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IV. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für die Informations­freiheit Sachsen-Anhalt
vom 1. Oktober 2014 bis 30. September 2016

8 Reaktionen auf den III. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit

Vorbemerkung

Im Mai 2015 habe ich meinen III. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit vorgestellt (LT-Drs. 6/4048) und 20 Empfehlungen zur Weiterentwicklung des Informationsfreiheitsrechts in Sachsen-Anhalt abgegeben (vgl. Nr. 7.3 des III. Tätigkeitsberichts). Am 30. Juli 2015 wurde der Evaluierungsbericht der Landesregierung zum IZG LSA veröffentlicht (LT-Drs. 6/4288). Meine Empfehlungen wurden nicht mehr zum Gegenstand des Evaluierungsberichts, die Evaluierung sieht eine Beibehaltung des status quo und sogar einige Rückschritte vor (vgl. Nrn. 7.1 und 7.2). Die in weiten Teilen zeitgleich zur IZG LSA-Evaluierung durch die Landesregierung beratende Enquete-Kommission des Landtags „Öffentliche Verwaltung konsequent voranbringen – bürgernah und zukunftsfähig gestalten“ hat am 31. August 2015 ihren Abschlussbericht herausgegeben und parteiübergreifend in zwei zentralen Fragen der Landesregierung widersprochen. Sie hat nicht nur die Einführung eines Informationsregisters aufgrund einer gesetzlichen Regelung, sondern auch die Zusammenlegung der Informationsfreiheitsgesetze (IZG, UIG und VIG) in einem Gesetz vorgeschlagen (vgl. Nr. 6.2). Der Evaluierungsbericht war daher kurz nach seinem Erscheinen in wesentlichen Teilen überholt.

Im Dezember 2015 hat die Landesregierung zu meinem Bericht Stellung genommen (LT-Drs. 6/4688). Angesichts der o. a. Entwicklungen wäre jetzt eine intensive inhaltliche Auseinandersetzung mit meinen 20 Reformvorschlägen sowie den Ergebnissen des Abschlussberichts der Enquete-Kommission zu erwarten gewesen. Doch dies blieb aus.

Der Tätigkeitsbericht, der in die Ausschüsse für Inneres und Sport (federführend), für Recht, für Verfassung und Gleichstellung, für Finanzen, für Umwelt sowie für Landesentwicklung und Verkehr überwiesen wurde, wurde im Januar 2016 erstmalig im Innenausschuss beraten und sollte lediglich zur Kenntnis genommen werden. Durch die Landtagswahl kam es jedoch zu einer Unterbrechung. Im Koalitionsvertrag für die 7. Legislaturperiode ist vorgesehen, das IZG LSA zu einem Transparenzgesetz weiterzuentwickeln und das Landesportal zu einem Informationsregister auszubauen.

Erst im August 2016 wurde der III. Tätigkeitsbericht im Ausschuss für Inneres und Sport wieder auf die Tagesordnung gesetzt. Um auch die neueren Entwicklungen berücksichtigen zu können, sollte im Ergebnis ein Beschluss zum Tätigkeitsbericht gefasst werden.

Die Ausschussberatungen

Dazu habe ich einen Formulierungsvorschlag entworfen, der die Einführung eines Transparenzgesetzes und weitgehende Informationspflichten für bestimmte Datenkategorien der öffentlichen Stellen beinhaltete, auch die Einbeziehung der Kommunen vorsah, sowie die Zusammenlegung von UIG und IZG unter Erweiterung meiner Kontrollkompetenzen auf das Umweltinformationsrecht empfahl.

Die Regierungsfraktionen haben einen eigenen Beschlussentwurf vorgelegt, der aber hinter der Entwicklung der Transparenzbestrebungen in anderen Bundesländern zurückblieb (LT-Drs. 7/1290); was auch durch ein Transparenz-Ranking vom Februar 2017 deutlich wird, in dem Sachsen-Anhalt unter den 12 Bundesländern mit Informationsfreiheitsgesetzen nur Platz 9 belegt (vgl. Nr. 5.2 dieses Berichts). So fehlt etwa die Verpflichtung, das Informationsregister gesetzlich zu regeln.

