handelt es sich um eine teilweise Ablehnung des Antrags, wenn die gewünschte Information in einer anderen als der beantragten Form (z.B. Kopie statt Akteneinsicht) gewährt wird.
Die Ablehnung des Antrags hat in zweipoligen Verhältnissen innerhalb eines Monats, § 9 Abs. 1 i. V. m. § 7 Abs. 5 S. 2 IZG LSA, zu erfolgen. Für dreipolige Verhältnisse nennt das Gesetz keine feste Frist. Der Grund ist in der Beteiligung des Dritten zu sehen, für die es keine feste Zeitgrenze gibt, § 9 Abs. 1 IZG LSA i. V. m. §§ 7 Abs. 5 S. 3 und 8 IZG LSA. Die Ablehnung muss in beiden Fällen schriftlich ergehen (§ 9 Abs. 1 IZG LSA) und ist nach allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen zu begründen, § 1 VwVfG LSA i. V. m. § 39 VwVfG.
II. Entscheidungsfrist der Behörde in zweipoligen Informationsverhältnissen (Abs. 1)
Gem. § 9 Abs. 1 IZG LSA hat die Bekanntgabe der Ablehnungsentscheidung innerhalb der Einmonatsfrist des § 7 Abs. 5 S. 2 IZG LSA schriftlich zu erfolgen. Die bindende Entscheidungsfrist ("hat") kann sich jedoch nur auf zweipolige, nicht aber auf dreipolige Informationsverhältnisse beziehen, da ansonsten die in § 8 IZG LSA vorgesehenen verfahrensrechtlichen Vorkehrungen zum Schutz der Belange des Dritten (insbes. die Frist zur Stellungnahme) ausgehebelt würden. Dies stellt der Verweis in § 9 Abs. 1 IZG LSA auf § 7 Abs. 5 S. 3 IZG LSA klar.
III. Ablehnungsgründe (Abs. 2)
§ 9 Abs. 2 IZG LSA normiert zwei spezifische Ablehnungsgründe, die der Entlastung der Behörden dienen. Verfügt der Antragsteller bereits über die begehrte Information, oder kann er sich diese in zumutbarer Weise aus allgemein zugänglichen Informationen besorgen kann, muss er den Verwaltungsapparat nicht in Anspruch nehmen, um sich die Informationen zu beschaffen. Allerdings steht es im Ermessen der Behörde, ob sie sich auf die Ablehnungsgründe beruft ("kann abgelehnt werden").
1. Kenntnis des Antragstellers
Der Antrag kann zunächst abgelehnt werden, wenn der Antragsteller die Information tatsächlich besitzt. Dies kann die Behörde nur ausnahmsweise wissen. Die Vorschrift richtet sich daher gegen inhaltsgleiche Zweit- oder Mehrfachanträge. Diesen ist jedoch dann stattzugeben, wenn sich in der Zwischenzeit die Informationslage geändert hat.
2. Allgemeine Zugänglichkeit der Information
Ein Antrag kann auch dann abgelehnt werden, wenn sich der Antragsteller die Informationen in zumutbarer Weise aus allgemein zugänglichen Quellen beschaffen kann. Allgemein zugängliche Quellen sind z.B. behördliche Publikationen, Zeitungen, Zeitschriften Fernsehen oder das Internet.
Nicht notwendig ist, dass die Informationen unentgeltlich zu erhalten sind. Härtefälle werden durch die Zumutbarkeitsklausel aufgefangen. Dadurch können die individuellen Umstände des Antragstellers berücksichtigt werden.
IV. Rechtsschutz in zweipoligen Informationsverhältnissen (Abs. 3)
Für Rechtsstreitigkeiten über Auskunftsansprüche nach dem IZG LSA ist unabhängig von dem Inhalt der begehrten Information der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten nach § 40 Abs. 1 VwGO eröffnet (vgl. OVG Hamburg DÖV 2009, 508). Das IZG LSA selbst hat den gerichtlichen Rechtsschutz nach Maßgabe des § 42 Abs. 1 VwGO durch die Bereitstellung von Verpflichtungs- und Anfechtungsklage ausgestaltet (vgl. OLG Düsseldorf, 1. Kartellsenat, Beschluss vom 15. Juni 2009, Az.: VI.Kart 3/09 (V), Kart 3/09 (V)).
