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Landesbeauftragter für den Datenschutz Sachsen-Anhalt
Dr. Harald von Bose

Pressemitteilung
vom 26. März 2013

Zweiter Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit: Weiterentwicklung des Landesrechts erforderlich: Mehr Transparenz auch durch ein zentrales Informationsregister!

Der Landesbeauftragte für den Datenschutz, Dr. Harald von Bose, hat heute in seiner Funktion als Landesbeauftragter für die Informationsfreiheit seinen Zweiten Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit für den Zeitraum vom 1. Oktober 2010 bis 30. September 2012 (unter Einbeziehung aktueller Sachstände bis zum Redaktionsschluss am 28. Februar 2013) vorgestellt.

Der Tätigkeitsbericht befasst sich neben vielen aktuellen informationsfreiheitsrechtlichen Themen schwerpunktmäßig mit der Behandlung der Akteneinsichts- und Auskunftsbegehren der Bürgerinnen und Bürger nach dem Informationszugangsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (IZG LSA) durch die Behörden, den im Ländervergleich überdurchschnittlich hohen Gebühren für die Antragsbearbeitung, der Open-Data-Strategie des Landes sowie der bevorstehenden Evaluierung des IZG LSA.

Dr. von Bose: "Die Menschen wünschen sich mehr lebendige Demokratie. Damit sie mitreden und mitentscheiden können, gewährt ihnen das IZG LSA einen voraussetzungslosen Zugang zu den amtlichen Informationen der öffentlichen Stellen des Landes Sachsen-Anhalt. Wie der Zweite Tätigkeitsbericht zeigt, hat das am 1. Oktober 2008 in Kraft getretene IZG LSA den Praxistest endgültig bestanden. Es kann aber mit Blick auf die ab Oktober 2013 anstehende Evaluierung im Vergleich zu den Bundesländern mit Informationsfreiheitsgesetzen der neuen Generation durch die Schaffung eines zentralen Informationsregisters, in dem die öffentlichen Stellen von sich aus geeignete Informationen zur Verfügung stellen, noch deutlich verbessert werden. Damit könnten die Bürgerinnen und Bürger besser als zuvor über öffentliche Entscheidungsprozesse informiert und mit einbezogen werden. Mehr Transparenz und Bürgernähe stärkt auch Vertrauen in die Verwaltung. Ich hoffe ferner, dass mit der Evaluierung die Zusammenführung des IZG LSA mit dem Verbraucherinformationsgesetz und dem Umweltinformationsgesetz auf Landesebene in einem Informationsfreiheitsgesetzbuch gelingt."

Der Bericht gibt zunächst einen Überblick über die Auswirkungen der maßgeblichen europa- und bundesrechtlichen Entwicklungen der Informationsfreiheit auf Sachsen-Anhalt. Die Reform des Verbraucherinformationsgesetzes (vgl. Nr. 3.3) sowie die in Aussicht gestellte Einführung der Hygiene-Ampel für sachsen-anhaltische Gaststätten (vgl. Nr. 3.4) sind grundsätzlich zu begrüßen. Allerdings ist das neue Regelwerk mitunter so komplex, dass von einem erhöhten Beratungsbedarf der Bürgerinnen und Bürger auszugehen ist. Dr. von Bose: "Die Landesregierung hat als Reaktion auf meinen Ersten Tätigkeitsbericht die öffentlichen Stellen gebeten, mich bei der Prüfung entsprechender Eingaben zu unterstützen. Eine gesetzlich eingeräumte Prüfungskompetenz besitze ich jedoch nicht. Hier existiert also eine echte Gesetzeslücke, die es zu schließen gilt."

Schwerpunkt des Tätigkeitsberichts ist die Darstellung des  Aufgaben- und Tätigkeitsfeldes des Landesbeauftragten (vgl. Nr. 5 ff.), zu der insbesondere die Kontrolle der Einhaltung der Vorschriften des IZG LSA durch die öffentlichen Stellen des Landes Sachsen-Anhalt gehört. Der Bericht gibt dabei zunächst einen Überblick über häufig aufgetretene Fragestellungen in der Verwaltungspraxis (vgl. Nr. 6 ff.) und geht sodann auf einzelne Eingaben ein (vgl. Nr. 7 ff.). Im Berichtszeitraum gab es 83 allgemeine Anfragen sowie 46 Eingaben zum IZG LSA, in denen der Landesbeauftragte als Streitschlichter tätig werden musste. Die Zahl der Eingaben ist damit gegenüber dem ersten Berichtszeitraum um 39 % gestiegen. In knapp drei Viertel der Fälle konnte der Landesbeauftragte einen vollständigen oder zumindest teilweisen Informationszugang erreichen. Ferner wurde ein Landkreis anlassunabhängig kontrolliert (vgl. Nr. 8).

Zugang zu Informationen wurde in nahezu jedem Verwaltungsbereich begehrt. Die Bürgerinnen und Bürger wollten z.B. Stellungnahmen der Ministerien für den Petitionsausschuss (vgl. Nr. 6.5), Vergabeunterlagen (vgl. Nr. 7.3) oder Dienstaufsichtsbeschwerden (vgl. Nr. 7.15) einsehen. Die Einsicht in Prüfungsberichte des Landesrechnungshofs (vgl. Nr. 7.2) ist ebenso Gegenstand des Berichts wie die Nichteinhaltung der Aktenordnung des Landes Sachsen-Anhalt durch ein Ministerium; dieses hat bereits Abhilfe zugesagt (vgl. Nr. 7.4).