Im Ausschuss für Umwelt und Energie habe ich noch einmal dargelegt, dass eine Erweiterung meiner Kontrollkompetenzen auf das Umweltinformationsrecht dringend erforderlich ist. Da ich der Landesbeauftragte für die Informationsfreiheit bin, vermutet der Bürger, dass ich die Einhaltung aller in Frage kommender Informationsfreiheitsgesetze kontrollieren kann. Dabei muss ich ihn jedoch enttäuschen. Denn ich kann bisher nur prüfen, ob die Behörde das IZG LSA richtig angewendet hat. Betreffen seine Begehren dagegen Umweltinformationen, kann ich für ihn nichts tun. Das führt zu unsinnigen Ergebnissen. Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Sachsen-Anhalt richtet sich die Einsicht in Fahrtenbücher eines Dienstkraftfahrzeugs eines ehemaligen Staatssekretärs nach dem IZG LSA (OVG LSA, Urteil vom 6. Dezember 2016, Az.: 3 L 99/15, vgl. Nr. 14.6 dieses Berichts). Diesen – zugegebenermaßen politisch bedeutsamen – Fall hätte ich also kontrollieren dürfen. Hätte der Antragsteller jedoch nach den CO2-Emissionen der Dienstfahrzeuge der Staatssekretäre gefragt, hätte es sich um Umweltinformationen gehandelt (vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 9. Oktober 2009, Az.: 26 K 5707/08). Für die Kontrolle dieser Fälle wäre ich dann nicht zuständig gewesen.

Ich habe im Rechtsausschuss die Beschlussempfehlung in dem Punkt unterstützt, das Landesportal bis zum 31. Dezember 2018 zu einem Informationsregister auszubauen. Das Landesportal besitzt allerdings, was die Zurverfügungstellung amtlicher Informationen anbelangt, im Vergleich zu anderen Bundesländern ganz erheblichen Nachholbedarf. Die Landesregierung verweist darauf, dass doch bereits viele Informationen veröffentlicht seien und meint damit aufbereitete Informationen, die ihre Öffentlichkeitsarbeit betreffen. Öffentlichkeitsarbeit ist wichtig. In einem Informationsregister müssen aber nicht nur die Informationen enthalten sein, die die Menschen lesen sollen, sondern auch die Informationen, die die Menschen lesen wollen. Hierzu gehören z. B. auch Kabinettsbeschlüsse, die in der Beschlussempfehlung nicht ausdrücklich genannt werden.

In diesem Zusammenhang habe ich dargelegt, dass die Bundesregierung mit ihrem Gesetzesentwurf für ein Open-Data-Gesetz (BT-Drs. 18/11614) einen vom Grundsatz her weitergehenden Ansatz verfolgt: Danach sollen zukünftig alle Daten, die der Staat besitzt, vom Prinzip her offen sein und die Ausnahme für die Nichtveröffentlichung muss begründet werden (sog. „Open Data by default“). Die Auffindbarkeit der Daten soll über die von Bund und Ländern gemeinsam betriebene zentrale Open-Data-Plattform GovData sichergestellt werden. Die Konferenz der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder hat am 14. Oktober 2016 beschlossen, dass die Länder dem Vorbild des Bundes folgen und eigene Open-Data-Regelungen erlassen werden. Die Weiterentwicklung des IZG LSA zu einem Transparenzgesetz und die Entwicklung einer Open-Data-Strategie gehören als eigenständige Themen daher auch in die Digitale Agenda des Landes Sachsen-Anhalt.

Im Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr habe ich darauf aufmerksam gemacht, dass andere Bundesländer, wie z. B. Nordrhein-Westfalen, ihren Bürgerinnen und Bürgern – langfristig gesehen – amtliche Informationen auch zur alltäglichen Lebensführung zur Verfügung stellen wollen. Das setzt allerdings voraus, dass die dazu benötigten amtlichen Informationen in einem Informationsregister oder Open-Data-Portal verpflichtend zur Verfügung gestellt werden und maschinell ausgewertet werden können. Da im Alltag Informationen aus allen Lebensbereichen benötigt werden, müssen in einem Register dann neben Informationen aus dem allgemeinen Informationsfreiheitsrecht konsequenterweise auch Informationen aus dem besonderen Informationsfreiheitsrecht veröffentlicht werden. Das betrifft z. B. Geodaten oder Umwelt- und Verbraucherinformationen. Sachsen-Anhalt besitzt hier noch Nachholbedarf.

Landtagsbeschluss

Als Ergebnis der Beratungen hat der Innenausschuss – unter Ablehnung eines Ergänzungsvorschlages der Fraktion DIE LINKE (LT-Drs. 7/1341) – dem Landtag empfohlen, den vorgelegten Beschlussentwurf im Wesentlichen anzunehmen. Am 4. Mai 2017 hat der Landtag von Sachsen-Anhalt den entsprechenden Beschluss zum III. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit gefasst (LT-Drs. 7/1363, siehe Anlage 3a).