1. Rechtsbehelf (S. 1)
§ 9 Abs. 3 IZG LSA regelt den Rechtsschutz gegen eine ablehnende Entscheidung in zweipoligen Informationsverhältnissen (Verhältnis Antragsteller - Behörde). Da Landesrecht, das im Widerspruch zu Bundesrecht steht, von diesem gem. Art. 31 GG gebrochen wird, kann § 9 Abs. 3 IZG LSA die Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) nicht modifizieren, sondern nur problematische Auslegungsfragen klären. In Ergänzung der VwGO stellt § 9 Abs. 3 S. 1 IZG LSA klar, dass es sich bei einer ablehnenden Entscheidung über einen Informationszugangsantrag nicht um schlicht-hoheitliches Handeln, sondern um einen Verwaltungsakt handelt. Da der Antragsteller mit seinem Antrag auf Informationszugang den Erlass eines informationszugangsgewährenden Verwaltungsakts begehrt hat (Rossi, Informationsfreiheitsgesetz, 1. Auflage 2006, § 9 Rn. 27), muss er gegen den ablehnenden Bescheid regelmäßig (Verpflichtungs-)Widerspruch einlegen und im Fall der Nichtabhilfe Verpflichtungsklage erheben. § 9 Abs. 3 IZG LSA hat auch hier nur deklaratorischen Charakter, denn der richtige Rechtsbehelf und die richtige Klageart ergeben sich aus §§ 68 Abs. 2 und 1 VwGO bzw. 113 Abs 5 S. 1 VwGO. Da § 9 Abs. 3 S. 1 IZG LSA das Regelungssystem der VwGO nicht beschränken kann, sind in Sachverhalten, die vom Regelfall abweichen, auch andere von der VwGO vorgesehene Rechtsbehelfe möglich. So kann der Antragsteller in Eilfällen den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO beantragen. Hat sich der Verwaltungsakt erledigt, kommt ein Fortsetzungsfeststellungswiderspruch und eine Fortsetzungsfeststellungsklage in Betracht.
Praxisrelevant sind auch die Fälle, in denen der Antragsteller zwar die beantragte Information erhält, sich aber gegen die Höhe der Kosten wehren will. Hier gilt, dass der Antragsteller die Kostenentscheidung isoliert anfechten kann, denn das aus § 158 Abs. 1 VwGO folgende Verbot isolierter Kostenentscheidungen findet wegen der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG auf behördliche Kostenentscheidungen keine Anwendung (ständige Rechtsprechung BVerwG, DÖV 1994, S. 83).
Ferner ist auf eine verwaltungsprozessrechtliche Besonderheit hinzuweisen: Legt eine Behörde eine als Verschlusssache (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 4 IZG LSA) eingestufte Information gemäß § 99 Abs. 1 VwGO nicht vor, kann die Rechtmäßigkeit der Verweigerung in einem in-camera-Verfahren nach § 99 Abs. 2 VwGO überprüft werden.
2. Vorverfahren (S. 2)
Abweichend von § 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VwGO ist nach § 9 Abs. 3 S. 2 IZG LSA ein Widerspruchsverfahren auch dann durchzuführen, wenn die ablehnende Entscheidung von einer obersten Landesbehörde getroffen wurde. Sachsen-Anhalt hat danach von seinem aus § 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VwGO folgenden Recht, eine landesrechtliche Sonderregelung treffen zu dürfen, Gebrauch gemacht. Das von § 9 Abs. 3 S. 2 IZG LSA vorgesehene Vorverfahren soll die Selbstkontrolle der Verwaltung stärken und die Verwaltungsgerichte entlasten. § 9 Abs. 3 S. 3 IZG LSA dient der Klarstellung, dass das Widerspruchsverfahren auch in Fällen des § 8 a AG VwGO ("Ausschluss des Vorverfahrens") nicht entfällt. Die Sonderregelungen des Absatzes 3 gelten auch für isolierte Kostenentscheidungen nach § 10 IZG LSA.
3. Bestimmung der Widerspruchsbehörde
Mangels spezialgesetzlicher Vorschriften gelten die allgemeinen Regelungen des Verwaltungsprozessrechts. Maßgeblich ist, in welchem Fachbereich der Auskunftsanspruch geltend gemacht wird. Im übertragenen Wirkungskreis ist die nächsthöhere Behörde Widerspruchsbehörde, § 73 Abs. 1 Nr. 1 VwGO. In Selbstverwaltungsangelegenheiten ist die Selbstverwaltungsbehörde Widerspruchsbehörde, § 73 Abs. 1 Nr. 3 VwGO.
Im Übrigen sollte in die Rechtsbehelfsbelehrung kein Hinweis aufgenommen werden, dass sich der Betroffene an den Landesbeauftragten für die Informationsfreiheit wenden kann, damit diese nicht unrichtig wird. Ein gesonderter Hinweis ist allerdings möglich.
Zu Rechtsschutzmöglichkeiten Dritter vgl. zu § 8, IV.;
zur Anrufung des Landesbeauftragten für die Informationsfreiheit vgl. § 12.
Anwendungshinweise des Landesbeauftragten für die Informationsfreiheit Sachsen-Anhalt zum IZG LSA - Stand 17. August 2010