Nach wie vor bereitet das IZG LSA gerade den obersten Landesbehörden Schwierigkeiten bei der Anwendung. Ein Negativbeispiel ist hier das Justizministerium. Dieses hat einen Antrag auf Zugang zu Berichten über Missstände in der JVA Burg abgelehnt, da es diese nicht gebe. Darüber hinaus will das Ministerium in einem zukünftigen Strafvollzugsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt Justizvollzugsanstalten vom Anwendungsbereich des Gesetzes ausnehmen (vgl. Nrn. 5.5.2 und 7.5).

Ein typisches Beispiel für das Informations- und Kontrollinteresse der Bürgerinnen und Bürger stellt ein Antrag auf Einsicht in einen Erbbaupachtvertrag dar, den eine Gemeinde mit dem Bruder des Bürgermeisters geschlossen hat (vgl. Nr. 7.1). Der Antrag wurde nicht nur zu Unrecht abgelehnt, vielmehr hat das Innenministerium wegen des offensichtlichen Interessenkonflikts eine kommunalrechtliche Überprüfung des Vertrags eingeleitet, die noch nicht abgeschlossen ist. Anträge auf Zugang zu Sitzungsunterlagen (vgl. Nr. 6.8.1) oder zu öffentlichen und nicht-öffentlichen Sitzungsprotokollen des Gemeinderats (vgl. Nr. 6.8.2) zeigen, dass die Bürger gerade im kommunalen Bereich mehr Beteiligung und Mitsprache möchten. Wegen der zum Teil unklaren Gesetzeslage besteht auf Seiten der Politik erheblicher Handlungsbedarf (vgl. Nr. 6.8.5).

Ein nicht unerheblicher Teil der Eingaben betrifft nach wie vor die Höhe der Gebühren (vgl. Nr. 7.8). Sachsen-Anhalt hat im bundesweiten Vergleich mit die höchsten Gebührensätze für die Antragsbearbeitung. Die von der Landesregierung eingeleitete Überprüfung des Kostenrechts mit dem Ziel einer Gebührensenkung ist bisher ergebnislos geblieben (vgl. Nr. 5.4.1). Dr. von Bose: "Ich kann den Bürgerinnen und Bürgern nicht nachvollziehbar erklären, warum im IZG LSA ein Gebührenrahmen von 0 bis 1000 Euro besteht, während im Umweltinformationsrecht die Gebührengrenze bei 500 Euro liegt und im Verbraucherinformationsrecht bei einem Verwaltungsaufwand bis zu 250 Euro gar keine Gebühren erhoben werden. Hier ist im Zweifel der Gesetzgeber gefragt."

Ein wichtiges Zukunftsthema ist die Open-Data- bzw. Open-Government-Strategie  des Landes Sachsen-Anhalt (vgl. Nr. 9 ff).  Unter Open Government versteht man die öffentlich verfügbare Bereitstellung von Datenbeständen der öffentlichen Hand zur Weiterverbreitung und Weiterverwendung. Neben den individualrechtlichen Informationszugangsanspruch tritt eine proaktive Pflicht zur Veröffentlichung von Informationen durch die Behörden. Einige Bundesländer, wie Hamburg und Bremen, haben zur Verwirklichung des Open-Data-Gedankens ein elektronisches Landesinformationsregister geschaffen. Im Bund wurde gerade der Pilotbetrieb einer Bund-Länder-Online-Plattform gestartet. Dagegen finden sich in den Überlegungen der Landesregierung bisher keine Aussagen zu einem landeseigenen Open-Data-Portal. Dabei liegt die Einführung eines solchen Informationsregisters auf der Hand. Öffentliche Stellen des Landes Sachsen-Anhalt sind bereits jetzt verpflichtet, geeignete Informationen im Internet zu veröffentlichen. Dies erfolgt derzeit jedoch dezentral auf den Homepages der jeweiligen öffentlichen Stellen, so dass die Bürgerinnen und Bürger mühsam die von ihnen begehrten Informationen bei den verschiedenen Stellen ausfindig machen müssen. Es lässt sich kein vernünftiger Grund erkennen, warum diese Daten nicht auch zentral in einem Informationsregister zur Verfügung gestellt werden können.

Der Landtag hatte als Reaktion auf den ersten Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten die Landesregierung im März 2012 u.a. gebeten, noch vor der im Herbst 2013 bevorstehenden Evaluierung des IZG LSA eine Zusammenlegung des IZG LSA mit dem Verbraucherinformationsgesetz und dem Umweltinformationsgesetz auf Landesebene, neue Formen einer aktiven Informationspolitik sowie die im bundesweiten Vergleich höchsten Gebührensätze für die Antragsbearbeitung zu prüfen (vgl. Nr. 5.3). Ferner sollte das neue Gesetz bekannter gemacht werden. Die von der Landesregierung daraufhin eingeleiteten Maßnahmen sind grundsätzlich zu begrüßen, sie reichen aber nicht aus (vgl. Nr. 5.4).  Mittlerweile liegen die Ergebnisse der Evaluierung des Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes vor, die die Landesregierung bei der landeseigenen Evaluierung berücksichtigen will (vgl. Nr. 3.2 f.).  Der Tätigkeitsbericht zeigt mit Blick auf die kommende Evaluierung, in welchen wichtigen Bereichen Sachsen-Anhalt in puncto Informationsfreiheit noch besser werden kann (vgl. Nr. 10.3).

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Reaktionen der elektronischen Medien auf den Zweiten Tätigkeitsbericht:

volksstimme.de vom 27. März 2013: "Behörden-Auskünfte sind für Bürger noch immer zu teuer"

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Landesbeauftragter für den Datenschutz Sachsen-Anhalt
Dr. Harald von Bose

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