Darin weist er darauf hin, dass ein Transparenzgesetz einen wichtigen Beitrag für eine moderne und lebendige Demokratie leisten kann. Die Landesregierung wird u. a. gebeten, nach Abschluss der parlamentarischen Beratungen für ein E-Government-Gesetz einen Gesetzentwurf zur Fortentwicklung des Informationszugangsgesetzes Sachsen-Anhalt vorzulegen. Außerdem soll das Landesportal bis zum 31. Dezember 2018 zu einem Informationsregister ausgebaut werden. Mit Studien, Gutachten, Beraterverträgen, Beschlüssen von Gremien, Protokollen öffentlicher Sitzungen oder von Statistiken werden zudem bestimmte Datenkategorien als Beispiel für veröffentlichungsfähige Informationen genannt.

Die Gebühren sollen bis zum 31. Dezember 2017 gesenkt werden. Insbesondere soll eine Geringwertigkeitsgrenze von 50 Euro eingeführt werden, bis zu der Anträge gebührenfrei bleiben.

Was fehlt, ist die Pflicht, das Informationsregister gesetzlich zu regeln, und der Rechtsanspruch auf die Veröffentlichung der Informationen. Die von der Enquete-Kommission geforderte Zusammenlegung der Informationsfreiheitsgesetze (IZG LSA, UIG LSA und VIG AG LSA) wird ebenfalls nicht angesprochen ebenso wenig wie die Erweiterung meiner Kontrollkompetenzen auf das Umweltinformationsrecht. Offen bleibt auch die zukünftige Höchstgrenze für Gebühren.

Begrifflich macht es wenig Sinn, „das IZG LSA zu einem Informationsfreiheitsgesetz weiter zu entwickeln“. Denn das IZG LSA ist ja bereits ein Informationsfreiheitsgesetz. Ein Qualitätssprung würde erst bei der Weiterentwicklung des IZG LSA zu einem echten Transparenzgesetz einsetzen.

Beschlussrealisierung

Die Landesregierung hat in ihrer Beschlussrealisierung (LT-Drs. 7/1671, siehe Anlage 3b) angekündigt, nach Abschluss der parlamentarischen Beratungen zur Anpassung des Datenschutzrechts an die Bestimmungen der EU DS-GVO einen Gesetzesentwurf vorzulegen, „mit dem das IZG LSA zu einem Informationsfreiheitsgesetz weiterentwickelt“ werde. Sie hat ferner angekündigt, dass die Zuständigkeiten des Landesbeauftragten für den Datenschutz als Landesbeauftragter für die Informationsfreiheit unverändert erhalten bleiben sollten.

Die Landesregierung plane ferner, die vom Land Sachsen-Anhalt bislang auf verschiedene Weise digital bereitgestellten Informationen an einer zentralen Stelle als Informationsregister öffentlich zugänglich zu machen. Dies betrifft auch die Geodaten. Die Verantwortung für den technischen Aufbau des Informationsregisters trägt das Ministerium der Finanzen, die rechtlichen Grundlagen erarbeitet das Ministerium für Inneres und Sport, die Staatskanzlei und Ministerium für Kultur koordiniert im Rahmen der Portalleitung die redaktionelle Umsetzung. Die Landesregierung beabsichtigt, die Daten bis zum 31. Dezember 2018 öffentlich zugänglich zu machen.

Die Landesregierung könne ferner die geforderte Regelung zu den Gebühren im Hinblick auf eine Gebührenobergrenze auf dem Verordnungswege und damit zeitnah umsetzen. Die Einführung einer Geringwertigkeitsgrenze in Höhe von 50 Euro sei im Rahmen der bestehenden Verordnungsermächtigung im IZG LSA allerdings nicht möglich. Hier müsse zunächst die Verordnungsermächtigung erweitert werden, was aus verfahrensökonomischen Gründen nur im Zusammenhang mit der Umsetzung der geplanten Gesetzesänderung erfolgen könne.

Fazit

Es besteht also einiger Handlungsbedarf. Sachsen-Anhalt hat die Chance, mit mehreren kraftvollen rechtspolitischen Schritten beim Thema Transparenz aufzuholen. Auch der wirtschaftliche Nutzen von Open Data wird dadurch verstärkt werden. Transparenz bzw. Open Data ist Voraussetzung auch für mehr Open Government. Die Aussichten dafür stehen theoretisch gut, Sachsen-Anhalt muss es nur tun.